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Szenenfoto von Ingo Hoehn

Szenenfoto von Ingo Hoehn

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Produktionsteam und Besetzung
Musikalische Leitung –Jonathan Bloxham Regie –Lucía Astigarraga
Bühne –Aída-Leonor Guardia Kostüme –Eva Butzkies
Licht –Petri Tuhkanen Dramaturgie –Johanna Mangold
Chor –Manuel Bethe Luzerner Kantorei –Eberhard Rex
Mimì –Celine Byrne Eyrún Unnarsdóttir
Musetta –Tania Lorenzo Castro

  • Rodolfo –Merūnas Vitulskis
  • Marcello –Vladyslav Tlushch
  • Schaunard –Daniel Holzhauser
  • Colline –Baurzhan Anderzhanov Dominic Barberi Christian Tschelebie
  • Benoît –Andreas Daum
  • Parpignol –Daniel Foltz-Morrison
  • Zöllner | Sergeant –Stephan Lieb Marco Bappert
  • Luzerner Kantorei
  • Opernchor und Extrachor Luzerner Theater
  • Statisterie Luzerner Theater
  • Luzerner Sinfonieorchester

Spätestens nach ‘Che gelida manina’ (‘Wie eiskalt ist dies Händchen‘) verstehen nicht nur die wärmsten, sondern alle Fans, um welche Oper es sich handelt: sicher, um ‘La Bohème’, die Oper, die alle Zuschauer der Welt immer noch mitreisst.

Die perfekte Oper

Szenenfoto von Ingo Hoehn
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Wie alle wissen hat auch Ruggero Leoncavallo eine ‘Bohème’ komponiert, auch er aus Henry Murgers ‚Scènes de la vie de bohème’. Giacomo Puccinis Oper hat ein Jahr vor Leoncavallos Werk Première, und beide haben einen grossen Erfolg beim Publikum gehabt. Der ‘Bohème’ von Puccini wurde damals aber von den Musikkritikern kein langes Leben vorhergesagt. Was für einen Irrtum! Viele Attitrés sagen heute sogar, dass uns Puccini mit ‚La Bohème‘ die perfekte Oper lieferte, was auch die aktuelle Produktion am Luzerner Theater total beweist.

Musikalisch ein Meisterwerk 

Szenenfoto von Ingo Hoehn
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Aber was ist in dieser Giacomo Puccinis erfolgreichsten Oper so beeindruckend, so ausserordentlich? Ist es der besondere Einsatz der Instrumente? Es ist eine Tatsache, dass Puccini das Orchester virtuos nutzt, indem er sehr gerne mit eigenen Kontrasten spielt: mal mit akzentuiertem Rhythmus, mal impressionistisch mit Flöten, Celli und Harfen, die einen ausdrucksvollen Klangbogen spannen. Oder ist es vielleicht die perfekte Analyse aller Figuren, deren Gefühle und Situationen, was die Stärke dieser Oper ausmacht? Naja, wahrscheinlich sind es alle diese Eigenschaften zusammen. Oder eher,  dass der Komponist einerseits die kleinen Dinge des Alltags ganz wunderbar vertont, und anderseits die grossen Gefühle und Empfindungen, wie zum Beispiel wenn Mimi zum ersten Mal erscheint, oder am Ende, wenn sie stirbt. Der Alltag und die Seele, zwei wichtige Perspektiven, die auch Jonathan Bloxhams Lesart betrachtet. Der souverän leitende Maestro bewältigt ohne Pathos die farbenreiche Partitur. Am Pult eines sehr agil spielenden Luzerner Sinfonieorchesters in fabelhafter Stimmung verleiht er Puccinis Musik die nötige Expressivität und Tiefe, sodass sich die wunderbaren Melodien und die dramatischen Momente problemlos abwechseln.

Die Sängerinnen und Sänger des Luzerner Ensembles verdienen den grössten Applaus bedingungslos

Szenenfoto von Ingo Hoehn
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Die sängerische Höchstleistung des Abends liefert Eirun Unnarsdottir in der Titelpartie; wirklich ein grandioses Rollendebüt. Stimmlich und gestalterisch ist die isländische Sopranistin einfach Mimi, immer. Sie singt mit grosser Intensität und bemerkenswerten Pianissimi und Fortissimi. Und dies sowohl, wenn sie tapfer das tragische Schicksal der jungen, an Schwindsucht schon erkrankten, mittellosen Näherin darstellt, die über die Liebe zu Rodolfo überzeugt versucht, zu sich selbst zu finden, als auch am Ende, wenn sie todkrank zurück zu ihm kehrt und stirbt. Ausserordentlich ist auch Tania Lorenzo Castro als Musetta, auch ein Rollendebüt: mit Virtuosität aber auch mit grosser Expressivität stimmlich grossartig. Hübsch, temperamentvoll und selbstsicher am Anfang, einfühlsam, hingebungsvoll und grosszügig, wenn sie versteht, dass Mimi am Sterben ist. Und jetzt zu den vier Herren, unter denen besonders Merunas Vitulskis in der schwierigen Rolle des Dichters Rodolfo mit einer grossen Stimme und einer soliden Gesangstechnik brilliert. Auch sehr gut, gestalterisch sehr sympathisch und authentisch, stimmlich immer überzeugend, Vladyslav Tlushch als der Maler Marcello (ebenfalls ein Rollendebüt). Uns gefielen auch Daniel Holzhauser als Musiker Schaunard, und Dominic Barberi mit seiner Arie ‘Vecchia zimarra, senti’ als der Philosoph Colline. Ausgezeichnet ist auch die Leistung der von Manuel Berge vorbereiteten Opernchor und Extrachor Luzerner Theater und der von Eberhard Rex vorbereiteten Kinder der Luzerner Kantorei.

Eine zeitlose  Liebeschichte

Szenenfoto von Ingo Hoehn
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Die Inszenierung ist gut, was die Personenführung betrifft, jedoch auch keine Spitzenleistung. Für die Regisseurin Lucia Astigarraga passiert alles nicht in der Pariser Hochburg der Bohèmiens um 1830, sondern in der Gegenwart, in irgendeinem Künstler-oder Aussenseitermilieu irgendeiner Grossstadt: Puccini kannte Paris nicht, aber wohl Mailand, wo er studiert hatte. In irgendeiner Grossstadt, in welcher unfertige Wohnungen an junge Leute vermietet werden. Die Bühne von Aida Leonor Guardia (mit Petri Tuhkanens pünktlichem Light Design und mit Eva Butzkies alltäglichen, bunten Kostümen) besteht hauptsächlich aus einem dunklen Holzgerüst mit Treppen. Es ist alles stimmungsvoll, aber ziemlich unordentlich, und dies nicht nur im zweitem Bild, mit dem Chaos auf dem sehr besuchten, bunten Weihnachtsmarkt, wo sich mittellose, hoffnungsvolle  Künstler, Intellektuelle, Idealisten, Musiker, Dichter und Philosophen treffen. Und wo man am meisten merkt, wie klein die Luzerner Bühne ist.

Das begeisterte Publikum spendete allen am Ende der Vorstellung einen langen, warmen Applaus.

Text: https://marinellapolli.ch/

Fotos: arinella Polli und Ingo Hoehn   https://www.luzernertheater.ch

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