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Die Stiftung Kindergesundheit informiert über die seltene, aber
lebensbedrohliche Erkrankung Säuglingsbotulismus

Zu den bei vielen Familien beliebten Hausmitteln zur Behandlung von
Halsschmerzen und
Husten bei Kindern gehört warme Milch mit Honig. Aus gutem Grund: Dem
süßen Getränk
wird nachgesagt, den Speichelfluss anzuregen, den kratzenden Hals zu
beruhigen und das
Einschlafen zu fördern. Doch was größeren Kindern manchmal zur schnelleren
Genesung
verhelfen kann, ist für ein Baby im ersten Lebensjahr gefährlich, warnt
die Stiftung
Kindergesundheit mit großem Nachdruck: Ein mit Botulismus-Erregern
verunreinigter Honig
kann zu Lähmungen der Atmung und schlimmstenfalls sogar zum Tode führen!

Beim Honigkonsum sind die Deutschen geradezu bienenfleißig, berichtet die
Stiftung
Kindergesundheit in ihrer aktuellen Stellungnahme: Sie kaufen über 78.000
Tonnen des
Naturprodukts pro Jahr, was pro Kopf fast einem Kilogramm Honig
entspricht.

Beim Genuss des süßen Aufstrichs Honig wiegen sich viele Verbraucher im
wohligen Gefühl,
ihrem Körper etwas besonders Gutes, Gesundes zu gönnen, auch wenn Honig
tatsächlich zu
etwa vier Fünftel aus verschiedenen Zuckern und zu etwa einem Fünftel aus
Wasser besteht.
Der Glaube an die heilende Kraft des Honigs ist weit verbreitet und uralt:
Bereits die Ärzte der
Ägypter, Griechen und Römer haben Honig als Heilnahrung angesehen. Der
süße Wintervorrat der Bienen wurde als Liebestrank gepriesen und galt auch
als probates Mittel gegen das Altern. Bis heute wird Honig nachgesagt,
Herz und Nerven zu stärken.

Zu viel Honig kann auch dick machen

Derartige Annahmen werden jedoch mittlerweile ausgesprochen zurückhaltend
beurteilt:
Experten verweisen auf die Tatsache, dass Honig vor allem sehr viele
Kalorien liefert und den
Zähnen genauso schaden kann wie das Industrieprodukt Zucker.

Professor Dr. Dr. Berthold Koletzko, Stoffwechselspezialist der
Universitätskinderklinik
München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit, erläutert: „Der im
Honig
enthaltene Zucker besteht zum Großteil aus den Einfachzuckern Fruktose und
Glukose. Das sind für den Körper schnell verwertbare kalorienreiche
Energielieferanten. Ihr regelmäßiger,
hoher Verzehr begünstigt ebenso wie Rüben- oder Rohrzucker die Entstehung
von
Übergewicht und erhöht das Risiko für die Entstehung von Zahnkaries sowie
der
Stoffwechselkrankheit Diabetes mellitus“.

Noch beunruhigender ist die Wirkung, wenn man junge Säuglinge mit
verunreinigtem Honig
füttert. Professor Berthold Koletzko: „Im Magen-Darm-Trakt gesunder Kinder
und
Erwachsener leben rund 100 Billionen Bakterien. Diese so genannte
Darmflora bildet das
größte Immunsystem im Organismus, das als Zentralorgan der Gesundheit über
unser Wohl
wacht. Die Darmflora eines Babys und auch die Immunabwehr sind jedoch in
den ersten
Lebensmonaten noch nicht vollständig entwickelt. Säuglinge und Kinder im
ersten Lebensjahr
sollten ebenso wie auch erwachsene Personen mit einem geschwächtem
Immunsystem auf
den Verzehr von naturreinem Honig verzichten“.

Der Grund für die Warnung: Honig ist ein Naturprodukt, dessen
Zusammensetzung je nach
Herkunft und Sorte stark variieren kann. So kann Honig im ungünstigsten
Falle auch Sporen
des hochgefährlichen Bakteriums Clostridium botulinum enthalten.

Eine klassische Ursache von Vergiftungen

Clostridium botulinum ist ein klassischer Erreger von
Lebensmittelvergiftungen; er kann unter
sauerstofffreien Verhältnissen in Lebensmitteln ein sehr starkes
Nervengift bilden, das nach
dem Verzehr zu Lähmungserscheinungen beim Menschen („Lebensmittel-
Botulismus“ oder
„Wurstvergiftung“) führen kann. Die Erkrankung, die durch das Gift von
Clostridium botulinum
verursacht wird, heißt Botulismus, nach „botulus“, dem lateinischen Wort
für Wurst.

Die Sporen des bedrohlichen Bakteriums können durch die Bienen in den
Honig eingetragen
werden. Diese Sporen sind äußerst widerstandsfähig und werden erst bei
über 100 Grad
Celsius abgetötet.

Das stärkste aller bekannten Gifte

Das Bakterium bildet in verdorbenen Lebensmitteln die giftigste Substanz,
die überhaupt
bekannt ist: das Botulinumtoxin. Das ist ein hochgefährliches,
muskellähmendes Nervengift,
das auch unter dem Namen Botox geläufig ist. Botulinumtoxin ist das
stärkste aller bekannten
Gifte und ist eine Million Mal giftiger als Zyankali.

Bei Säuglingen und Kleinkindern besteht die Möglichkeit, dass sich das
Bakterium Clostridium im Darm des Kindes ansiedelt, dort auskeimt und das
gefährliche Botulinumtoxin bildet.

Das ist der Grund, weshalb Eltern ihren Kindern vor dem ersten Geburtstag
auf keinen Fall
Honig geben sollten, betont die Stiftung Kindergesundheit. Mehr noch:
Getränke für Babys
sollten nicht mit Honig gesüßt werden. Auch die Brustwarze einer
stillenden Mutter, der
Schnuller oder der Trinkflaschen-Sauger eines Babys sollten nicht mit
Honig bestrichen
werden, um so das Trinken zu fördern.

Von Flaschennahrung mit Honig geht keine Gefahr aus

Diese Warnung gilt jedoch nicht für mit Honig gesüßte
Säuglingsfertignahrung, Breie oder
Kekse, betont die Stiftung Kindergesundheit. Bei der Herstellung dieser
Produkte tragen die
Erzeuger Sorge dafür, dass Verfahren angewendet werden, die Clostridium
botulinum
zuverlässig abtöten.

Bei älteren Kindern und gesunden Erwachsenen besteht die Gefahr einer
Vergiftung nicht
mehr: Ihre Darmflora ist stabil genug, um die Vermehrung von Clostridien
und ihrer giftigen
Produkte zu verhindern. Dennoch sollten auch sie Honig als Brotaufstrich
oder als
Süßungsmittel wegen des hohen Zuckergehaltes nur gelegentlich und in
geringen Mengen
verzehren, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit.

Alarm bei Trinkschwäche und Atemstörungen

Die sogenannte Inkubationszeit eines Säuglingsbotulismus liegt bei
ungefähr zehn Tagen. Bei
Babys können Trinkschwäche, Schluck- und Sprachstörungen, Verstopfung oder
Muskelschwäche die ersten Anzeichen der Erkrankung sein, berichtet die
Stiftung
Kindergesundheit. Die betroffenen Babys können den Kopf kaum halten und
haben
Schwierigkeiten beim Atmen, was sich durch Röcheln und Schnarchgeräusche
äußern kann.

Da die Gefahr einer Atemlähmung droht, müssen Kinder und Erwachsene mit
einer
Botulinumvergiftung rasch intensiv-medizinisch behandelt und überwacht
werden. In
schweren Fällen ist eine künstliche Beatmung notwendig.

Fälle von Säuglingsbotulismus kommen in Deutschland allerdings zum Glück
ausgesprochen
selten vor, unterstreicht die Stiftung Kindergesundheit. Wichtig zu
wissen: Schon der Verdacht auf Botulismus muss dem Gesundheitsamt gemeldet
werden.