Hinter Gittern“ studieren Volkskunde-Studierende der Universität Jena konzipieren Gefängniszelle im Camburger Stadtmuseum neu / Eröffnung am 24. Januar


Wolfgang Vogel vom Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften an der
Friedrich-Schiller-Universität Jena weiß, wie er Studierende für das Fach
Volkskunde begeistern kann. Ein markanter Seminartitel ist dabei der beste
Anfang: „Ich wollte neugierig machen, das ist mir anscheinend gut
gelungen“, sagt der Volkskundler, der seit dem Sommersemester 2017 das
Projektmodul „Hinter Gittern“ betreut, das nun am 24. Januar seinen
krönenden Abschluss findet. Dann wird im Stadtmuseum in Camburg eine von
Studierenden neu gestaltete, originale Gefängniszelle erstmals gezeigt.
Die Öffentlichkeit ist herzlich zur Eröffnung um 19.30 Uhr eingeladen.
„Volkskunde steht oft im Ruf ein wenig angestaubt und nicht sehr praxisnah
zu sein. Um einmal mehr den Gegenbeweis anzutreten, haben die Studierenden
im Seminar die Gelegenheit erhalten, praktisch tätig zu werden und sich
völlig selbstständig auszuprobieren“, berichtet Vogel, der gemeinsam mit
der Museumsleiterin in Camburg, Pauline Lörzer, die Idee für das
anwendungsorientierte Modul hatte. So gab es bis etwa 1960 vier
Gefängniszellen in dem Gebäude, von denen eine seitdem stets als solche
gezeigt wurde – mit inzwischen überholtem Konzept. Neue Liebe zum Detail
brachten nun rund 15 Master- und Bachelorstudierende der Volkskunde mit.
Denn Inhalt des Projektmoduls war die museale Aufbereitung und historische
Einordnung der einzigen noch heute zugänglichen Zelle.
Einen authentischen Raum schaffen
„Ergänzend zu unserem sehr theoretischen Studium war dieser Blick hinter
die Kulissen eine tolle Abwechslung“, sagt Julia Pfeiffer, die sich
künftig auch beruflich eine Tätigkeit im Museum gut vorstellen könnte.
„Unsere Aufgabe, einen authentischen Raum zu schaffen und diesen zu
erklären, war eine spannende Herausforderung“, findet die 22-jährige
Masterstudentin. Und die Aufgabenstellung hatte es in sich, sollten die
Studierenden doch sämtliche Aspekte der Museumsarbeit selbst in der Gruppe
in Angriff nehmen und meistern. „Neben der Sichtung von Quellen und Akten
und dem Aufarbeiten von Berichten mussten wir auch überlegen, was wir aus
der Zelle erhalten möchten“, berichtet Bachelorstudentin Verena Plath.
„Zudem haben wir die Wände gekalkt, den Boden herausgerissen und neu
verlegt, eine Gruppe hatte stets ein Auge auf unser Budget und die
Finanzen.“
Und nicht nur die Gefängniszelle selbst ist ab dem 24. Januar einen Besuch
wert, auch der Flur davor wurde von den Studierenden der Uni Jena neu
bespielt. Hier finden sich die Erläuterungen und Tafeln zu den gewonnenen
Erkenntnissen. „Seit 1719 wurden die vier Zellen zur Inhaftierung genutzt,
meist aber nur bei kleineren Delikten wie Vagabundieren oder kleinen
Diebstählen“, schildert Julia Pfeiffer. „Dementsprechend waren die
Aufenthalte in den Gefängniszellen meist nur einige Stunden oder Nächte
lang.“
Ein Eindruck, der bleibt
Innerhalb von zwei Semestern ist nun ein puristischer Raum entstanden, der
eine vollkommen neue Handschrift trägt und in dem es interessante Details
zu entdecken gibt. „Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden“, erklärt
Seminarleiter Vogel. „Die Studierenden waren von Beginn an mit größtem
Engagement dabei. Deshalb freut es mich besonders, dass die Zelle nun
dauerhaft so gestaltet bleibt.“ Damit hinterlässt das Projekt nicht nur
bei Vogel und den Seminarteilnehmern, sondern auch für die Öffentlichkeit
einen bleibenden Eindruck.
Zur Eröffnung wird auch die Volkskundlerin Stephanie Schmidt, die am
Seminar für Volkskunde/Kulturgeschichte der Universität Jena zur Polizei
forscht, einen Einblick in ihre Promotion zum Thema Wut und Strafen geben.
Der Eintritt ist frei – standesgemäß ist für die Versorgung mit „Wasser
und Brot“ gesorgt.