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Ein multidisziplinäres Forscherteam unter Leitung des Museums für
Naturkunde Berlin hat ein Sensornetzwerk zur Ortung von Tieren entwickelt,
um bislang unbeobachtete Verhaltensweisen zu untersuchen. Bio-Logging, die
automatische Fernaufzeichnung von Tierverhalten, war bislang durch Größe
und Gewicht der Sensoren begrenzt, die an den Tieren befestigt werden
müssen. Mit den neuen miniaturisierten Sensoren können nun auch kleine
Wirbeltiere wie Fledermäuse, Eidechsen und Vögel ausgestattet werden. Die
Sensoren liefern Informationen über ihr Verhalten und die Nutzung ihres
Lebensraums in bisher nicht erreichter Auflösung, berichtet das Team in
der Zeitschrift "PLoS Biology".

„Wir forschen mit modernsten Methoden und für Natur. Unser neues,
innovatives Sensorsystem bringt Bio-Logging auf ein neues Level“, sagt
Simon Ripperger vom Museum für Naturkunde Berlin, der die Freilandeinsätze
leitete. Automatisierte Tierbeobachtung beruht auf so genannten Bio-
Loggern: Minicomputer, die mit Halsbändern oder Rucksäcken an Tieren
befestigt werden. Mit ihnen können Bewegungen innerhalb des Lebensraums,
Interaktionen mit anderen besenderten Tieren und Körperfunktionen wie die
Herzfrequenz aufgezeichnet werden.

Die Datenübertragung zum Forscher oder der Datenaustausch zwischen Bio-
Loggern sind jedoch energieaufwendig. Daher sind viele Bio-Logger, wie
z.B. GPS-Tracker, wegen der großen Batterie für die meisten kleinen
Wirbeltierarten zu schwer. Hier kann zudem der Satelliten-Empfang der
Signale gestört werden: etwa in Lebensräumen wie dichtem Wald oder bei
Verhaltensweisen wie Ruhen in Bäumen, Höhlen oder unterirdischen Bauten.

Das Forschungsteam hat ein Sensornetzwerk entwickelt, das aus stationären
Empfängern und Bio-Loggern auf Tieren besteht. Am Boden werden die Signale
der Bio-Logger empfangen, verarbeitet und zur Analyse weitergeleitet.
Ausgeklügelte Algorithmen und Sendeprotokolle reduzieren den Energiebedarf
auf ein Minimum. Allerdings ist die Ausdehnung des Systems begrenzt: Das
Team hat es auf Flächen getestet, die in etwa drei Fußballfeldern
entsprechen – damit lässt sich jedoch der Aktionsraum vieler Kleintiere
abdecken. Zudem ist das System modular und skalierbar.

Mit einem Gewicht von ein bis zwei Gramm können die Bio-Logger mehrere
Wochen Daten senden. Mit bis zu acht Signalen pro Sekunde werden die Tiere
selbst in strukturell komplexen Lebensräumen wie dichtem Wald hochgenau
lokalisiert um ihre Flugbahnen nachzuvollziehen und sogar Begegnungen
besenderter Tiere werden aufgezeichnet. „Wir können viel präziser als
durch herkömmliche Technik aufzeichnen, wo sich die Tiere bewegen und wie
sie interagieren", fügt Ripperger hinzu. Das Team kann mit dem
energiesparenden System seine Daten bei niedrigen Übertragungsraten über
Entfernungen von mehreren Kilometern abrufen.

Die Forscher haben das System an Fledermäusen getestet, da sie klein sind
und sich schnell in dichter Vegetation bewegen - beides Herausforderungen
für drahtlose Bio-Logging-Netzwerke. Sie markierten Vampirfledermäuse
(Desmodus rotundus) in Panama, um soziale Netzwerke zu erfassen,
Mausohrfledermäuse (Myotis myotis), um das Jagdverhalten in einem alten
Laubwald in Deutschland zu untersuchen, und Große Abendsegler (Nyctalus
noctula) für die Fernortung über mehr als vier Kilometer Entfernung.

„Unser System kann neue Erkenntnisse über das Verhalten kleiner Tiere
liefern, die bisher nicht mit solchen Hochleistungssensoren beobachtet
werden konnten“, sagt Ripperger. Derzeit wird getestet, ob die
Lebensraumnutzung von Zauneidechsen (Lacerta agilis) entlang von
Zuggleisen in Deutschland erfasst werden kann. Weitere Studien könnten
sich auf Nagetiere, Singvögel oder sogar große Insekten wie Hirschkäfer,
Großes Heupferd oder Totenkopfschwärmer konzentrieren.

Das drahtlose Bio-Logging-Netzwerk wurde im Rahmen der von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft DFG geförderten BATS-Initiative entwickelt. Das
Museum für Naturkunde Berlin kooperierte mit dem Smithsonian Tropical
Research Institute in Panama, der Ohio State University in den USA, der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der Brandenburgischen
Technischen Universität, der Technischen Universität Braunschweig, der
Universität Paderborn und dem Berlin-Brandenburgischen Institut für
Biodiversitätsforschung.

Publiziert: Ripperger SP, Carter GG, Page RA, Duda N, Koelpin A, Weigel R,
et al. (2020) Thinking small: Next-generation sensor networks close the
size gap in vertebrate biologging. PLoS Biol 18(4): e3000655.
https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3000655