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Am 11. Januar 2021 wurde bekannt, dass sich die große Koalition nach
langer und kontroverser Debatte auf eine Formulierung zur Verankerung der
Kinderrechte im Grundgesetz geeinigt hat. „Dies ist ein wichtiger
Meilenstein“, äußerte Prof. Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der
Stiftung Kindergesundheit. „In der aktuellen Corona-Pandemie ist wieder
deutlich geworden, dass die Rechte und Bedürfnisse von Kindern oft nicht
ausreichend berücksichtigt werden. Deshalb ist eine rechtliche Verankerung
des Schutzes der Kinderrechte von großer Bedeutung.“

Doch der vorgeschlagene Text zur Ergänzung von Artikel 6 des Grundgesetzes
[Ehe – Familie – Kinder] löst bei genauer Betrachtung Ernüchterung aus.
Hier heißt es:

„Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf
Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und
zu schützen.
Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der
verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu
wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

Dieser Vorschlag bleibt weit hinter den Erwartungen der Stiftung
Kindergesundheit zurück. Er fällt schwächer aus als der erste Entwurf im
November 2019, und er entspricht nicht der UN-Kinderrechtskonvention sowie
aus Sicht der Stiftung Kindergesundheit auch nicht der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts. „Die Kinderrechte sollten im Grundgesetz so
verankert werden, dass sie bei allem staatlichen Handeln einschließlich
aller Gesetzgebungsverfahren gewürdigt und berücksichtigt werden müssen“,
so Prof. Dr. Berthold Koletzko. Nur so würde gewährleistet, dass die
Rechte der Kinder bei allen Entscheidungen der Legislative und der
Exekutive tatsächlich gewürdigt werden, und nur so würde Artikel 3 und
Artikel 4 der UN-Kinderrechtskonvention entsprochen. Zudem fehlt im
Vorschlag der großen Koalition das in der UN-Kinderrechtskonvention
(Artikel 12) verankerte Recht auf Berücksichtigung des Kindeswillens.

Die Ergänzung des Grundgesetzes erfordert eine Zweidrittelmehrheit im
Bundestag und Bundesrat. Die Stiftung Kindergesundheit appelliert dringend
dazu, im parlamentarischen Verfahren den zu beschließenden
Verfassungszusatz deutlich zu verbessern und in Einklang mit der von
Deutschland ratifizierten UN-Kinderrechtskonvention zu bringen. Kinder in
unserem Land sollte damit wirksam Schutz, Förderung und Beteiligung
verschafft werden.