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Steinbeis-Europa-Zentrum und Universität Stuttgart beteiligen sich an EU-
Projekt mit 15 Millionen Euro Förderung zur Herstellung von weißem
Phosphor durch thermochemisches Recycling von Klärschlamm

Die Europäische Union ist weitgehend abhängig von Importen von weißem
Phosphor (P4), einem strategischen Rohstoff für die Lebensmittel- und
Pharmaindustrie. Um dieser Herausforderung zu begegnen, wird das
vierjährige EU-finanzierte Projekt FlashPhos unter der Leitung der
Universität Stuttgart hochwertigen weißen Phosphor und andere Rohstoffe
unter Verwendung von Klärschlamm als Ausgangsmaterial in großem Maßstab
zurückgewinnen. Diese Rohstoffe finden strategische Anwendung in der
europäischen Chemie-, Metall- und Zementindustrie.

Rückholung der Produktion von weißem Phosphor nach Europa

Elementarer weißer Phosphor (P4) ist für Schlüsselindustrien wie im
Lebensmittel- und Pharmasektor unverzichtbar und daher ein strategischer
Rohstoff von hoher Relevanz. Derzeit ist die Europäische Union fast
vollständig von Importen von weißem Phosphor aus Kasachstan, Vietnam und
China abhängig. Dabei gibt es in Europa genügend Phosphorreserven, die in
Klärschlamm verborgen sind, um den gesamten Bedarf der EU an weißem
Phosphor plus bis zu 25% des in der EU verbrauchten Phosphats für andere
Anwendungen zu decken.

Das Ziel von FlashPhos ist daher, ein thermochemisches Verfahren zur
nachhaltigen Produktion von hochwertigem weißem Phosphor unter Verwendung
von Klärschlamm als Ausgangsmaterial in großem Maßstab zu demonstrieren.
FlashPhos wird die erste und einzige Technologie in Europa sein, die
weißen Phosphor für die chemische Industrie produziert und gleichzeitig
eine Lösung für die problembehaftete Klärschlammentsorgung bietet. Es wird
erwartet, dass FlashPhos-Anlagen bis 2040 50% des europäischen P4-Bedarfs
decken können. Dies wird durch die Verwertung von 15% des derzeit in
Europa anfallenden Klärschlamms in einem ökonomisch und ökologisch
sinnvollen und klimafreundlichen Kreislaufwirtschaftsprozess ermöglicht
werden.

Umsetzung von Klärschlamm in reine Sekundärrohstoffe und nutzbare Wärme
Das preisgekrönte FlashPhos-Verfahren ist eine schnell reagierende
Hochtemperatur-Flugstromvergasung von Klärschlamm und anderen sekundären
Phosphatquellen wie Tiermehl. "Alle Output-Materialien werden in der
europäischen Industrie Verwendung finden und teilweise kritische oder
CO2-relevante Rohstoffe ersetzen", sagt Matthias Rapf, einer der beiden
FlashPhos-Projektkoordinatoren der Universität Stuttgart.

Die anorganischen Abfallkomponenten werden aufgeschmolzen oder eingedampft
und anschließend in einem Refinerreaktor zu recyceltem P4 als Hauptprodukt
aufgetrennt. Weitere Outputstoffe des Prozesses sind ein klimafreundlicher
alternativer Zementrohstoff, eine Eisenlegierung sowie ein
Schwermetallkonzentrat als wertvolle Rohstoffe für die Metallindustrie.
Die organischen Bestandteile dienen als Brennstoff für die Vergasung, bei
der sie in Wärme und ein brennbares Gas umgewandelt werden. Dieses Gas und
die überschüssige Wärme können in Zementwerken genutzt werden, um fossile
Brennstoffe zu ersetzen. Somit werden diverse wertvolle Rohstoffe durch
das innovative und kosteneffiziente FlashPhos-Verfahren nahezu emissions-
und abfallfrei erzeugt.

Markteinführung bis 2028
Während des vierjährigen Innovationsprojekts wird das industrielle
FlashPhos-Verfahren in einer Pilotanlage mit bis zu 400 kg/h
Klärschlammdurchsatz demonstriert. "Dies wird es uns ermöglichen, die
erste FlashPhos-Pilotanlage in Europa bis 2025 im vollen Umfang zu
errichten und gemeinsam mit einem Industriekonsortium mit der Produktion
von weißem Phosphor im industriellen Maßstab zu beginnen", fügt Carlos
Galeano, Beyond Innovation Project Director bei Italmatch, Europas
führendem Verbraucher von weißem Phosphor und Hauptverwertungspartner im
FlashPhos-Projekt, hinzu.