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Ein beruflicher Werdegang wie ihrer kann nicht unbemerkt bleiben. Johanna Göllner, Maschinenbau-Ingenieurin und Projektingenieurin im Anlagenbau bei der Open Grid Europe GmbH in Essen, wurde mit dem Studienpreis 2021 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, DVGW für ihre Bachelorarbeit ausgezeichnet. Ihr Werdegang zeigt viele der Möglichkeiten, die ein Ingenieurstudium an der Hochschule Bochum bietet.

Der DVGW, mittlerweile 160 Jahre alt, versteht sich als Kompetenznetzwerk für alle Fragen der Versorgung mit Erdgas und Trinkwasser. Mit seinem jährlich verliehenen Studienpreis engagiert er sich bereits seit 1986 in der Nachwuchsförderung. Der Preis wird für herausragende Diplom-, Bachelor- und Masterarbeiten jeweils im Fach Gas und Wasser verliehen und ist aktuell mit insgesamt 12.000 Euro dotiert. Im letzten Jahr konnte er wegen der Corona-Pandemie nur digital und nicht, wie sonst üblich, auf dem Branchentreff gat | wat überreicht werden.
„Ich bin ein Kind der Gastechnik“ sagt Johanna Göllner. Diese hat sie nicht nur abstrakt und theoretisch, sondern auch ganz praktisch gelernt. Denn sie hat mit der Kooperativen Ingenieurausbildung (KIA) an der Hochschule Bochum die Möglichkeit genutzt, ihr Studium mit einer Ausbildung zur Industriemechanikerin (bis 2017) bei Open Grid Europe zu verbinden. Und auch als Werkstudentin konnte sie bei dem Ferngasnetzbetreiber Erfahrungen in verschiedenen Bereichen ihres Unternehmens sammeln.
Ihre Bachelor-Thesis, die von Prof. Dr. Ralph Lindken betreut wurde, befasst sich mit einem hochaktuellen und nicht nur für die Zukunft der Gaswirtschaft sehr wichtigen Thema: Sie betrachtet in ihrer Arbeit die strömungstechnischen und thermodynamischen Zusammenhänge und Auswirkungen der Einspeisung von (regenerativ erzeugtem) Wasserstoff in das Erdgastransportnetz und speziell die Folgen für eine Erdgasverdichter-Station. Hinter dieser Aufgabenstellung verbirgt sich das langfristige nachhaltige Ziel, fossile Energieträger zu ersetzen. „Wasserstoff“, weiß Göllner, „der mit der Abgabe seiner chemischen Energie durch Verbrennung etc. zu Wasser wird, ist der Energieträger der Zukunft“. Und sie hat Antworten auf dem Weg zu der Frage gesucht, wie man das Gasnetz „grün“ machen könne.
Die vor allem durch umfangreiche Berechnungen und Software-Simulation ermittelten Ergebnisse der Untersuchung sind durchaus gute Nachrichten für die Gasnetzbetreiber: Die Auswirkung von Wasserstoff auf eine Gasverdichter-Station sind positiver als bislang gedacht. „Wenn man sich die Stoffeigenschaften dieses Gasgemisches anschaut, dann verändern sie sich nicht allzu stark, wenn eine gewisse Menge an Wasserstoff hinzugefügt wird“, erklärt die Ingenieurin. Ab einem gewissen Mischungsverhältnis (über 15 Prozent) änderten sich die Eigenschaften mehr, erläutert sie weiter. Dann würden die Strömungsgeschwindigkeiten höher und der Druckverlust auf einer Erdgasverdichter-Station nimmt zu. Aber: das könne bspw. durch den Verdichter kompensiert werden.
Und es werde tatsächlich weniger Kühlerleistung durch den Verdichter benötigt. Durch die Verdichterleistung sei die Temperatur des Gases zwar höher, aber Wasserstoff braucht selbst weniger Kühlenergie. Außerdem interessant: Wenn man den gleichen Energiestrom transportieren will, dann würden mehr Moleküle an Wasserstoff benötigt. Dazu könnte man die Station größer auslegen.
Insgesamt beschreibt die Thesis also hinlänglich den Handlungsrahmen, den Gasnetzbetreiber bereits heute für die Einspeisung von Wasserstoff haben und ist damit ein mehr als gelungenes Beispiel für anwendungsorientierte Forschung unmittelbar an der technischen Praxis.
Als „sportliches Vorhaben“ hatte Betreuer Prof. Lindken seinerzeit Johanna Göllners Bachelorarbeit bezeichnet, die sie neben ihrem Studium, aber auch mit Unterstützung durch Open Grid Europe leistete und 2019 fertiggestellt hat. Mittlerweile hat sie übrigens an der Ruhr-Universität einen Masterabschluss in Energie- und Verfahrenstechnik erworben und ist jetzt bei ihrem Unternehmen an verantwortungsvoller Stelle angekommen.
Besondere und doppelte Glückwünsche zu ihrem Studienpreis bekam Johanna Göllner übrigens von Dr. Thomas Hüwener. Denn dieser ist nicht nur Mitglied der Geschäftsführung der Open Grid Europe GmbH mit dem Schwerpunkt Technik. Er ist auch Vizepräsident Gas des DVGW. Dieser Umstand macht Johanna Göllner besonders stolz. Denn sie weiß: „Herr Dr. Hüwener würde mir als OGE-Mitarbeiterin einen solch wichtigen Preis nicht überreichen, wäre er nicht auch als DVGW-Repräsentant vollkommen von meiner Arbeit überzeugt!“