Datenschutz bei KI: Experten fordern Rechtssicherheit für den Einsatz technischer Lösungen


Künstliche Intelligenz (KI) kann einen wichtigen Beitrag zu einer
zukunftsfähigen Wirtschaft und Gesellschaft leisten. Aktuell sind
Unternehmen beim Einsatz von KI jedoch noch zurückhaltend. Der häufig
genannte Grund: Die datenschutzrechtlichen Hürden erscheinen zu hoch. Ein
aktuelles Whitepaper der Plattform Lernende Systeme zeigt technische
Ansätze, die Privacy und Datenschutz bei der Entwicklung und Nutzung von
KI-Systemen sicherstellen. Die Autorinnen und Autoren fordern die
gesetzliche Anerkennung der Verfahren, um die Rechtssicherheit für
Unternehmen beim Einsatz von KI zu stärken.
Datenschutz genießt in Deutschland und Europa einen hohen Stellenwert.
Gleichzeitig finden sich in den Unternehmen häufig wertvolle Daten, die
mithilfe von KI-Technologie im Sinne der Gesellschaft nutzbar gemacht
werden könnten: Gesundheitsdaten von Patientinnen und Patienten könnten
beispielsweise dafür verwendet werden, die Entstehung von Erkrankungen
besser vorherzusagen; Bewegungsdaten von Personen und Fahrzeugen, um
Risiken im Straßenverkehr zu reduzieren.
Der Gesetzgeber stellt strenge Anforderungen an eine Nutzung
personenbezogener Daten – wobei die rechtliche Auslegung in der Praxis oft
unsicher sei und die KI-Anwendung in der Breite erschwere, heißt es im
Whitepaper „Datenschatz für KI nutzen, Datenschutz mit KI wahren“. Viele
Unternehmen schrecken aus diesem Grund vor dem Einsatz und der Entwicklung
von KI-Systemen zurück, die sensible Daten von Nutzern verarbeiten. Jedoch
existieren verschiedene technische Privacy-Ansätze, die es ermöglichen den
Datenschutz bei der Verwendung personen-bezogener Daten zu wahren. Die
Autorinnen und Autoren des Whitepapers fordern deshalb, technische
Instrumente für mehr Privacy rechtlich anzuerkennen. Die Verfahren sollten
als Ausnahme in die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie künftige KI-
Verordnung der Europäischen Union aufgenommen und in
anwendungsspezifischer Datenschutzgesetzgebung ausformuliert werden. Dies
ermögliche eine flexiblere Nutzung personenbezogener Daten. Voraussetzung:
die Nutzung personenbezogener Daten ist alternativlos und liegt im
Interesse des Gemeinwohls.
Handlungsräume für KI-Entwicklung schaffen
„Einsatz und Entwicklung von KI brauchen Rechtssicherheit. Statt
Verbotsräumen sollte der Gesetzgeber Handlungsräume schaffen und
technische Verfahren zur Wahrung des Datenschutzes juristisch zulassen. So
lassen sich aktuell bestehende Interpretationsspielräume bei der
Verarbeitung personenbezogener Daten schließen und die Chancen der
Schlüsseltechnologie KI für unsere Gesellschaft besser nutzen”, sagt Jörn
Müller-Quade, Professor für Kryptographie und Sicherheit am Karlsruher
Institut für Technologie (KIT) sowie Co-Leiter der Arbeitsgruppe IT-
Sicherheit, Privacy, Recht und Ethik der Plattform Lernende Systeme.
Konkret empfehlen die Expertinnen und Experten etwa das Privacy-Preserving
Machine Learning (kurz: PPML), das den Datenschutz bereits beim Design der
KI-Anwendung sicherstellt. Dazu zählt die Anonymisierung,
Pseudonymisierung oder Verschlüsselung personen-bezogener Daten. Weiter
nennen sie technische Ansätze, die nicht direkt beim KI-Modell ansetzen,
wie den Einsatz von Personal Information Management Systemen (PIMS) oder
Datentreuhändern, mithilfe derer datengebende Personen die Hoheit über
ihre Daten behalten und sogar selbst von deren Monetarisierung profitieren
können. Erklärbare KI, also KI-Systeme, die ihre Entscheidungen und
Funktionsweise transparent und verständlich machen, können den
selbstbestimmten Umgang mit den eigenen Daten weiter stärken. Für Ansätze
für erklärbare KI sowie für die Anonymisierung von Daten sollten Standards
und Zertifizierungsmöglichkeiten eingeführt werden.
Die Autorinnen und Autoren des Whitepapers unterstreichen, dass für das
Training von KI-Systemen nicht-personenbezogene Daten grundsätzlich
personenbezogenen Daten vorgezogen werden sollten, sofern sie die gleiche
Datenqualität aufweisen. Sie empfehlen daher, interoperable Datenräume
aufzubauen, um mehr nicht-personenbezogene Daten verfügbar zu machen.
Über das Whitepaper
Das Whitepaper „Datenschatz für KI nutzen, Datenschutz mit KI wahren.
Technische und rechtliche Ansätze für eine datenschutzkonforme,
gemeinwohlorientierte Datennutzung” wurde von Mitgliedern der
Arbeitsgruppe IT-Sicherheit, Privacy, Recht und Ethik der Plattform
Lernende Systeme verfasst. Es steht zum kostenfreien Download zur
Verfügung.
Über die Plattform Lernende Systeme
Die Plattform Lernende Systeme ist ein Netzwerk von Expertinnen und
Experten zum Thema Künstliche Intelligenz (KI). Sie bündelt vorhandenes
Fachwissen und fördert als unabhängiger Makler den interdisziplinären
Austausch und gesellschaftlichen Dialog. Die knapp 200 Mitglieder aus
Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft entwickeln in Arbeitsgruppen
Positionen zu Chancen und Herausforderungen von KI und benennen
Handlungsoptionen für ihre verantwortliche Gestaltung. Damit unterstützen
sie den Weg Deutschlands zu einem führenden Anbieter von
vertrauenswürdiger KI sowie den Einsatz der Schlüsseltechnologie in
Wirtschaft und Gesellschaft. Die Plattform Lernende Systeme wurde 2017 vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf Anregung von
acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften gegründet und wird
von einem Lenkungskreis gesteuert. Die Leitung der Plattform liegt bei
Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger (BMBF) und Jan Wörner (acatech).
Originalpublikation:
https://www.plattform-lernende
systeme.de/files/Downloads/Pub
- Das Whitepaper "Datenschatz für KI nutzen, Datenschutz mit KI wahren"
der Plattform Lernende Systeme