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Neue Forschungsergebnisse zeigen: Der Sauerstoffgehalt in früheren Ozeanen
war gegenüber Klimaveränderungen erstaunlich robust.

Die globale Erwärmung – sowohl in ferner Vergangenheit als auch die
gegenwärtige – reduziert den Sauerstoffgehalt der Ozeane. Dafür gibt es
mehrere Gründe: Je höher die Temperatur des Meerwassers ist, desto weniger
Sauerstoff ist darin lösbar. Gleichzeitig verändert die Erwärmung die
Ozeanzirkulation und die biologische Aktivität. Insbesondere in wärmeren
Klimazonen tragen Flüsse viele Nährstoffe ins Meer, die das Wachstum von
Plankton fördern. Wenn das Plankton stirbt, wird es von Mikroben abgebaut,
die Sauerstoff verbrauchen und so anoxische Bedingungen im Ozean
verursachen.

Um das Ausmass von sauerstofflosen Zonen in Ozeanen während einer
Heisszeit vor 56 Millionen Jahren abzuschätzen, untersuchte ein
internationales Team von Wissenschaftlern unter Federführung der ETH
Zürich Sedimentbohrkerne aus verschiedenen Meeresregionen.

Dank diesen Untersuchungen können die Forschenden in einer neuen Studie
nun aufzeigen, dass die sauerstofflosen Zonen des Meeresbodens kleiner
waren als angenommen.

Die Studie legt nahe, dass eine Erwärmung von 5°C im sogenannten Paläozän-
Eozän-Temperaturmaximum (PETM) zu sauerstofflosen Bedingungen auf dem
Meeresboden führte, die sich auf maximal zwei Prozent des globalen
Meeresbodens ausdehnten – also das Zehnfache der heutigen Fläche der
Sauerstofflosigkeit. In früheren Studien fanden Wissenschaftler auch
Hinweise darauf, dass die Anoxie in einigen Teilen des Ozeans
Meereslebewesen schädigte oder gar zum Aussterben brachte.

«Dennoch ist die gute Nachricht unserer Studie, dass das Erdsystem vor 56
Millionen Jahren trotz ausgeprägter Erwärmung widerstandsfähig gegenüber
dem Sauerstoffverlust des Meeresbodens war», sagt Hauptautor Matthew
Clarkson von der ETH Zürich.

Heutige Rahmenbedingungen pessimistischer

Allerdings lassen sich die Ergebnisse nicht direkt auf die heutige Zeit
übertragen. So enthielt die Atmosphäre im Paläozän mehr Sauerstoff als
heute. Dies machte eine Anoxie weniger wahrscheinlich. Auch liegt die
aktuelle Rate der Kohlenstoffemissionen viel höher als während des PETM.
«Nicht zuletzt bringt der Mensch durch Düngemittel und Verschmutzung mehr
Nährstoffe in die Ozeane ein. Das treibt den Sauerstoffverlust in den
Meeren voran und beschleunigt die Umweltzerstörung», betont Marie-Curie-
Stipendiat Clarkson.

Die Hände in den Schoss legen kann die Menschheit dennoch nicht: «Obwohl
die Ozeane während des PETM widerstandsfähiger waren als wir erwartet
hätten, sollte uns nichts von der dringenden Notwendigkeit ablenken, die
Emissionen zu reduzieren und die Klimakrise sofort anzugehen», betont
Mitautor Tim Lenton, Direktor des Global Systems Institutes an der
Universität Exeter.

Uran-Isotopen als Datenlogger

Um den Sauerstoffgehalt des Ozeans während des PETM abzuschätzen,
analysierten die Forscher in Meeressedimenten die Zusammensetzung von
Uran-Isotopen, die die Sauerstoffkonzentration widerspiegelt. Isotope sind
verschiedene Typen desselben chemischen Elements. Sie sind unterschiedlich
schwer, das sie im Atomkern zwar die gleiche Anzahl Protonen aber
unterschiedlich viele Neutronen besitzen. Sauerstofflose Sedimente
entfernen das schwerere Isotop aus dem Meerwasser. Leichtere Uranisotope
verbleiben im Wasser. Dadurch entsteht eine typische Isotopensignatur, die
sich in Kalkschalen, die für diese Studie untersucht wurden,
niederschlägt. Die Forschenden waren überrascht, dass sich diese Signatur
während des PETM kaum veränderte. Dies erlaubte es ihnen, eine Obergrenze
dafür zu bestimmen, wie stark sich der Sauerstoffgehalt des Ozeans
verändert haben könnte.

An der Studie beteiligt waren nebst der ETH Zürich auch Forschungsteams
der Universitäten Exeter, Cambridge, Cardiff und Royal Holloway.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Matthew Clarkson, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Originalpublikation:
Clarkson M, et al. Upper limits on the extent of seafloor anoxia during
the PETM from uranium isotopes. Nature Communications, published online
Jan 15th 2021. DOI: 10.1038/s41467-020-20486-5