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Professor Dr. Dr. Lukas Prantl (re.) und PD Dr. Sebastian Geis begutachten den Heilungsverlauf von Vinzenz‘ replantierten Fingern an der rechten Hand.  Franziska Holten  UKR
Professor Dr. Dr. Lukas Prantl (re.) und PD Dr. Sebastian Geis begutachten den Heilungsverlauf von Vinzenz‘ replantierten Fingern an der rechten Hand. Franziska Holten UKR

Chirurgen der Plastischen, Hand- und Wiederherstellungschirurgie (PHW) des
Universitätsklinikums Regensburg (UKR) konnten die abgetrennten Finger
eines Dreijährigen in einer mehrstündigen Operation replantieren. Der
Junge hatte sich die Finger am Rasenmäher abgetrennt.

Der Großvater zieht mit dem Rasenmäher Bahn um Bahn im Garten, und Enkel
Vinzenz (Name geändert) schaut ihm fasziniert zu. Das Surren und Brummen
des Motors begeistert den Dreijährigen. Als der Opa den Rasenmäher kurz
ausmacht, um das abgeschnittene Gras aus dem Fangbehälter zu leeren,
passiert es. Vinzenz spielt an den Hebeln, die die Schnitthöhe des Mähers
verändern, klemmt sich Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand ein und
trennt sich diese mit den scharfen Kanten des Hebels ab. Der Mittelfinger
fehlt beinahe komplett, und der Zeigefinger ist unterhalb des mittleren
Fingergelenkes abgetrennt. Der Schock bei Mutter und Großvater ist groß,
dennoch reagieren beide richtig, sammeln die abgetrennten Glieder ein,
kühlen diese und machen sich auf den Weg ins UKR. Dort wird der Junge von
PD Dr. Sebastian Geis umfassend untersucht und sofort operiert. „In diesem
Fall war allerhöchste Eile geboten, um die Finger des Kindes zu retten“,
erklärt der Oberarzt und stellvertretende Leiter der Abteilung für
Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des UKR. „Die Schwere
der Verletzung und die Tatsache, dass sich Vinzenz noch im Wachstum
befindet, machten den Eingriff speziell.“ Gefäße, Sehnen und Nerven sind
noch in der Entwicklungsphase. Die Heilungschancen nach dieser Verletzung
stehen für Vinzenz indes gut.

„Unsere Abteilung ist auf komplexe Verletzungen an den Händen
spezialisiert und dafür auch bestens ausgerüstet“, kommentiert Professor
Dr. Dr. Lukas Prantl den Eingriff. „Wir können unseren Patienten nach
schweren Weichteil- und Knochenverletzungen eine umfassende medizinisch-
chirurgische Versorgung anbieten und damit viele Verletzungen so beheben,
dass die Patienten später oft nur mit geringen oder gar keinen
Einschränkungen leben müssen“, so der Leiter der Abteilung für Plastische,
Hand- und Wiederherstellungschirurgie des UKR.

Die Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie ist erneut durch die
europäische Kommission zum Handtrauma-und Replantationszentrum erfolgreich
rezertifiziert worden und das erste zugelassene Handzentrum in ganz Bayern
nach dem Schwerstverletzungsartenverfahren der Berufsgenossenschaften.
„Eine 24-Stunden-Notfallversorgung mit hoch qualifizierten Hand- und
Plastischen Chirurgen ermöglicht eine hohe Versorgungsqualität weit über
die Grenzen Ostbayerns hinaus“, ergänzt Prof. Prantl.

Höchste Präzision bei der Replantation gefragt

Wie bei fast allen medizinischen Notfällen spielte auch bei Vinzenz der
Faktor Zeit eine entscheidende Rolle. „Hätte seine Mutter nicht so
hervorragend reagiert, hätten wir Vinzenz‘ Finger vermutlich nicht retten
können. Diese schnelle Reaktion hat die Heilungschancen deutlich erhöht“,
sagt Prof. Prantl. Neben dem zeitlichen Faktor und der medizinischen
Expertise der behandelnden Ärzte, kam dem Dreijährigen auch die
Ausstattung der Abteilung für Plastische, Hand- und
Wiederherstellungschirurgie zugute. Denn der Eingriff hätte nicht an jedem
beliebigen Klinikum gemacht werden können. Die Fäden zum Verbinden der
Gefäße sind dünner als ein Haar, und auch die dafür benötigten Nadeln sind
mit dem bloßen Auge kaum auszumachen. Operiert wird daher mit einem
speziellen Mikroskop, das es den Ärzten erlaubt, selbst dünnste Äderchen
und Gefäße mit höchster Präzision zu verbinden. „Wir konnten die beiden
Finger mit feinen Drähten wieder an der Hand festmachen, so dass Vinzenz
bereits nach sechs Wochen beginnen kann, seine Finger zu bewegen. Wenn
alles planmäßig verläuft, kann Vinzenz auch bald wieder durch den Garten
toben und Fußball spielen.“

Der Dreijährige selbst hat indes keinerlei Berührungsängste mit seiner
Verletzung. Selbst beim Verbandswechsel oder beim Handbad schaut er ganz
genau hin und begutachtet die Nähte.