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Das neue EU-Parlament ist tendenziell leicht protektionistischer gegenüber
Freihandelsabkommen eingestellt als bisher. Trotz einer erstarkten grünen
Fraktion sind keine stärkeren ökologischen Impulse als bislang zu
erwarten. Zu diesem Schluss kommt IfW-Präsident Gabriel Felbermayr durch
eine Auswertung des bisherigen Stimmverhaltens der Fraktionen im EU-
Parlament.

Das bisherige Parlament der Europäischen Union (EU) stimmte im
Durchschnitt mit 70 Prozent für die Freihandelsverträge mit Kanada (CETA),
mit Japan und mit Singapur, so Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts
für Weltwirtschaft (IfW Kiel). Unterstellt man, dass die Fraktionen im
neuen Parlament das gleiche Abstimmungsverhalten aufweisen wie im alten,
dann ergibt das neue Kräfteverhältnis eine etwas geringere Zustimmungsrate
von nur noch 66 Prozent. Nimmt man an, dass die Bewegung des französischen
Präsidenten, die der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa
(ALDE) beigetreten ist, ein Wahlverhalten aufweist wie die
Sozialdemokraten, was auf der Basis des Wahlkampfes der Bewegung zu
erwarten ist, dann sinkt die Zustimmungsrate im neuen Parlament auf 65
Prozent.

„Das neue EU-Parlament ist also etwas protektionistischer geworden, und
die Debatten zum Freihandel werden sicher härter“, so Felbermayr. „Das
Parlament bleibt aber entscheidungsfähig und kann weiterhin zu Mehrheiten
pro Freihandel finden.“ Der Brexit würde das Parlament wieder leicht
freihandelsfreundlicher machen, weil mehrheitlich globalisierungskritische
Abgeordnete ausscheiden würden.

Grafik - Zustimmung zu Freihandel im EU-Parlament (siehe Anhang)

Mehr ökologische Durchschlagskraft hat das neue EU-Parlament allerdings so
gut wie nicht gewonnen. Den Zugewinnen der Fraktion Die Grünen/EFA, vor
allem aufgrund des starken Abschneidens der Grünen in Deutschland, stehen
Verluste der Fraktion der Europäischen Linken gegenüber, zu der auch die
Nordisch grün-linke Allianz gehört. Zusammen wachsen beide Fraktionen im
EU-Parlament nur um vier Sitze von 104 auf 108.

Unter der Annahme konstanten Abstimmungsverhaltens der Fraktionen zeigt
das Beispiel der Glyphosat-Abstimmung von 2017, welches eine Verlängerung
der Zulassung bis 2022 zum Ergebnis hatte, dass im neuen Parlament 32,4
Prozent der Abgeordneten gegen die Verlängerung der Zulassung von
Glyphosat gestimmt hätten, während es im alten Parlament 31,6 Prozent
waren. „Ein Problem für die ökologischen Parteien ist ihre Spaltung im EU-
Parlament in zwei Gruppen“, so Felbermayr.