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Eindämmung (irregulärer) Migration – mit diesem Wahlkampfschwerpunkt hat
Donald Trump die Wahl vor vier Jahren gewonnen. Arbeitsmigranten sollten
weniger einreisen, Flüchtlinge auch und Muslime eigentlich überhaupt
nicht. Die berüchtigte Mauer zu Mexiko hat allerdings in erster Linie für
hohe Kosten gesorgt, dürfte die irreguläre Migration aber kaum verringert
haben. Vermeintliche Erfolge in der Reduktion von Migration hat Trump vor
allem beim Thema Flucht und Asyl sowie bei der Arbeitsmigration erzielt,
wie eine Kurzanalyse von Tobias Heidland zeigt (https://www.ifw-
kiel.de/index.php?id=15309&L=1).

Obwohl in Donald Trumps Wahlkampf 2016 die irreguläre Migration, mit dem
Symbol der großen Mauer zu Mexiko, noch die größte Rolle spielte, hat die
Trump-Administration in den vergangenen vier Jahren versucht, die
Einwanderungszahlen über die reguläre Migration zu reduzieren, also durch
die (Nicht-)Vergabe von Greencards und Visa sowie eine reduzierte Aufnahme
von Flüchtlingen im Rahmen von Resettlement.

So wurden zum letzten bekannten Zeitpunkt aufs Jahr gerechnet rund 200.000
Anträge auf Greencards weniger bewilligt als noch zu Beginn von Trumps
Amtszeit. „Nach wie vor eine große Rolle spielt hier der ‚Muslim Travel
Ban‘, welcher Menschen aus mehrheitlich muslimischen Ländern die Einreise
oder einen dauerhaften Aufenthalt unmöglich macht“, sagt Tobias Heidland,
Leiter des Research-Centers Internationale Entwicklung am IfW Kiel. Dies
treffe häufig unmittelbare Angehörige von US-Bürgern, denen unter Trump
immer seltener Greencards bewilligt wurden.

Neben den Einschränkungen dauerhafter Aufenthaltstitel zeichnet sich auch
bei den temporären Visa ein Negativtrend ab. Gemäß dem Motto „Buy
American, Hire American“ sollen Firmen dazu angeregt werden, offene
Stellen primär mit US-Bürgern zu besetzen. Zu diesem Zweck sollte die
Visavergabe leistungsorientierter werden, um niedrigqualifizierten
Amerikanerinnen und Amerikanern Jobs zu sichern und zugleich
hochqualifizierte Arbeitskräfte nicht abzuschrecken. „Auffällig ist, dass
das anfängliche Vorhaben, Migration leistungsorientierter zu machen,
mittlerweile über Bord geworfen wurde, indem auch Hochqualifizierten die
Immigration deutlich erschwert wird“, sagt Heidland. Seit kurzem sei auch
die wichtige Visalinie vom Typ H1-B beschnitten, der vor allem von
Technologiefirmen aus dem Silicon Valley genutzt werde, um Spezialisten
ins Land zu holen. „Die außerordentliche Bedeutung dieser Visalinie für
die US-Wirtschaft ist durch viele Studien belegt, und in diesem
Arbeitsmarktsegment mit hochqualifizierten und hochbezahlten Fachkräften
spielt Arbeitslosigkeit keine Rolle“, so Heidland. „Positive Effekte auf
die Wirtschaft durch weniger Zuwanderung kann es hier nicht geben.“

Im Gegensatz zu dieser deutlichen Reduktion der Arbeitsmigration hat die
symbolisch so wichtige Mauer an der Südwestgrenze bisher keinen Einfluss
auf die Immigrantenzahlen. „Abgesehen von den logistischen und vor allem
finanziellen Herausforderungen ist die generelle Effektivität von
Grenzbefestigungen als Instrument zur Bekämpfung irregulärer Migration
fragwürdig.“ Studien legen nahe, dass Zäune und Mauern die
Migrationsflüsse eher auf andere Routen umleiten, als sie zu verhindern.
Dementsprechend gering fallen die positiven Effekte auf die Löhne
niedrigqualifizierter Amerikanerinnen und Amerikaner aus, die von dem
verringerten Wettbewerb durch illegale Einwanderer profitieren sollten.
Auch Trumps harte Linie beim Thema Abschiebungen schlägt sich nicht in
höheren Zahlen nieder. „Durch überlastete Gerichte und mangelnde
Kooperation lokaler Behörden mit der bundesstaatlichen Immigrationspolizei
zeigen die bisher verfügbaren Zahlen, dass es unter Trump durchschnittlich
weniger Abschiebungen gab als unter Barack Obama.“

Deutlich reduziert wurde unter Trump auch die Zahl der im Rahmen des
Resettlement-Programms aufgenommenen Flüchtlinge. Die Obama-Administration
hatte für das Jahr 2017 die Aufnahmequote derer, die als besonders
schutzbedürftige Personen direkt aus Flüchtlingslagern weltweit in die USA
geflogen werden, noch auf 110.000 erhöht. Im Fiskaljahr 2020 waren es nur
noch knapp 18.000. Auch Anträge auf Asyl an der mexikanischen Grenze
wurden systematisch erschwert, zum Beispiel durch eine neue
Bearbeitungsgebühr. „Diese Abkehr von der Bereitstellung des
internationalen öffentlichen Gutes „Schutz vor Verfolgung“ kann als Teil
der ‚America first‘-Politik und der Abkehr vom Multilateralismus gesehen
werden.“

Wie sich die Situation bei einem Wahlsieg Joe Bidens ändern würde, darüber
könne man nur spekulieren, so Heidland. Gerade im Bereich der regulären
Migration könne es allerdings ein politisches Tauziehen geben, wenn die
Mehrheiten nicht klar sind. Und: Schon jetzt könnten die massiven
Einschränkungen bei der Vergabe von Arbeitsvisa nachhaltige ökonomische
Schäden verursachen, beispielsweise wenn Unternehmen der
Informationstechnologie einen Standortwechsel erwägen, von den negativen
Auswirkungen auf die internationale Reputation der USA ganz zu schweigen.

Kurzanalyse: Vier Jahre Trump'sche Einwanderungspolitik in den USA:
Weniger Immigration, aber anders als versprochen (https://www.ifw-
kiel.de/index.php?id=15309&L=1)