Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur SARS- CoV-2-Impfung mit dem Impfstoff von AstraZeneca
Stellungnahme der DGN zum Auftreten cerebraler Sinus- und Venenthrombosen
im zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung durch den Impfstoff von
AstraZeneca.
In zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung durch den Impfstoff von
AstraZeneca (insgesamt ca. 1,22 Millionen Impfungen) sind in Deutschland
6-16 Tage nach der Impfung bei sechs Frauen zwischen 22 und 48 Jahren
cerebrale Sinus- und Venenthrombosen (CSVT) beobachtet worden, drei davon
mit tödlichem Ausgang. Ein weiterer, männlicher Patient verstarb an den
Folgen einer Hirnblutung im Zusammenhang mit einer ungewöhnlichen
Gerinnungsstörung. Bei einem Teil der 7 Patienten wurde zudem eine
Erniedrigung der Blutplättchenzahl (Thrombozytopenie) festgestellt. In
vier Fällen lagen Erkrankungen vor, die teilweise auch das
Blutgerinnungssystem betrafen.
Zusammengefasst ist derzeit ein möglicher Kausalzusammenhang der
berichteten Einzelfälle mit der Impfung nicht abschließend beurteilbar, da
zu mehreren Fällen nur wenige Informationen vorliegen. (Informationen aus
der Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts vom 15.03.2021).
In Großbritannien wurden bei ca. 11 Millionen Impfungen bisher drei CSVT
gemeldet, aus Norwegen liegen zwei Meldungen vor.
Es wird derzeit genau geprüft, ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang
zwischen der Impfung und den Ereignissen besteht. CSVT treten in
Deutschland jedes Jahr bei einem bis zwei von 100.000 Personen auf und
betreffen mehrheitlich Frauen. Selbst wenn die Impfung wesentliche Ursache
für die Thrombosen bzw. die Gerinnungsstörung sein sollte, handelte es
sich dennoch um eine extrem seltene Nebenwirkung, die durch die Vorteile
der Impfung bei weitem aufgewogen wird. Gerade neurologische Spätfolgen
sind nach Covid-19 nicht selten und können nur primärpräventiv durch eine
Impfung verhindert werden.
Leitsymptome einer CSVT sind anhaltende Kopfschmerzen und andere
neurologische Symptome. Da es allerdings als Impfreaktion bei vielen
Personen zu vorübergehenden Kopfschmerzen kommen kann, ist es nicht
notwendig bei jedem Menschen, der nach der Impfung über Kopfschmerzen
klagt, eine weiterführende neurologische Diagnostik mit Bildgebung
durchzuführen. Diese sollte Personen vorbehalten bleiben, die in den
ersten zwei bis drei Wochen nach der Impfung über einen Zeitraum von
mehreren Tagen neuartige und ungewöhnlich starke Kopfschmerzen bemerken,
welche auf die üblichen, frei verkäuflichen Analgetika nicht oder nur
unzureichend ansprechen. In solchen Fällen und insbesondere, wenn sich
zusätzliche neurologische Symptome wie halbseitige Lähmungen und/oder
Gefühlsstörungen, Sprachstörungen oder epileptische Anfälle entwickeln,
sollte umgehend weitere Diagnostik erfolgen. Kleine, punktförmige
Einblutungen (Petechien) in die Haut vor allem der Extremitäten können
zudem auf eine Thrombozytopenie hindeuten, wie sie bei einem Teil der
Fälle mit CSVT beobachtet wurde. Bei der Abklärung sollte eine
Gerinnungsdiagnostik mit Blutbild und Bestimmung der Thrombozytenzahl
erfolgen.
Peter Berlit, Harald Prüß, Hans-Christian Koennecke, Berlin