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Für deutsche und europäische Firmen dürfte es künftig schwieriger werden,
Geld in China zu verdienen. Denn in seinem neuen Fünfjahresplan setzt
China noch deutlicher als bisher auf eine Entkopplung vom Ausland und auf
die Stärkung heimischer Unternehmen und des heimischen Absatzmarkts. „Der
neue Fünfjahresplan macht einen konstruktiven Dialog mit China nicht
einfacher, aber umso dringender“, sagt IfW-Expertin Wan-Hsin Liu.

Der 14. Fünfjahresplan Chinas 2021 – 2025 beruht wirtschaftspolitisch auf
zwei Säulen. Dies ist zum einen die Förderung der technologischen
Innovationsfähigkeit chinesischer Firmen sowie die Eigenständigkeit in
Wissenschaft und Technologie, zum anderen die Stärkung der chinesischen
Binnenwirtschaft als Hauptstütze des Wirtschaftswachstums. Wan-Hsin Liu
und Frank Bickenbach vom Institut für Weltwirtschaft Kiel haben den Plan
jetzt einer ausführlichen Analyse unterzogen („Chinas neuer
Fünfjahresplan: Wirtschaftliche Kernelemente und Implikationen für
Deutschland und Europa“/https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/kiel-
focus/2021/chinas-neuer-fuenfjahresplan-wirtschaftliche-kernelemente-und-
implikationen-fuer-deutschland-und-europa-0/
).

„Chinas Ziele sind nicht neu, werden aber jetzt mit mehr Nachdruck
verfolgt. Vereinfacht gesagt sollen chinesische Unternehmen in Zukunft in
der Lage sein, technologisch auf dem neuesten Stand zu produzieren und
verstärkt selbst entscheidende technologische Innovationen hervorbringen.
Chinesische Konsumenten sollen sich diese Produkte dann auch leisten
können“, so Liu.

„China will so seine Abhängigkeit von ausländischer Technologie, von
ausländischen Zulieferern und von der ausländischen Nachfrage reduzieren.
Dies ist vor allem auch eine Reaktion auf die Abhängigkeit von
amerikanischer Halbleiter-Technologie, die die USA in der Vergangenheit
als wirtschaftspolitisches Druckmittel einsetzten, aber auch auf die
starken Schwankungen von Weltkonjunktur und Welthandel.“

Ausländische Unternehmen dürften zwar kurzfristig von einer stärkeren
chinesischen Binnennachfrage profitieren. Mittelfristig dürften sich ihre
Absatzchancen jedoch verschlechtern, wenn Chinas eigene Unternehmen ihre
technologische Leistungsfähigkeit sowie die Vielfalt und Qualität ihrer
Produkte steigern konnten. Dann dürften beispielsweise deutsche oder
europäische Exporteure und Unternehmen vor Ort noch stärker als bisher
schon gegenüber ihrer chinesischen Konkurrenz benachteiligt werden, wenn
dies den Entwicklungszielen der chinesischen Regierung nützt. Um seine
Ziele zu erreichen, ist China jedoch auf den Wissens- und
Technologietransfer aus dem Ausland angewiesen, denn noch sind seine
Unternehmen in vielen Technologiefeldern weit von der angestrebten
Technologieführerschaft entfernt.

Anstieg von Firmenübernahmen in Deutschland und Europa

„Neben dem Werben um ausländische Unternehmen und Talente dürften auch
gezielte Übernahmen führender ausländischer Unternehmen in wissens- und
technologieintensiven Branchen weiter an Bedeutung gewinnen. Deutschland
und Europa haben daher in Zukunft wieder mit einem Anstieg solcher
Firmenübernahmen zu rechnen. Öfter als in der Vergangenheit dürften
Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten oder auch Produktion dann aber von
den europäischen Standorten nach China verlagert werden“, so Liu.

Dennoch raten die Autoren der EU davon ab, ihrerseits mit einer stärkeren
Abschottung gegenüber China zu reagieren oder Firmenübernahmen über das
bisherige Maß hinaus zu erschweren. „Es wäre vorteilhaft, wenn die EU das
kürzlich geschlossene Investitionsabkommen ratifiziert, darin hat China
Zusagen zur Marktöffnung und zur fairen Behandlung ausländischer
Unternehmen gemacht, diese kann die EU dann überwachen und einfordern“, so
Liu. „Außerdem muss die EU die Innovationsfähigkeit ihrer eigenen
Unternehmen stärken, etwa durch Investitionen in Bildung,
Grundlagenforschung und moderne Infrastruktur.“