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Generationsübergreifend voneinander lernen  SRH Fernhochschule – The Mobile University
Generationsübergreifend voneinander lernen SRH Fernhochschule – The Mobile University

Oft wird der Generation 50+ nachgesagt, dass sie sich mit dem Erlernen von
neuen Inhalten schwerer tut als die Jüngeren. Doch ist dem wirklich so?

Aktives Lernen in Form eines Studiums war bis vor wenigen Jahren
vermeintlich noch der jüngeren Generation vorbehalten. Inzwischen machen
Lernwillige über 50 Jahre jedoch fast 5% aller Studierenden aus! Dabei
handelt es sich keineswegs um ein „Seniorenstudium“, Studium Generale oder
Gasthörerstudium, wie es lange Zeit für ältere Studieninteressierte
bezeichnet wurde. Die Generation 50+ verfolgt mit einem Studium konkrete
Ziele wie berufliches Vorankommen oder nochmal eine Umorientierung in den
letzten Jahren bis zur Rente. Doch oft wird gerade dieser Generation
nachgesagt, dass sie sich mit dem Erlernen von neuen Inhalten schwerer tut
als die Jüngeren. Ist dem wirklich so? Frauke Kempner, Fachdozentin für
Digital Education und Leadership an der SRH Fernhochschule, berichtet von
ihren Erfahrungen.

Fakt ist: jeder Mensch ist anders und jeder Mensch lernt auch anders.
Während der eine gut auswendig lernen kann, muss sich der andere die
Inhalte eines Textes schriftlich selbst zusammenfassen, mit Textmarkern
arbeiten oder auch Kommentare und Merkhilfen an den Rand schreiben. Das
hat grundsätzlich nichts mit einer Generationen- oder Alterszugehörigkeit
zu tun, aber es lassen sich durchaus Unterschiede im Generationenlernen
beobachten.

LernSnacks sind das Brain(Fast)Food der jüngeren Generationen.
„Diese Unterschiede lassen sich recht gut an dem Wort ‚Information‘
festmachen“, führt Frauke Kempner aus. „Die jüngere Generation hat oftmals
das Problem des Informationsoverflow. Ständig ploppen WhatsApp- oder
TikTok-Benachrichtigungen auf, das Warten auf den Bus muss bei Instagram
genauso gepostet werden wie der Bad-Hair-Day. Das führt dazu, dass das
Gehirn schnell mit Informationen überladen ist, die wenig Platz für Neues
lassen. Dies macht sich besonders dann bemerkbar, wenn Lernstoff z.B. für
eine Prüfung über einen längeren Zeitraum gemerkt werden muss.“ Aus diesem
Grund ist bei der jüngeren Generation das Lernen über mehrere Stunden,
inklusive dem Abschotten im eigenen Zimmer, kaum noch en vogue. Vielmehr
sollte der Lernstoff in überschaubare Happen gegliedert sein, möglichst
viele Sinne gleichzeitig ansprechen und Informationen auf das Nötigste
reduzieren. Lernerfolge müssen schnell sichtbar sein, sonst ist es mit dem
Interesse oder auch der Disziplin zum Lernen schnell vorbei.  Dazu gehört
auch, dass der Lernstoff seitens des Lehrpersonals ansprechend aufbereitet
sein muss. Strukturierte Lernpfade, einzelne Module und kleine Schritte,
schnelle Erfolge und einfache Sprache sind Elemente, die gerade bei der
jüngeren Generation dafür sorgen, dass Wissen und Inhalte förmlich
nebenbei erlernt werden können und somit keinen Stress verursachen.
Handelt es sich um größere und komplexere Inhalte, so wird auch häufig die
Taktik des Auswendiglernens angewandt, ohne Sinn und Inhalt zu verstehen.
Ganz nach dem Motto: vier gewinnt – es reicht, um die Prüfung zu bestehen.

Lernen als Komplettmenü.
Ältere Studierende setzen demgegenüber auf konservative Lernmethoden. Dazu
gehört z.B. das Aufschreiben von Vokabeln, das Hinterfragen von Inhalten
und Fremdwörtern, wenn Sie etwas nicht verstehen oder die penible
Auseinandersetzung mit Regeln und Theorien. Sie wollen das System hinter
den Fachinhalten verstehen und sich nicht mit „das ist nun mal so“
abspeisen lassen.

Das kostet in der Regel Zeit und das Lernen dauert somit länger. Deshalb
wird sich gerade bei der Generation 50+ „Zeit zum Lernen“ genommen.
„Lernen ist für diese Generation ein Luxusgut“, so die Fachdozentin.
„Meistens verbindet sie damit ein konkretes Ziel. Das kann das berufliche
Vorankommen in den letzten Jahren bis zur Rente, ein persönliches
Interesse für Fächer, die man als junger Mensch vielleicht nicht studieren
wollte oder konnte oder tatsächlich nochmal die berufliche Umorientierung
sein. Die Kinder sind aus dem Haus, Kredite sind abbezahlt, nach 30 Jahren
im Beruf möchte man vielleicht nochmal was anderes machen oder ist sogar
aus gesundheitlichen Gründen dazu gezwungen.“ Studierende 50+ haben mehr
als die jüngere Generation den Anspruch, das Gelernte direkt in die Praxis
zu übertragen. Zu lernende oder neue Inhalte versuchen sie im Gegensatz
zur jüngeren Generation mit Erfahrungen aus dem eigenen Berufsleben zu
verknüpfen. Bei einer neuen Theorie wird sofort überlegt, wo ihnen das
Phänomen schonmal im Alltag begegnet ist.

Wer lernt besser, 50- oder 50+?
„Dass sich die ältere Generation im Lernen schwerer tut, halte ich für
einen Irrglauben“, resümiert Frauke Kempner. „Vielmehr lässt sich
hinterfragen, was die jüngere Generation gerade in dieser Hinsicht noch
von den Älteren lernen kann. Ich denke da an Faktoren wie
Durchhaltevermögen, Geduld oder kritisches Denken. In Vorlesungen freue
ich mich über jeden älteren Teilnehmenden, der aus der beruflichen Praxis
komplexe Theorien mit eigenen Beispielen anreichert und anderen, jüngeren
Studierenden damit zugänglicher machen kann“, so die Dozentin. Die jüngere
Generation muss vielfach erst lernen zu lernen. Dies geschieht nicht mal
eben so nebenbei, durch YouTube-Videos, Learning-Snacks und
Auswendiglernen im Bus. Lebenslanges Lernen ist ein Prozess, kein Produkt,
welches gerade in unserer Gesellschaft ein großes Luxusgut darstellt und
auch genauso gesehen werden sollte. Nichtsdestotrotz darf sich aber auch
die ältere Generation mal zutrauen, „auf Lücke zu lernen“ und dem Motto
„vier gewinnt zu folgen“. Denn Lernen darf auch einfach nur Spaß machen!