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Eröffnung der Climate Engineering Conference 2017 in Berlin. © IASS/Dirk Enters
Eröffnung der Climate Engineering Conference 2017 in Berlin. © IASS/Dirk Enters

Am Montagabend, 9. Oktober, hat Mark Lawrence, wissenschaftlicher Direktor am Institut
für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS), in Berlin die Climate
Engineering Conference (CEC17) eröffnet. Die internationale Konferenz
befasst sich mit Maßnahmen für mögliche Eingriffe ins Klimasystem,  ihren
Potenzialen und Risiken. Vier Tage lang diskutieren Expertinnen und
Experten aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft intensiv über
Erforschung, Risiken und Regulierung von Geoengineering.

Im Pariser Abkommen hat sich die internationale Staatengemeinschaft auf
ambitionierte Klimaziele verständigt. Doch wie lassen sie sich
verwirklichen? Der Weltklimarat IPCC geht davon aus, dass bis 2100 riesige
Mengen an Kohlendioxid aktiv aus der Atmosphäre entfernt werden –
zusätzlich zur beinahe vollständigen Reduktion der Treibhausgasemissionen.
“Es wird äußerst schwierig, die Ziele des Pariser Abkommens ganz ohne eine
Form des Climate Engineering zu erreichen. Wir brauchen deshalb dringend
eine offene und kritische Debatte über die verschiedenen Formen und Folgen
solcher Eingriffe ins Klimasystem”, sagte Mark Lawrence bei der Eröffnung.

Forum für internationalen, kritischen und transparenten Austausch

Das Forscherteam am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung
hat deshalb rund 250 Expertinnen und Experten zur diesjährigen Climate
Engineering Conference nach Berlin eingeladen. „Die CEC17 ist die wohl
wichtigste Plattform für den globalen, kritischen und transparenten
Austausch zu diesem hochkontroversen Thema“, erklärte Stefan Schäfer,
Leiter des Forschungsprojekts zu Climate Engineering am IASS und
Mitorganisator der Konferenz.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen aus Wissenschaft und Politik
sowie aus zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie bringen sehr
unterschiedliche Ansichten und Perspektiven mit: Wissenschaftler, die
Climate Engineering erforschen, treffen auf Umweltaktivisten und
politische Akteure. Rund 50 Teilnehmende sind aus Schwellen- und
Entwicklungsländern angereist. Sie werden zusätzlich an einem begleitenden
Treffen der Solar Radiation Management Governance Initiative (SRMGI)
teilnehmen.

Diskussion über geplantes Feldexperiment zur Reflektion des Sonnenlichts

Die Frage, ob die Forschung das Labor verlassen darf, gehört zu den
größten Spannungsfeldern in der Diskussion um das Geoengineering. David
Keith, Physiker an der Harvard-Universität, wird auf der CEC17 sein
geplantes Feldexperiment und die damit verbundenen Governance-Aktivitäten
diskutieren (Mittwoch 14:00).

In weiteren über 30 Veranstaltungen geht es auf der Konferenz um Maßnahmen
aus den Bereichen Kohlendioxidentfernung (CDR, Carbon Dioxide Removal) und
Reflektion des Sonnenlichts (SRM, Solar Radiation Management). Debattiert
wird, ob und wie die Paris-Ziele auch ohne Climate Engineering erreichbar
sind (Dienstag 11:00), wie in der Klimapolitik mit Akteuren umzugehen ist,
die ‚fake news‘ propagieren („Trumped!“, Mittwoch, 9:00) und welche
Leitlinien der Forschung in einem „Code of Conduct“ gesetzt werden sollten
(Donnerstag, 14:00). Interaktive Veranstaltungen wie das Spiel „To Gabon
or not to Gabon“ (Dienstag, 16:00) sollen den Austausch unterstützen.

Politikrelevant: Entwicklung eines international gültigen Regelwerks

Dringlich sei die Entwicklung international verbindlicher Regeln, sagte
Mark Lawrence: „Am IASS arbeiten wir an Konzepten für die Governance von
Climate Engineering und beraten politische Akteure darin, wie sie
entsprechende Maßnahmen entwickeln können.” Der politische Umgang mit
Geoengineering ist eines der großen Themen bei der CEC17. Auch Janos
Pasztor, ehemals Klimaberater von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und heute
Exekutivdirektor der Carnegie Climate Geoengineering Governance Initiative
(C2G2), gehört zu den aktiven Teilnehmern der Konferenz.

Die Climate Engineering Conference wird wie schon 2014 vom Institut für
transformative
Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam ausgerichtet. Partner sind das
Haus der Kulturen der Welt (HKW) und die Initiativen SRMGI und C2G2.
Medienpartner ist Der Tagesspiegel.

Programm finden Sie unter www.ce-conference.org

Twitter-Hashtag #DiscussCEC

Statements der Rednerin und Redner beim Pressegespräch am 10. Oktober

Lili Fuhr, Heinrich-Böll-Stiftung

„Eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius
erfordert radikale Emissionsreduktionspfade, die weit über das klassische
Denken der Ökonomie hinausgehen. Dazu gehören ein politisch gelenkter
vorzeitiger Ausstieg aus der Produktion fossiler Rohstoffe, nachhaltige
kleinbäuerliche Landwirtschaft und eine Reduktion des Ressourcen- und
Energieverbrauchs durch Null-Abfall-Ansätze der Kreislaufwirtschaft. Die
dafür notwendigen erprobten und lokal angepassten Technologien sind
bereits vorhanden. Zusätzlich müssen wir uns dafür einsetzen, unsere
natürlichen Ökosysteme wiederherzustellen, vor allem unsere Regenwälder,
Moore und Ozeane. Wenn wir uns ernsthaft auf eine tiefgehende Diskussion
von ökologisch und sozial gerechten Alternativen einlassen, die den
Klimawandel an den Ursachen anpacken, gibt es keinen Grund zu glauben,
dass wir Geoengineering benötigen.“

David Keith, Harvard-Universität

„Für ein stabiles Klima müssen die Emissionen auf Null zurückgefahren
werden. Und es ist durchaus möglich, die Emissionen sehr rasch zu
reduzieren, während gleichzeitig die wohlhabenden Menschen ihren Zugang zu
Energiedienstleistungen behalten und der Zugang für arme Menschen
verbessert wird. Doch auch ein sofortiger Stopp der Emissionen würde die
bereits vorhandenen Klimarisiken nicht beseitigen – er würde lediglich die
Ansammlung von weiterem CO2 und damit zusätzliche Klima-Folgen aufhalten.
Meiner Ansicht nach kann solares Geoengineering im besten Fall eine
Ergänzung zu Emissionsreduktionen darstellen, aber sicher keinen Ersatz
dafür. Es ist möglich, dass eine Kombination aus Emissionsreduktionen,
Kohlendioxidentfernung und solarem Geoengineering zu einem deutlich
sichereren Klima führen würde als Emissionsreduktionen allein oder als die
Kombination aus Emissionsreduktionen und Kohlendioxidentfernung. Möglich –
aber nicht nachgewiesen. Die zentrale politische Herausforderung besteht
darin, mehr über solares Geoengineering zu lernen – eine potenziell
nützliche und gleichzeitig potenziell gefährliche Technologie. Denn dieses
Forschungsfeld wird wahrscheinlich überbewertet und von Akteuren
ausgenutzt werden, die sich Emissionsreduktionen entgegenstellen.“

Pablo Suarez, Red Cross Red Crescent Climate Centre

„Der humanitäre Sektor arbeitet weltweit an vorderster Front aktiv gegen
die Auswirkungen des Klimawandels. Geoengineering ist eine humanitäre
Angelegenheit: Denn absichtliche, groß angelegte Eingriffe in das
Klimasystem der Erde würden starke Effekte auf die am stärksten
benachteiligten Menschen haben. Die Menschen, auf die möglicherweise die
schlimmsten Auswirkungen zukommen, müssen einbezogen werden – besonders
angesichts der Wahrscheinlichkeit von ‚ausbeuterischem Geoengineering‘,
bei dem rücksichtslos egoistische Handlungen schädliche Konsequenzen für
andere Menschen nach sich ziehen können. Die Verknüpfung von Wissenschaft,
Politik und humanitärer Praxis ist unerlässlich. Dabei muss ein Rahmenwerk
für das Risikomanagement im Bereich Geoengineering geschaffen werden,
damit die Interessen der am stärksten benachteiligten Menschen
berücksichtigt und gewahrt werden.