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Anwendungsbeispiel eines leichten, biobasierten Hybridwerkstoffes (Rohdichte 100 kg/m³) aus Balsaholzfasern und einem geringen Anteil spezieller Polymerfasern, hergestellt mittels Formteilautomat: Bodenpolster als Verpackungsbestandteil.  Fraunhofer WKI
Anwendungsbeispiel eines leichten, biobasierten Hybridwerkstoffes (Rohdichte 100 kg/m³) aus Balsaholzfasern und einem geringen Anteil spezieller Polymerfasern, hergestellt mittels Formteilautomat: Bodenpolster als Verpackungsbestandteil. Fraunhofer WKI

Das Fraunhofer WKI präsentiert auf der Hannover Messe vom 22. bis 26.
April 2024 Lösungen für den Leichtbau mit nachwachsenden Rohstoffen. Ein
holzfaserbasiertes Formteil demonstriert das Potenzial leichter hybrider
Werkstoffe und wurde mit einem Formteilautomaten hergestellt. Das
Verfahren bietet Möglichkeiten zur passgenauen Produktion komplexgeformter
Bauteile, Möbel oder Dämmstoffe. Die Leistungsfähigkeit nachwachsender
Rohstoffe wird außerdem anhand eines Deckensystemmoduls auf
Holzschaumbasis gezeigt. Das Modul kann zur Sanierung von abgehängten
Decken für die Altbausanierung eingesetzt werden.

Leichtbau gilt als Schlüsseltechnologie der Zukunft. Ziel der
Konstruktionsphilosophie ist die Gewichteinsparung sowie die Steigerung
der Ressourceneffizienz. Hinzu kommt, dass für Leichtbauanwendungen mit
hohen mechanischen Anforderungen bisher überwiegend Produkte auf
petrochemischer Basis eingesetzt werden - zum Beispiel faserverstärkte
Polyurethanschäume.

Komplexe Bauteile aus Holz und Biokunststoffen aus dem Formteilautomat –
funktioniert das?
Hybride Leichtbauwerkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen gewinnen am
Markt zunehmend an Bedeutung. Mit ihnen lassen sich ressourcen- und
klimaschonende Produkte herstellen, die mehrere Funktionen erfüllen – zum
Beispiel tragfähige Bauprodukte mit integriertem Wärme- und Schallschutz
sowie strapazierfähige
(Polster-)Möbel und Verpackungen. Effiziente Bauteilgeometrien ermöglichen
hohe Gewichtseinsparungen bei gleichzeitig hoher mechanischer Stabilität.

Gemeinsam mit Forschungs- und Industriepartnern entwickeln Forschende am
Fraunhofer WKI ein Verfahren für die Fertigung von komplex geformten
Produkten aus Holz bzw. Agrarstoffen und (Bio)-Kunststoffen mittels
Formteilautomaten. Wichtiger Bestandteil der Material- und
Technologieentwicklung ist zudem eine möglichst hochwertige, stoffliche
Recyclingfähigkeit der Produkte nach Ende der ersten Nutzungszeit.

Holz ist ein guter Leichtbauwerkstoff. Es besitzt von Natur aus eine
geringe Rohdichte und eine hohe Festigkeit. Im Vergleich zu modernen
Leichtbauwerkstoffen wie faserverstärkten PU-Schäumen oder Kunststoffen
(CfK / GfK) sind holzbasierte Werkstoffe jedoch oft relativ schwer, obwohl
sie die mechanischen Anforderungen erfüllen. Oder sie sind zwar leicht und
haben gute Wärmedämmeigenschaften, sind aber mechanisch wenig belastbar.

Die Forschenden des Fraunhofer WKI kombinieren deshalb Holzpartikel wie
Fasern oder Späne mit – vorzugsweise biobasierten – Polymerfasern bzw.
Partikelschäumen und verarbeiten diese Gemische mithilfe von
Formteilautomaten zu extrem leichten und stabilen Bauteilen. Der
Polymeranteil ist hierbei so gering wie möglich, 2 Prozent bis 7 Prozent
sind angestrebt.

Ersatz von hellhörigen und schlecht tragfähigen Altbau-Zwischendecken ohne
Stahlbeton: Gibt es dafür eine einfache und nachhaltige Lösung?
Das Deckensystemmodul besteht zu einem hohen Anteil aus nachwachsenden
Rohstoffen und soll künftig in Altbauten schlecht tragfähige und
hellhörige Zwischendecken ersetzen. Das Anwendungsfeld ist groß, denn von
den rund 9 Millionen Altbauten in Deutschland sind etwa 70 Prozent noch
nicht energetisch saniert. Entwickelt wurde das Deckensystemmodul von
Forschenden des Fraunhofer WKI sowie dem Institut für Füge- und
Schweißtechnik (IFS) der Technischen Universität Braunschweig.

Der äußere Kasten des Moduls besteht aus Konstruktionsvollholz mit jeweils
einer Decke und einem Boden aus OSB-Platten. Gefüllt ist der Kasten mit
Holzschaum, der bereits am Fraunhofer WKI entwickelt wurde. Er ist nicht
nur besonders leicht, sondern erhöht gleichzeitig die Wärme- und
Schalldämmung. Aus den einzelnen, vorgefertigten Modulen wird auf der
Baustelle eine mosaikartige Kassettendecke zusammengesetzt, die eine mit
Stahlbeton vergleichbare Tragfähigkeit aufweist. Verschiedene
Deckschichten sind möglich – beispielsweise OSB-Platte, Spanplatte oder
leichter, dünner Textilbeton. Darüber hinaus lässt sich eine
Fußbodenheizung integrieren.

Die Gesamt-Konstruktion ist leichter als eine vergleichbare
(Stahl-)Betondecke. Das spart Transportenergie und damit verbundene
Treibhausgasemissionen. Um die Ressourceneffizienz zu erhöhen, wurden bei
der Entwicklung der Module vor allem Laubhölzer wie Buchenschwachholz aus
Durchforstungen verwendet.
Dank ihres geringen Gewichts und ihrer kompakten Größe können die Module
von zwei Personen durch ein Treppenhaus transportiert werden. Dies ist ein
großer Vorteil bei der Sanierung von oft schwer zugänglichen Altbauten.

Förderung:
Beide Projekte werden gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung
und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende
Rohstoffe e. V. (FNR).

Fraunhofer Stand auf der Hannover Messe
Wie können Altbauten ressourcenschonend saniert werden? Wie können komplex
geformten Produkten aus Holz und Biokunststoffen im Formteilautomaten
hergestellt werden? Die Forschenden des Fraunhofer WKI beantworten diese
und weitere Fragen und geben einen Einblick in ihre Forschung auf dem
Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle B2, Stand 24.

Das Fraunhofer WKI: Wir bauen die Zukunft aus nachwachsenden Rohstoffen.
Seit 1946.
Nachhaltigkeit ist seit der Gründung des Fraunhofer WKI im Jahre 1946 das
zentrale Thema. Der Gründer und Namensgeber Dr. Wilhelm Klauditz gilt als
Pionier der modernen Holzwerkstoffindustrie. Heute nutzt das Fraunhofer
WKI die ganze Bandbreite nachwachsender Rohstoffe, um daraus nachhaltige
Werkstoffe, Bauteile und Chemieerzeugnisse zu entwickeln. Das Institut mit
Standorten in Braunschweig, Hannover und Wolfsburg ist spezialisiert auf
Verfahrenstechnik, Formgebung und Komponentenfertigung mit Biowerkstoffen,
biobasierte Bindemittel und Beschichtungen, Funktionalisierung,
Brandschutz, Werkstoff- und Produktprüfungen, Recyclingverfahren sowie den
Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen in Gebäuden und Fahrzeugen. Darüber
hinaus gehört das Fraunhofer WKI zu den führenden Forschungseinrichtungen
im Bereich Innenraumluftqualität. Nahezu alle Verfahren und Produkte, die
aus der Forschungstätigkeit des Instituts hervorgehen, werden industriell
genutzt. Mit seiner Forschung und Entwicklung leistet das Fraunhofer WKI
einen wichtigen Beitrag für den Aufbau einer biobasierten
Kreislaufwirtschaft (Zirkuläre Bioökonomie).