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Prof. Gabriel Felbermayr (https://www.ifw-kiel.de/de/experten/ifw/gabriel-
felbermayr/
), Präsident des IfW Kiel, kommentiert die Ergebnisse der US-
Präsidentschaftswahl auf Basis des Zwischenstands (4. November, 10.30 Uhr)
ausgezählter Stimmen:

„Die bisher bekannten Wahlergebnisse zeigen, dass sich die Polarisierung
der amerikanischen Gesellschaft in den vergangenen Jahren eher verstärkt
hat. Ein absehbar knapper Wahlausgang erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass
existierende politische Konflikte nicht befriedet werden und sich die
Gräben sogar weiter vertiefen. Das Land dürfte in jedem Fall schwieriger
zu regieren werden.

Trump wäre bei einem Sieg aus jetziger Sicht mit einem noch schwächeren
Mandat ausgestattet als vor vier Jahren. Das gilt vor allem, falls er
Mehrheiten in Kongresskammern gegen sich haben sollte. Aber auch Biden
könnte voraussichtlich nur mit einer knappen, unsicheren Mehrheit
regieren. Damit drohen viele wichtige Entscheidungen in der Schwebe zu
bleiben. Auch das noch vor der Amtseinführung des neuen Präsidenten
kurzfristig geplante Stimuluspaket für die Konjunktur in der Corona-Krise
könnte scheitern. Solche Unsicherheit ist schädlich für die US-Konjunktur
und damit auch für die Weltwirtschaft.

Die überraschend erscheinenden Wahlerfolge von Donald Trump in Staaten mit
großen schwarzen und lateinamerikanischen Bevölkerungsanteilen könnten auf
steigende Löhne für diese Gruppen nach langen Jahren der Stagnation
zurückzuführen sein. Am Ende gilt dann für diese entscheidenden Wähler
doch das Dictum „It‘s the Economy, stupid“.

Die Wahl führt Deutschland und Europa erneut vor Augen, dass wir uns
darauf konzentrieren müssen, unsere eigenen Stärken auszubauen.
Wesentlicher Baustein dafür ist der europäische Binnenmarkt, der möglichst
groß und integriert sein sollte. Er ist das Pfund, mit dem Europa wuchern
kann. Außerdem gilt es, die internationale Rolle des Euro zu stärken und
eine eigene außenpolitische Strategie zu definieren.“