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Die USA bleiben im Technologiesektor führend, obwohl China bereits seit
2019 mehr Patent Cooperation Treaty (PCT) Patente anmeldet. Chinas Fokus
auf möglichst viele Patentanmeldungen hat jedoch nicht zu Erfindungen mit
großer globaler Wirkung geführt. Zudem ist China stärker von Technologien
aus anderen Regionen abhängig. China wird somit den USA die
Technologieführerschaft nicht abnehmen, das zeigt eine Studie des ZEW
Mannheim und der Goethe Universität Frankfurt gemeinsam mit der IÉSEG
School of Management Paris zur technologischen Souveränität von Europa,
den USA, China, Japan und Korea anhand von Daten aus dem System des PCT.

„Die aktuellen globalen Ereignisse sind eine Herausforderung für China.
Das Land hat zwar bei Anzahl und Einfluss von Erfindungen große
Fortschritte gemacht, ist aber immer noch abhängig von anderen Regionen
und Akteuren“, sagt Prof. Dr. Philipp Böing, Wissenschaftler im ZEW-
Forschungsbereich „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“. „Für
Europa ist es innovationspolitisch erstrebenswert, mit führenden
Technologienationen wie den USA, Japan und Korea zu kooperieren und
dennoch Abhängigkeiten zu reduzieren. Dabei sollte die Politik sich auf
die Förderung von Schlüsseltechnologien konzentrieren, in diesen Bereichen
hat sich Europa bereits Vorteile erarbeitet. Gleichzeitig sollte eine
zukünftige Abhängigkeit Europas von chinesischen Innovationen vermieden
werden“.

Patentanmeldungen nach Regionen

Die ZEW-Studie untersucht im Zeitraum über die Jahre 2000 bis 2020 die
Zahl der Patenanmeldungen im PCT-System, das von der Weltorganisation für
geistiges Eigentum der Vereinten Nationen verwaltet wird und ermöglicht,
geistiges Eigentum in bis zu 157 Ländern gleichzeitig zu schützen. Die
Nutzung des PCT-Systems hat erheblich zugenommen, von 97.414 Anmeldungen
im Jahr 2000 auf 254.008 Anmeldungen im Jahr 2020. Dieses Wachstum wird in
hohem Maße von ostasiatischen Ländern beeinflusst, wobei China seit 2019
an der Spitze der PCT-Anmeldeländer steht. Dabei wird die Verlagerung der
Innovationstätigkeit vom Westen nach Ostasien deutlich: Während im Jahr
2000 noch mehr als drei Viertel der PCT-Anmeldungen aus den USA und Europa
stammten, nahm die westliche Dominanz in den folgenden zwei Jahrzehnten
allmählich ab. Im Jahr 2020 stammten mehr als die Hälfte der weltweiten
PCT-Anmeldungen aus China, Japan und Korea.

Einfluss der Erfindungen unterschiedlich

Der Anstieg des Patentaufkommens ist jedoch nur eine Seite der Medaille,
während der tatsächliche Einfluss von Erfindungen nicht leicht zu
beobachten ist. In der Studie haben die Wissenschaftler/innen ein Maß
entwickelt, das Zitationen der Patente aus internationalen Suchanfragen
(International Search Report, ISR) während PCT-Anmeldungen in den Jahren
2000 bis 2017 verwendet. Im Ergebnis zeigt sich, dass Patente aus den USA
häufiger und Patente aus China seltener zitiert werden. Japanische und
koreanische Patente werden dagegen anfangs etwas stärker zitiert als die
europäischen, verlieren jedoch im Laufe der Zeit an Bedeutung. US-Patente
erhalten nicht nur mehr ISR-Zitationen, sondern haben auch in allen
geografischen und technologischen Bereichen einen stärkeren Einfluss.
„Obwohl China seinen bilateralen Einfluss in den 2010er Jahren verbessert
hat, ist sein jüngster Wachstumstrend ähnlich wie von den USA und Europa,
wenn auch auf niedrigerem Niveau. Unsere Ergebnisse deuten also nicht
darauf hin, dass China im Begriff ist, die USA zu überholen“, ergänzt Ko-
Autorin ZEW Research Associate Prof. Dr. Elisabeth Müller von der IÉSEG
School of Management Paris.