Pin It

Mit großen Bedenken haben das Netzwerk Evidenzbasierte Medizin
(EbM-Netzwerk) und Cochrane Deutschland die Meldung von der zum Jahresende
geplanten Auflösung des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin
(ÄZQ) aufgenommen. Sollte diese Entscheidung nicht revidiert werden
können, muss sichergestellt sein, dass die Aufgaben des ÄZQ in neuen
Strukturen nach den bewährten methodischen Standards der evidenzbasierten
Medizin unabhängig von Einflussnahme durch einzelne Interessensgruppen
umgesetzt werden.

Nach bisher bekannt gewordenen Informationen wurde die Auflösung von den
Trägern des ÄZQ, d. h. der Bundesärztekammer (BÄK) und der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Anfang April beschlossen [1].

Nach seiner Gründung im Jahr 1995 als gemeinsames Institut von BÄK und KBV
zur Unterstützung bei Aufgaben im Bereich der Qualitätssicherung der
ärztlichen Berufsausübung entwickelte sich das ÄZQ in kürzester Zeit zum
Kompetenzzentrum der Ärzteschaft für Leitlinien, Patienteninformationen,
Patientensicherheit und Wissensmanagement und damit zu einer der zentralen
EbM-Institutionen in Deutschland. Das ÄZQ ist Initiator und Mitglied des
EbM-Netzwerks und langjähriger Kooperationspartner von Cochrane
Deutschland.

Das EbM-Netzwerk und Cochrane Deutschland sehen durch den aktuellen
Entschluss den Fortbestand der vom ÄZQ herausgegebenen und koordinierten
Nationalen VersorgungsLeitlinien und Patientenleitlinien in der bisherigen
Qualität, Zugänglichkeit und Unabhängigkeit in Gefahr. Diese auf hohem
methodischem Niveau und unabhängig von politischer oder
interessengeleiteter Einflussnahme entwickelten und regelmäßig
aktualisierten evidenzbasierten Wissensressourcen stellen eine wesentliche
Säule für die Patientensicherheit und Versorgungsqualität in Deutschland
dar. Sie ermöglichen Entscheidungsträgern im Gesundheitssystem, den
klinisch Handelnden sowie allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu
einfach verständlichen, aktuellen und wissenschaftlich begründeten
Informationen über Vor- und Nachteile verschiedener Versorgungsoptionen.
Die sektorenübergreifenden Nationalen VersorgungsLeitlinien für bestimmte
chronischen Erkrankungen wie Asthma bronchiale, Diabetes mellitus oder
Herzinsuffizienz sind Grundlage von Disease Management-Programmen,
Qualitätsindikatoren und Patientenleitlinien und bieten allen an der
Versorgung Beteiligten wichtige und einheitliche Orientierung bei der
Entscheidung über erforderliche diagnostische und therapeutische
Maßnahmen.

Bisher sind die sachlichen Gründe für die Entscheidung zur Auflösung des
ÄZQ unklar. Das EbM-Netzwerk und Cochrane Deutschland fordern, dass bei
allen weiteren Entscheidungen in Bezug auf das ÄZQ sichergestellt wird,
dass die Aufgaben des ÄZQ, insbesondere die Koordination und
Bereitstellung der Nationalen VersorgungsLeitlinien und die Entwicklung
und Bereitstellung hochwertiger evidenzbasierter Patientenleitlinien, auch
bei einer Überführung in andere Strukturen weiterhin nach den bewährten
methodischen Standards unabhängig von Einflussnahme durch einzelne
Interessensgruppen umgesetzt werden. Darüber hinaus halten wir es für
wichtig, dass die Gründe für die Entscheidung zur Auflösung des ÄZQ
transparent gemacht werden.



[1.]    Ärztliches Zentrum für Qualität wird aufgelöst. Deutsches
Ärzteblatt, 16.04.2024, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/150717
/Aerztliches-Zentrum-fuer-Qualitaet-wird-aufgeloest
[16.04.2024]