Erster Nachwuchs im Feto-Neonatalen-Pfad des Uniklinikums Dresden


Betreuung für schwangere Frauen mit erhöhtem Risiko für
Schwangerschaftsvergiftung oder einer Wachstumsverzögerung des ungeborenen
Kindes / Über 250 Frauen profitieren bereits von der Zusammenarbeit in der
Region / Projekt mit Universitätsklinikum Jena, der AOK Plus und der
BARMER läuft bis 2023
Paul ist einer der ersten Neugeborenen, der Dank der Versorgung im
Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden gesund zur Welt gekommen
sind. Mama Janine Laube aus Dresden ist eine von über 250 Frauen, die seit
Start des Pfades im Januar 2020 von der Versorgung profitiert haben.
Der Pfad kümmert sich um schwangere Frauen mit einem erhöhten Risiko für
Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) oder einer Wachstumsverzögerung
des ungeborenen Kindes. Dabei erhalten die Pfadteilnehmer eine engmaschige
Betreuung bei niedergelassenen Frauenärzten bzw. Kinderärzten sowie durch
Pränatalmediziner, Geburtshelfer, Neonatologen und Psychologen am
Universitätsklinikum Dresden. Die Wirksamkeit der in der 10.
Schwangerschaftswoche beginnenden und mit dem Ende des ersten Lebensjahres
abgeschlossenen Betreuung wird aktuell im Rahmen eines Innovationsfonds-
Projektes evaluiert, womit dann die Voraussetzung für eine
Regelfinanzierung geschaffen werden.
„Wir freuen uns sehr, dass wir mit der Geburt des ersten Kindes einer
Schwangeren, die den Pfad von Anfang an durchlaufen hat, den Erfolg
unserer Arbeit sehen“, sagt Prof. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrum für
Feto-Neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum. Zusammen mit den
Partnern, dem Universitätsklinikum Jena, der AOK Plus und der BARMER,
werden in den kommenden drei Jahren Daten gesammelt und durch das Zentrum
für Evidenz basierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) analysiert. „Bei ca.
jeder 50. Schwangeren besteht die Gefahr, dass es zu einer
Schwangerschaftsvergiftung kommt. Bei ca. 5 Prozent der Schwangerschaften
findet sich ein unzureichendes Wachstum des ungeborenen Kindes. Die Folgen
dieser Schwangerschaftskomplikationen sind z.B. Hirnblutungen der Mutter
oder langfristige kardiovaskuläre Erkrankungen nach der Schwangerschaft
beziehungsweise eine zu frühe Geburt und Entwicklungsstörungen des
Kindes“, sagt PD Dr. Cahit Birdir, leitender Oberarzt für Geburtshilfe und
Pränatalmedizin. Wenn in diesen Fällen Schwangere sowie ihre Kinder
engmaschig betreut werden, steigen die Chancen, dass sich die Kinder
langfristig normal entwickeln.
Seit Januar 2020 können betroffene schwangere Frauen in dem Pfad betreut
werden. Mit fünf Millionen Euro finanziert der Gemeinsame Bundesausschuss
(G-BA) im Rahmen des Innovationsfonds bis 2023 dieses Angebot einer
strukturierten, interdisziplinären und transsektoralen Versorgung
Schwangerer und ihrer Neugeborenen. Im Rahmen des Projektes soll die
Wirksamkeit der Intervention, die mit der 10. Schwangerschaftswoche
beginnt und nach dem ersten Lebensjahr endet, evaluiert und damit die
Voraussetzung für eine Regelfinanzierung geschaffen werden. Bisher wurden
in Ostsachsen bereits über 250 Teilnehmerinnen im Feto-Neonatalen-Pfad
betreut und haben so von der multiprofessionellen Zusammenarbeit von
Frauenärzten, Pränatalmedizinern, Neonatologen, Kinderärzten und
Psychologen profitiert. Unterstützt wird das Projekt zusätzlich durch die
Kassenärztlichen Vereinigungen Sachsen und Thüringen sowie die jeweiligen
Landesärztekammern.
Den Erfolg der gemeinsamen Arbeit können alle Beteiligte nun anhand der
ersten Kinder, deren Mütter im Pfad betreut wurden, direkt sehen. So wurde
Paul am 25. September 2020 mit 3530 Gramm und einer Größe von 55
Zentimetern geboren. Für seine Mama Janine Laube ist er das zweite Kind,
ihr erst geborener Sohn besucht die Kita. Weil sie an einer
Gerinnungsstörung leidet und einige Medikamente nicht verträgt, wurde sie
schon zu Beginn der Schwangerschaft in den Pfad aufgenommen und dann
engmaschig betreut. Die Schwangerschaft ist gut verlaufen, Söhnchen Paul
kam gesund zur Welt und macht seinen Eltern und Bruder Freude.
Kinder von Müttern, die im Pfad betreut wurden und trotzdem zu klein oder
krank geboren wurden, erhalten neben der intensivmedizinischen Betreuung
am Uniklinikum Dresden nach der Entlassung von den teilnehmenden
Kinderärzten ein intensivere Nachbetreuung. Die ambulanten Kinderärzte
können sich durch die zusätzliche Finanzierung mehr Zeit für ihre kleinen
Patienten nehmen und eine, auf die Wachstumsverzögerung ausgerichtete
Beratung anbieten.
Letztlich erhalten die Schwangeren und betroffenen Familien auch das
Angebot einer psychologischen Begleitung. Wird die Schwangere nach der
Risikofeststellung in den Pfad aufgenommen, kann sie mit einer Psychologin
über ihre Ängste und Befürchtungen, aber auch Hoffnungen und Ziele
sprechen. Genau auf ihre Bedürfnisse abgestimmt erhält sie weitere
Unterstützung, auf die sie immer wieder zurückgreifen kann. Die
ergänzende psychosoziale Begleitung der ersten Tagen oder auch Wochen der
jungen Familie mit Kind stärkt die familiäre psychische Widerstandskraft,
fördert den Aufbau einer engen Eltern-Kind-Bindung und sichert damit die
Nachhaltigkeit der Gesundheitsinvestitionen.
„Das Universitätsklinikum Dresden baut auf ein enges Netzwerk mit Akteuren
der Patientenversorgung aus der Pflege und den Gesundheitsberufen in der
Region. Darin haben wir bereits gute Erfahrungen wie etwa bei der
Palliativversorgung durch das Brückenprojekt der Kinderklinik oder dem
PANOS-Netzwerk zur Versorgung von Parkinson-Patienten gesammelt“, sagt
Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum
Dresden. „Der Feto-Neonatale Pfad ist ein weiteres gutes Beispiel dafür,
welche Impulse von der Hochschulmedizin Dresden ausgehen, die die
Versorgung von in diesem Fall Schwangeren und ihren Kindern verbessern.
Damit stellen wir sicher, dass Sachsen auch weiterhin die niedrigste
Säuglingssterblichkeit in Deutschland hat. Diese Verantwortung nehmen wir
als Maximalversorgung sehr ernst.“
„Einen großen Beitrag zu dieser optimierten Versorgung leisten neben den
Frauenärzten und Neonatologen des Uniklinikums Dresden auch die
niedergelassenen Frauen- und Kinderärzte, die sich mit großem Engagement
am Projekt beteiligen, und denen unser besonderer Dank gilt“, sagt Prof.
Mario Rüdiger. „Mit dem Projekt konnten niedergelassene Frauenärzte
sensibilisiert werden, auf ausgewählte anamnestische Risikofaktoren zu
achten. So ermöglichen sie auch augenscheinlich unauffälligen Schwangeren
durch den Einstieg in den Feto-Neonatalen-Pfad, das tatsächliche Risiko
für eine Präeklampsie oder eine Wachstumsverzögerung zu ermitteln.“
Der transsektorale, multiprofessionelle und interdisziplinäre Pfad wurde
durch eine enge Zusammenarbeit der beiden Universitätsklinika Dresden und
Jena mit der AOK PLUS und der BARMER möglich. „Seit dem Start des
Innovationsfonds-Projektes 2020 konnten in Sachsen und Thüringen bisher
242 AOK PLUS-versicherte junge Frauen diese sorgsame und begleitete
Betreuung während ihrer Schwangerschaft nutzen. Für sie wurde dadurch
diese besondere Zeit leichter und die Familien konnten sich gemeinsam und
mit weniger Sorgen auf ihr Baby freuen. Diese neue Zusammenarbeit wollen
wir weiterführen und gemeinsam zum Beispiel an digitalen
Unterstützungsangeboten arbeiten. Ziel muss sein, dass die hier
gesammelten Erfahrungen wirklich flächendeckend in die Regelbetreuung
einfließen können“, sagt Rainer Striebel, Vorstand der AOK PLUS. „Die
Schwangerschaft ist ein sehr komplexer Vorgang, der leider nicht immer so
komplikationsfrei verläuft, wie Eltern es sich wünschen. Um die
Gesundheitsrisiken beispielsweise bei Wachstumsstörungen oder drohender
Frühgeburt für Mutter und Kind noch besser im Blick zu behalten, wurde
dieser spezielle Versorgungspfad ins Leben gerufen. Die BARMER als
Krankenkasse für Familien unterstützt das Projekt sehr gern, denn
Frauenärzte, Kinderärzte und Psychologen arbeiten hier eng zusammen. Wenn
es gelingt, diese ganzheitliche Herangehensweise in die allgemeine
Versorgung zu integrieren, wäre das ein großer Schritt hin zu einer noch
besseren, individualisierten Patientenversorgung, die Eltern und Kind
schon in einer ganz frühen Entwicklungsphase hilft“, sagt Dr. Fabian
Magerl, Landesgeschäftsführer der BARMER in Sachsen.
„Falls die begleitende Evaluation einen Vorteil dieses strukturierten
Vorgehens nachweisen kann, ist ein bundesweiter Transfer dieses Angebots
geplant“, sagt Prof. Mario Rüdiger. „Ziel ist es, dieses Angebot
deutschlandweit – analog zu den in Sachsen dann bereits etablierten
Versorgungsstrukturen – übertragen zu können.“