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Prof. Dr. Tobias Heidland (https://www.ifw-kiel.de/de/experten/ifw/tobias-
heidland/
), Direktor Internationale Entwicklung am IfW Kiel, kommentiert
die Pläne der Ampel-Koalition zur Migration:

„Die Pläne der Ampel im Bereich Migration, Flucht und Integration sind ein
großer Schritt in Richtung einer stärker auf wissenschaftliche
Empfehlungen aufbauenden Politik.

Die Pläne im Koalitionsvertrag lassen auf eine deutlich gezieltere,
widerspruchsärmere und wirksamere deutsche Asylpolitik hoffen. Es sollen
mehr positive Anreize zur Integration gesetzt werden. Zugleich enthalten
die Pläne aber auch nötige Maßnahmen wie schnellere Ablehnungen
unbegründeter Asylanträge und effektivere, genauer auf Problemgruppen
zielende Abschiebungen. Diese Aspekte lassen sich nur gemeinsam mit
anderen EU-Mitgliedsstaaten lösen; der Plan, mit einer Koalition der
aufnahmebereiten Mitgliedsstaaten voranzugehen, ist daher begrüßenswert.
Gemeinsam könnten klarere Signale an Menschen im Ausland gesendet und
zugleich eine höhere Akzeptanz in der deutschen Gesellschaft erzielt
werden.

Der Koalitionsvertrag enthält außerdem wichtige neue Regelungen zur
Steuerung und Erhöhung qualifizierter Zuwanderung – also der
wirtschaftlich entscheidenden Säule der Migrationspolitik. Veränderungen
sind dringend nötig, denn das Wirtschaftswachstum wird zunehmend durch die
Alterung der Gesellschaft gebremst. Auch auf andere EU-Länder als
Herkunftsländer von Arbeitsmigranten werden wir uns nicht langfristig
stützen können, denn auch diese altern, und die Lohnunterschiede zwischen
den EU-Ländern werden geringer. Es werden daher Reformen bei der
qualifizierten Zuwanderung aus dem Nicht-EU-Ausland nötig.

Dazu plant die Koalition, neben dem bestehenden Einwanderungsrecht eine
„Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems“ als zweite Säule der
Fachkräftezuwanderung zu etablieren. Durch dieses transparente und
politisch gut steuerbare Modell können gezielt Fachkräfte mit gewissen
Eigenschaften wie Integrationsfähigkeit und -willigkeit nach Deutschland
gelockt werden. Gleichzeitig werden dadurch Anreize für potenzielle
Zuwanderer geschaffen, in in Deutschland nachgefragte Fähigkeiten und
Qualifikationen zu investieren.

Insgesamt sind die Reformpläne im Bereich Migration ein Weg, es weniger
dem Zufall zu überlassen, wer nach Deutschland kommt, um hier zu arbeiten.
Integration wird stärker in den Fokus genommen und stärkere Anreize
gesetzt. Auch der Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft winkt, so dass für
Migrantinnen und Migranten mehr Planbarkeit entsteht. Und obwohl die
Politik stärker an deutschen Interessen ausgerichtet werden soll, heißt
dies nicht, dass legitime Asylmigration behindert wird.“