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Die virtuelle Welt hält den Kontakt: Telefonkonferenzen und Videoanrufe
sind derzeit überall angesagt. Die aktuelle Corona-Krise führt aber
eindrücklich vor Augen, wie wichtig gerade für schwächere Gruppen die
Einbindung in die digitale Gesellschaft ist. Denn an rund einem Fünftel
der Bevölkerung ist die Digitalisierung bisher vorbeigegangen, darunter
vor allem Ältere, gering Qualifizierte und Alleinlebende. Wie man ihnen
zur Teilhabe verhelfen kann – nicht im Internet, sondern vor Ort auf
Quartiersebene - zeigen aktuelle Forschungen des Instituts Arbeit und
Technik (IAT/Westfälische Hochschule Gelsenkirchen).

Das Projekt „DigiQuartier - Digitalisierung in der Pflege als Chance für
eine alters- und behinder-tengerechte Quartiersentwicklung in der Emscher-
Lippe-Region“ des Kreises Recklinghausen will mit einem quartiersbezogenen
Ansatz die Nutzung und Verbreitung digitaler Anwendungen fördern.
„Insbesondere den pflege- und hilfsbedürftigen älteren Menschen im
Quartier sollen mittels moderner Technologien Möglichkeiten eröffnet
werden, länger eigenständig und selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden
leben zu können“, meint der IAT-Forscher Michael Cirkel. Denn trotz aller
Bemühungen besteht weiterhin eine Digitalisierungslücke in den höhe-ren
Altersgruppen, die zunehmend die Lebensführung beeinträchtigt: Sie machen
immer häufi-ger die Erfahrung, dass bestimmte Dienste wie z.B.
Bargeldauszahlungen, Fahrkartenkauf oder Reservierungen nur noch per
Internet oder Automat verfügbar sind.

Technologiegetriebene Verbreitungsansätze, die sich an den Geräten und
ihrer Ausstattung orientieren, erreichen diese Gruppen allerdings kaum.
„Erfolgversprechender sind Strategien, die Technologie erfahrbar und den
Nutzen praktisch deutlich machen“, weiß Cirkel. Zugang über Sachthemen,
die Gestaltung einer Veranstaltung oder eines Kurses auch als soziales An-
gebot sind wesentlich für die Motivation und dauerhafte Teilnahme, zeigen
die Projekterfah-rungen. Organisatorisch hat sich eine Mischung aus
regelmäßigem offenen Gruppenangebot mit Sachinput und Trainingsanteilen
sowie einer begleitenden individuellen Beratung unter Einbeziehung
Ehrenamtlicher als guter, wenngleich sehr aufwendiger Weg erwiesen.

Bei der Suche nach einer Möglichkeit, digitale Geräte unmittelbar
erfahrbar zu machen, hat die „Bücherei der Dinge“ Vorreitercharakter. Die
Idee, ältere Menschen als eine der größten Nut-zergruppen von öffentlichen
Bibliotheken in diesem Umfeld abzuholen und ihnen in einem be-kannten
Rahmen ein breites Angebot z.T. relativ kostspieliger Geräte zur Verfügung
zu stellen, scheint nach den ersten Erfahrungen in die richtige Richtung
zu gehen, so der IAT-Forscher.

Ein wesentliches Erfolgskonzept ist die Verbindung mit dem
Quartiersmanagement, also ein von der Bevölkerung wahrnehmbarer
Ansprechpartner, der nicht ausschließlich Technikexperte ist, sondern die
Situation vor Ort kennt und sich auch anderer Probleme im Quartier
annimmt.