Pin It

Welche Vorstellungen und Ziele haben Menschen bei der Energiewende und wie
können ihre Perspektiven besser in der Politikberatung berücksichtigt
werden? Quer durch die Bundesrepublik haben fast 90 Bürgerinnen und Bürger
im Kopernikus-Projekt Ariadne über den Ausbau Erneuerbarer Energien und
die Mobilität der Zukunft diskutiert. Vom öffentlichen Nahverkehr bis hin
zum Netzausbau, von Stromkosten zu Jobs: Die Ergebnisse dieser
Fokusgruppen legen jetzt den Grundstein für einen außergewöhnlichen
Lernprozess zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, der dazu
beitragen soll, die verschiedenen Wertvorstellungen besser als bisher in
Politikoptionen zu übertragen.

Bürgerbeteiligung startet mit Fokusgruppen und reicht bis zum großen
Bürgergipfel

Die Energiewende betrifft im Alltag alle Menschen. Für die Politik ist das
eine Herausforderung, denn in jeder Entscheidung drücken sich auch
unterschwellig Werte und Prioritäten zu den Themen aus. In welcher Breite
diese von den zufällig ausgewählten Teilnehmenden bei Strom- und
Verkehrswende diskutiert wurden, aber auch welche Probleme und Bedürfnisse
sie zu den Themen der Energiewende haben, zeigen die im neuen Ariadne-
Report zusammengefassten Ergebnisse.

„Die Menschen hat zum Beispiel die Frage bewegt, wer sich dafür
verantwortlich fühlen soll, dass wir das gesetzte Klimaziel erreichen und
wie Belastungen sozial gerecht verteilt werden können“, erklärt Arwen
Colell, Mit-Autorin des Berichts und Politik-Analystin am Mercator
Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC Berlin), das
Teil des Ariadne-Konsortiums ist. „In den Diskussionen wurden ganz
unterschiedliche Ziele formuliert, welche die Rolle des Staates betreffen,
aber auch das Spannungsfeld von individueller Verantwortung und
persönlicher Freiheit.“ Mehr Mitspracherecht bei der Auswahl neuer
Technologien und der Lastenverteilung erwarteten sich die Teilnehmenden
zum Beispiel bei der Stromwende. Ging es dagegen um Mobilität, scheint aus
ihrer Sicht eher die Politik dafür verantwortlich, dass Infrastrukturen
geschaffen werden, damit etwa der Umstieg vom Auto auf öffentliche
Verkehrsmittel attraktiver wird.

Bürger geben Empfehlungen? Ariadne verfolgt einen integrativen Ansatz

Anders als etwa beim Bürgerrat zur Rolle Deutschlands in der Welt oder dem
französischen Klima-Bürgerrat, werden die Sichtweisen von Bürgerinnen und
Bürgern und die wissenschaftliche Forschung zur Energiewende im
Kopernikus-Projekt Ariadne schrittweise zusammengebracht. Die Ariadne-
Fachleute haben damit ein ganz neues Vorgehen im Sinn: Kontinuierlich
sollen Erkenntnisse zu Werten und Zielen der Bürgerinnen und Bürger in
Forschung und Modellierung von Szenarien eingebunden und analysiert
werden, um der politischen Entscheidungsebene gewissermaßen einen 360
-Grad-Blick auf Auswirkungen von Optionen und Instrumente zu ermöglichen.

Dass dabei mehr als eine Lösung zielführend sein kann und auch
Spannungsfelder offenbleiben, ist für die Forschenden in diesem
Zusammenhang wichtig festzustellen. „Ariadne will niemanden überreden oder
von einer bestimmten Option überzeugen, sondern vielmehr bei der
Entwicklung von umsetzbaren Zukunftspfaden alle Perspektiven der
Gesellschaft miteinfließen lassen“, erläutert Martin Kowarsch,
Gruppenleiter am MCC Berlin und als Ariadne-Experte für die
Bürgerdeliberation ebenfalls Autor des Berichts. „Wenn es unserem
Forschungsprojekt gelingt, Menschen aus unterschiedlichen Hintergründen
mit- und ernst zu nehmen, können Deliberationsprozesse am Ende einen
Beitrag zu einer sachlichen, gemeinwohlorientierten Debatte leisten“, so
Kowarsch.

Werte-Landkarten helfen bei der Orientierung der Handlungspfade

Die Ergebnisse der Fokusgruppenarbeit, die wegen der Corona-Pandemie in
Videokonferenzen stattfand und gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der
Strategieberatung ifok organisiert und ausgewertet wurden, geben wichtige
und richtungsweisende Hinweise für die weitere wissenschaftliche
Auseinandersetzung. In verschiedenen Landkarten werden die Aussagen der
Menschen nach Werten, Argumenten und Zusammenhängen geordnet, um anhand
der so entstandene Kartierung von Handlungspfaden die Entwicklung von
möglichen Klimaschutzinstrumenten in der Zukunft zu erleichtern.

Der Ariadne-Report bildet erst den Auftakt des Deliberationsprozesses, der
sich durch den gesamten Projektzeitraum ziehen wird. Neben Workshops und
Bürgerkonferenzen arbeitet Ariadne als Höhepunkt unter anderem auf einen
großen Bürgergipfel zu, bei dem in etwa zwei Jahren Erkenntnisse des
Projekts von Bürgerinnen und Bürgern im Dialog mit Politik, Wirtschaft und
Wissenschaft diskutiert werden.

Weitere Informationen:
Mareike Blum, Arwen Colell, Julia Hoffmann, Karoline Karohs, Martin
Kowarsch, Maren Krude, Miriam Saur, Holger Thiel (2021): Was ist uns
wichtig bei Verkehrs- und Stromwende? Bürgerinnen und Bürger sprechen über
Herausforderungen und Ziele. Ariadne-Report.

Weblink zum Report: https://ariadneprojekt.de/media/2021/02
/2021_Februar_Ariadne-Report_Fokusgruppen.pdf

Weblink zum Projekt Ariadne: https://ariadneprojekt.de/