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Neue Publikation von Stadtverwaltung Flensburg und Europa-Universität
Flensburg zeigt, wie die vernachlässigte Nachhaltigkeitsstrategie der
Suffizienz in der Stadtentwicklung wirksam werden kann.

Viele Städte sind unter Druck: Der Wohnraumbedarf steigt und mit ihm die
Kosten für das Wohnen. Gewerbe und Handel wünschen sich zusätzlich Raum –
vor allem am Stadtrand. Jedes Jahr werden mehr und immer größere Autos
zugelassen, für die es Verkehrs- und Parkflächen braucht. Bislang
reagieren Kommunen auf steigende Anforderungen mit Wachstum, das heißt
Brachen oder Ackerland werden in Siedlungsfläche umgewandelt. Dort aber,
wo Flächenkonflikte durch Wachstum gelöst werden, kollidiert dies mit
Nachhaltigkeitszielen; mit der Reduktion von Emissionen oder dem
schonenden Umgang mit Ressourcen.

Eine entscheidende Frage der gegenwärtigen Stadtentwicklung lautet daher:
Wie wird weniger genug? Wie gelingt es, die Stadt für alle Menschen
bezahlbar und lebenswert zu machen, ohne immer mehr Ressourcen zu
verbrauchen? Die Nachhaltigkeitsstrategie der Suffizienz setzt auf
Verhaltensänderung anstelle von Wachstum, um diese Ziele zu erreichen.
Suffizienz in der Stadtentwicklung bedeutet, die städtische Infrastruktur
so umzubauen, dass ressourcenarmes Leben einfach und alltagstauglich wird.
Suffizienz begünstigt öffentlichen Wohlstand und schränkt privaten Luxus
ein. Konkret heißt das, die Innen- vor Außenentwicklung,
funktionsgemischte Quartiere, die Stadt der kurzen Wege,
gemeinschaftliches Wohnen und großzügige öffentliche Freiräume zu fördern.

In der Praxis ist diese Strategie nicht einfach umzusetzen. Konflikte sind
vorprogrammiert, wenn Parkflächen reduziert, Neubaugebiete eingeschränkt
und Spielstraßen vergrößert werden sollen. Angesichts wachsender
Flächenkonkurrenz stehen Kommunen so vor der Herausforderung, Interessen
gegeneinander abzuwägen, Konflikte zu moderieren und Lösungen anzubieten.
Wie das konkret aussehen kann, damit haben sich Mitarbeitende der Stadt
Flensburg und des Norbert Elias Center der Europa-Universität Flensburg
über drei Jahre hinweg in einem transdisziplinären Forschungs- und
Entwicklungsvorhaben beschäftigt, darunter der Bürgermeister und Kämmerer
der Stadt, Henning Brüggemann.

Die Ergebnisse der Untersuchung, die das Bundesministerium für Bildung und
Forschung mit 530 000 Euro gefördert hat, haben die insgesamt sechs
Autor*innen Maike Böcker, Henning Brüggemann, Michaela Christ, Alexandra
Knak, Jonas Lage und Bernd Sommer in einer Publikation zusammengetragen.
In dem Projekt ergänzen wissenschaftliche und kommunalpolitische,
theoretische und praktische Perspektiven einander. Die Unterschiede der
vorgestellten Handlungslogiken führen zu einem tiefergehenden Verständnis
und damit zur Erweiterung von Handlungsoptionen. So diskutieren die
Autor*innen Suffizienz als kommunale Nachhaltigkeitsstrategie, benennen
Hindernisse – wie etwa den Zwang zum Wachstum der gegenwärtigen
Wirtschafts- und Sozialordnung -, stellen gelungene Beispiele aus der
Praxis vor, fragen danach, was suffizienzorientiertes Verwaltungshandeln
auszeichnet und zeigen auf, was sofort getan werden kann.