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KI-gestützte Roboter werden im Industrieumfeld individuell angepasst mit den Beschäftigten Hand in Hand zusammenarbeiten und dabei auch Beschäftigte mit Beeinträchtigung unterstützen.  Plattform Lernende Systeme
KI-gestützte Roboter werden im Industrieumfeld individuell angepasst mit den Beschäftigten Hand in Hand zusammenarbeiten und dabei auch Beschäftigte mit Beeinträchtigung unterstützen. Plattform Lernende Systeme

Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Beschäftigte am Arbeitsplatz und
ermöglicht Menschen mit Beeinträchtigungen, selbstbestimmter und
gleichberechtigter am Arbeitsleben teilzuhaben. Doch die Chancen der
Technologie lassen sich nur nutzen, wenn in der Arbeitswelt die passenden
Rahmenbedingungen vorliegen: Dazu zählen (digital) barrierefreie
Arbeitsplätze, eine Vielfalt fördernde Unternehmenskultur und die
Berücksichtigung von Menschen mit Beeinträchtigungen in der Forschung und
Entwicklung. Ein aktuelles Whitepaper der Plattform Lernende Systeme
verdeutlicht das Potenzial von KI für eine inklusive Arbeitswelt anhand
von Praxisbeispielen und zeigt Wege für eine KI-gestützte Teilhabe auf.

München, 04. Juli 2023 – Rund 7,9 Millionen Menschen mit
Beeinträchtigungen lebten 2020 in Deutschland; etwa ein Drittel davon im
erwerbsfähigen Alter. Nicht zuletzt der zunehmende Fachkräftemangel
erfordert es, Menschen mit Beeinträchtigungen besser in das Arbeitsleben
zu integrieren. Das Sozialgesetzbuch sieht vor, dass Arbeitgeber mit mehr
als 20 Beschäftigten mindestens 5 Prozent ihrer Arbeitsplätze an
schwerbehinderte oder gleichgestellte behinderte Menschen vergeben sollen.
KI-Systeme können Inklusion und Teilhabe in der Arbeitswelt fördern und
Menschen mit Beeinträchtigungen ein selbstbestimmtes sowie sinnerfülltes
Arbeiten ermöglichen. Ob KI-Lösungen, die Kommunikation in Gebärdensprache
übersetzen, virtuelle Rollenspiele mit KI-gesteuerten Avataren zum
Training sozialer Interaktion oder KI-basierte Brillen, mit denen Menschen
mit fehlenden oberen Gliedmaßen anstelle einer Computer-Mouse den Cursor
auf dem Bildschirm über Kopfbewegungen steuern können – KI-Systeme
unterstützen betroffene Beschäftigte dort, wo sie an ihre kognitiven oder
körperlichen Grenzen stoßen.

Umdenken erforderlich

Um die Potenziale der KI-Technologie auszuschöpfen, seien jedoch ein
Umdenken in den Unternehmen sowie eine Systemveränderung in der
Arbeitswelt notwendig, heißt es im Whitepaper „Mit KI zu mehr Teilhabe in
der Arbeitswelt. Einsatzmöglichkeiten und Herausforderungen“. Die
Anerkennung und Wertschätzung individueller Bedürfnisse müssen in einer
inklusiven Unternehmenskultur und barrierefreien Arbeitsorganisation
verankert werden. So unterschiedlich wir Menschen sind, so unterschiedlich
sind auch unsere Arten zu lernen und zu arbeiten. Oftmals werden KI-
Systeme jedoch heute mit Blick auf breite Zielgruppen und großflächige
Vermarktung entwickelt, betonen die Autorinnen und Autoren.

“KI-Technologie kann ein wichtiger Baustein einer vielfältigen und fairen
Arbeitswelt sein. Wir brauchen jedoch passgenaue Assistenzsysteme.
Menschen mit Beeinträchtigungen sind keine homogene Gruppe. Bereits
während der Entwicklung müssen die spezifischen Anforderungen der
Beschäftigten berücksichtigt werden und sich zum Beispiel auch in den
Trainingsdaten spiegeln“, so Angelika Bullinger-Hoffmann, Professorin für
Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement der Technischen Universität
Chemnitz und Mitglied der Arbeitsgruppe Arbeit/Qualifikation, Mensch-
Maschine-Interaktion der Plattform Lernende Systeme.

Mit dem Einsatz von KI gehen auch Risiken einher, die die Ausgrenzung von
Menschen mit Beeinträchtigungen verschärfen können. So können KI-Systeme
die Benachteiligungen verstärken, wenn sie mit Daten trainiert wurden, in
denen Menschen mit Beeinträchtigungen nicht vorkommen. Repräsentative
Trainingsdaten sind eine wichtige Voraussetzung für mehr Teilhabe. Die
Autorinnen und Autoren des Whitepapers empfehlen, die KI-Forschung auf den
Nutzungsdaten der Betroffenen aufzusetzen. Auch sollten Entwicklerteams
divers aufgestellt und Beschäftigte mit Beeinträchtigungen in Entwicklung
und Einführung von KI-Systemen im Betrieb einbezogen werden.
Arbeit kann durch den Einsatz von KI komplexer werden und die
Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten steigen. Für
Beschäftigte mit Lernschwierigkeiten kann die notwendige Weiterbildung
eine große Hürde darstellen. Bildungsangebote müssen daher barrierefrei
und in leichter Sprache verfügbar sein, so die Autorinnen und Autoren. KI-
Tools könnten hier wiederum unterstützen, indem sie Lernangebote oder
Webseiten automatisiert in Leichte Sprache übersetzen.

Über das Whitepaper

Das Whitepaper „Mit KI zu mehr Teilhabe in der Arbeitswelt.
Einsatzmöglichkeiten und Herausforderungen“ wurde von Mitgliedern der
Arbeitsgruppe Arbeit/Qualifikation, Mensch-Maschine-Interaktion der
Plattform Lernende Systeme verfasst. An der Erarbeitung waren Betroffene
und Vertreter von Verbänden für Menschen mit Beeinträchtigungen im Rahmen
eines Workshops beteiligt. Im Whitepaper kommen einige Workshop-
Teilnehmerinnen und -Teilnehmer selbst zu Wort. Das Whitepaper ist zum
kostenfreien Download verfügbar.

Über die Plattform Lernende Systeme

Die Plattform Lernende Systeme ist ein Netzwerk von Expertinnen und
Experten zum Thema Künstliche Intelligenz (KI). Sie bündelt vorhandenes
Fachwissen und fördert als unabhängiger Makler den interdisziplinären
Austausch und gesellschaftlichen Dialog. Die knapp 200 Mitglieder aus
Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft entwickeln in Arbeitsgruppen
Positionen zu Chancen und Herausforderungen von KI und benennen
Handlungsoptionen für ihre verantwortliche Gestaltung. Damit unterstützen
sie den Weg Deutschlands zu einem führenden Anbieter von
vertrauenswürdiger KI sowie den Einsatz der Schlüsseltechnologie in
Wirtschaft und Gesellschaft. Die Plattform Lernende Systeme wurde 2017 vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf Anregung von
acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften gegründet und wird
von einem Lenkungskreis gesteuert. Die Leitung der Plattform liegt bei
Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger (BMBF) und Jan Wörner (acatech).

Originalpublikation:
https://www.plattform-lernende-
systeme.de/files/Downloads/Publikationen/AG2_WP_KI_Teilhabe_in_der_Arbeitswelt.pdf
- Das Whitepaper "Mit KI zu mehr Teilhabe in der Arbeitswelt" der
Plattform Lernende Systeme