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Das Fraunhofer IWS hat für Airbus besondere zuverlässige dünne Keramik-Silber-Heizungen entwickelt. Diese lassen sich auf Rohre und andere kompliziert geformte Bauteile nahtlos und automatisiert aufdrucken.  © Fraunhofer IWS Dresden
Das Fraunhofer IWS hat für Airbus besondere zuverlässige dünne Keramik-Silber-Heizungen entwickelt. Diese lassen sich auf Rohre und andere kompliziert geformte Bauteile nahtlos und automatisiert aufdrucken. © Fraunhofer IWS Dresden

Satelliten und Raumschiffe zu bauen, ist alles andere als billig. Das
liegt auch daran, dass kosmische Technik weit ausfallsicherer konstruiert
sein muss als auf Erden. Im All können selbst minimale Probleme wie eine
vereiste Batterie dramatische Folgen haben. Das Fraunhofer-Institut für
Werkstoff- und Strahltechnik IWS Dresden hat daher nun für Airbus
besondere zuverlässige dünne Keramik-Silber-Heizungen entwickelt. Diese
lassen sich auf Rohre und andere kompliziert geformte Bauteile nahtlos und
automatisiert aufdrucken.

»Wir arbeiten mit unseren Forschungspartnern kontinuierlich daran, für
unsere Kunden noch leistungsfähigere Lösungen zu finden sowie die
Zuverlässigkeit unserer Systeme weiter zu erhöhen«, unterstreicht Dr.
André Holz, Teamleiter Thermal Engineering bei Airbus Defence and Space in
Bremen. »Fraunhofer-Technologien wie die gedruckten Heizungen, für deren
Weiterentwicklung wir aktiv und mit Gewinn für beide Seiten kooperieren,
sind dabei eine wertvolle Unterstützung.« Denn bisher mussten Techniker in
solchen Fällen Heizfolien aus Polymeren von Hand aufkleben. »Das ist nicht
nur aufwendig, sondern auch fehleranfällig«, erklärt Lukas Stepien,
Gruppenleiter Drucken, der die additiv gefertigten Heizungen am Fraunhofer
IWS mitentwickelt hat. »Im Klebeprozess können unerkannt kleine
Gasbläschen eingeschlossen werden. Die Bläschen dehnen sich im Vakuum des
Weltraums aus. Das senkt letztlich die Heizleistung.« Ein neues IWS-
Konzept löst nun diese Probleme. Im konkreten Fall sind Titanrohre mit nur
sechs Millimetern Durchmesser zu beheizen, die später Gase oder
Flüssigkeiten transportieren sollen. Zunächst isolieren die Fraunhofer-
Ingenieure diese Röhrchen in einer thermischen Spritzanlage mit einer
dünnen Keramikschicht. Dann bringen sie mit einer Dispersionsdruckmaschine
die Heizelemente auf, die äußerlich den Windungen eines Flusses ähneln.
Durchfließt später ein Strom das metallische Mäander, setzt es Wärme frei.

Hauchdünne Mäander passgenau auf gewölbte Flächen gedruckt

Um dieses heizende Muster zu erzeugen, füllen die Spezialisten eine
Kartusche mit einer besonderen Paste, die kleine Silberteilchen enthält.
Einsetzbar sind aber auch Pasten mit Partikeln aus Kupfer, Nickel oder
anderen leitfähigen Metallen. Druckluft presst das zähflüssige Material
dann durch die Kartusche hin zu einer feinen Kanüle. Diese Hohlnadel
druckt schließlich das etwa zehn Mikrometer dünne Heizmuster auf die
keramikisolierten Rohre, die sich dabei auf einer Welle drehen. »Dabei
muss der Druckkopf die ganze Zeit über einen konstanten Abstand zur
Keramikschicht halten – und das nicht auf einer zweidimensionalen Fläche,
sondern eben auf einem gekrümmten Rohr«, betont Lukas Stepien. Dies ist
eine ganz besondere Herausforderung, die das Fraunhofer IWS durch ein
raffiniertes Zusammenspiel aus Wellen- und Kanülensteuerung gelöst hat.

Solch eine Lösung beinhaltet gleich mehrere Vorteile gegenüber
herkömmlichen Heizfolien zum Aufkleben: Einerseits fällt viel
fehlerträchtige Handarbeit weg. Stattdessen lassen sich die Fraunhofer-
Heizungen automatisiert drucken und so auch kompliziert geformte Objekte
passgenau beschichten – ohne Luftblasen oder Falten, wie sie bei Folien
immer wieder entstehen. Weiter rechnen die Dresdner Ingenieure damit, dass
ihre gedruckten Heizungen preiswerter und flexibler herzustellen sind. Sie
sollen, besonders bei hohen Betriebstemperaturen, länger halten,
zuverlässiger funktionieren und mehr Langzeit-Heizleistung erreichen als
herkömmliche Lösungen. Erreichbar sind höhere Leistungsdichten, Material-
und Zeitersparnisse. Zudem können die Hersteller vorab testen, wie gut die
gedruckten Heizungen im Praxiseinsatz funktionieren werden. »Jenseits der
300 Grad scheiden Folienheizungen ohnehin aus«, betont Lukas Stepien.
»Solche Betriebstemperaturen halten Kunststoffe dauerhaft nicht aus.«
Bisher sind die gedruckten Heizelemente aus dem Fraunhofer IWS für bis zu
200 Grad ausgelegt. Durch neue Pastenkompositionen und andere
Weiterentwicklungen wollen die Dresdner Forscher diese Grenze künftig auf
etwa 800 Grad anheben.
Eine weitere Verbesserung steht zusätzlich auf der Forschungsagenda des
Instituts: Damit die gedruckten Heizungen Wärme liefern, benötigen sie
einen Stromanschluss. Was bislang in Form von Lötverbindungen gelöst wird,
soll im nächsten Schritt über effektivere Kontaktierungsmethoden »Made in
Dresden« funktionieren.

Gegen Kondenswasser an Linsen

Neben der Raumfahrt winken im Übrigen ganz irdische
Anwendungsmöglichkeiten: Vorstellbar sind beispielsweise filigrane
Heizungen, die störendes Kondenswasser von Spiegelreflexkameras oder von
den Kameralinsen autonom fahrender Fahrzeuge fernhalten. Auch für die
Chemie-, Halbleiter- oder Lebensmittelindustrie, deren Rezepte oft nur bei
präzise eingepegelten Temperaturen funktionieren, sind Rohrsysteme mit
passgenau aufgedruckten Heizungen interessant.