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Die von der schleswig-holsteinischen Landesregierung verordneten
Betriebsschließungen im Handel und bei konsumnahen Dienstleistungen zur
Bekämpfung des Corona-Virus kosten die betroffenen Unternehmen pro Monat
schätzungsweise rund 1,25 Milliarden Euro an Umsatz. Betroffen sind vor
allem die Dienstleister im Einzelhandel und Tourismus mit etwa 240.000
Beschäftigten und damit fast jeder fünfte Arbeitsplatz in Schleswig-
Holstein.

Dauern die vom Land verhängten Tätigkeitsverbote zwei Monate, was ungefähr
dem von der Bundesregierung anvisierten Zeitraum bis nach Ostern
entspricht, gehen den betroffenen Unternehmen in Schleswig-Holstein
insgesamt etwa 2,5 Milliarden Euro an Umsätzen verloren, bei drei Monaten
wären es 3,7 Milliarden Euro.

Besonders betroffen vom Corona-Erlass des Landes ist der Einzelhandel, das
Tätigkeitsverbot umfasst knapp 80 Prozent seiner Umsätze, was pro Monat
880 Millionen Euro entspricht. Bei den konsumnahen Dienstleistungen, zu
denen unter anderem auch das Hotel- und Gaststättengewerbe zählt, sind es
knapp 45 Prozent der Umsätze, dies sind 350 Millionen Euro im Monat. Das
Verarbeitende Gewerbe und der Großhandel sind vom Corona-Erlass nicht
betroffen.

Insgesamt erwirtschaften die von Tätigkeitsverboten betroffenen
Unternehmen 8 Prozent des Gesamtumsatzes in Schleswig-Holstein, 2017 waren
dies 15 Milliarden Euro. Jeder Monat Betriebsschließung infolge des
Corona-Erlasses kostet also rund 0,7 Prozent des Gesamtjahresumsatzes.

Tabelle: Potentielle Umsatzverluste in den Branchen unter dem "Corona-
Erlass" in Schleswig-Holstein (siehe Anhang)

In den vom Corona-Erlass betroffenen Unternehmen arbeitet jeder fünfte
Arbeitnehmer im Land, insgesamt 240.000 Personen, davon rund 160.000
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und rund 80.000 Geringverdiener.
„Gerade den Geringverdienern droht infolge des Corona-Erlasses der
Stellenverlust und damit der Wegfall ihres Einkommens. Bei den
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten dürften die Betriebe versuchen,
Angestellte über Kurzarbeiterregelungen oder alternative Tätigkeiten zu
halten,“ sagte Dr. Klaus Schrader, Leiter des Bereichs Schwerpunktanalysen
am IfW Kiel und Mitautor der heute erscheinenden Studie: Schleswig-
Holsteins Dienstleister in der Corona-Krise (https://www.ifw-
kiel.de/index.php?id=14036&L=1).

Nordfriesland und Ostholstein sind wegen des hohen Stellenwerts des
Tourismus und des damit zusammenhängenden Einzelhandels vom Corona-Erlass
am stärksten betroffen. In Nordfriesland könnten 16 Prozent der
Gesamtumsätze wegfallen. In Ostholstein sind es 18 Prozent der
Gesamtumsätze.

„Auf den ersten Blick ist der unmittelbare wirtschaftliche Schaden infolge
des Corona-Erlass-Lockdowns in Schleswig-Holstein insofern begrenzt, als
der betroffene Umsatz nur etwa 8 Prozent des schleswig‐holsteinischen
Gesamtumsatzes ausmacht. Aber aufgrund der Kleinteiligkeit der
Verbotsbranchen ist die Zahl der betroffenen Steuerpflichtigen mit 18
Prozent im Vergleich zum Umsatz überproportional hoch. Des Weiteren sind
die Umsatzverluste nicht auf den Kreis der unmittelbar vom Corona-Erlass
betroffenen Unternehmen begrenzt, sondern wirken sich auch auf deren
Zulieferer, Dienstleister oder Logistikanbieter aus“, sagte Schrader.

„Hinzu kommt: Bei den betroffenen Branchen, etwa im Hotel- und
Gaststättengewerbe oder bei Friseuren, ist nach der Rückkehr zur
Normalität nur begrenzt mit Nachholeffekten zu rechnen. Erschwerend kommt
für das Land hinzu, dass im wahrscheinlichen Fall eines stufenweisen
Ausstiegs aus dem Stillstand zu befürchten ist, dass touristische
Aktivitäten am Ende der Öffnungskette stehen.“

Schrader: „Die Hilfspakete des Bundes und des Landes erscheinen der
schleswig-holsteinischen Wirtschaftsstruktur insgesamt angemessen und
ökonomisch sinnvoll, auch wenn die Gefahr von Mitnahmeeffekten hoch ist.
Es sollte sich jedoch nur um kurzfristige Überbrückungshilfen für eine
sehr kurze Zeitspanne handeln, da die staatlichen Ressourcen endlich sind.
In einem nächsten Schritt muss das Land jetzt Ausstiegsszenarien
entwerfen, unter welchen Bedingungen welche Branchen wieder ihre
wirtschaftliche Aktivität aufnehmen können, und wann damit zu rechnen
ist.“