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Einige Hundert Euro Belohnung pro Tonne CO2: Subventionen im Verkehr, wie
das Diesel- oder Dienstwagenprivileg, bedeuten negative CO2-Preise in Höhe
von minus 70 bis zu minus 690 Euro pro Tonne CO2 und schwächen die
Wirkungsweise der CO2-Bepreisung als wichtiges Instrument der
Klimapolitik. Das zeigen Forschende des vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF) geförderten Kopernikus-Projekts Ariadne in einer
neuen Studie. Die Ariadne-Berechnungen unterstreichen, dass Deutschlands
derzeitiges Steuer- und Abgabesystem im Verkehrssektor noch stark auf die
Nutzung fossiler Energieträger ausgerichtet ist und so die Erreichung der
deutschen Klimaziele erschwert.

„Aktuell treten wir beim Klimaschutz im Verkehr mit einem Fuß aufs Gas,
mit dem anderen auf die Bremse: Emissionsverursachende sollten durch den
CO2-Preis eigentlich Anreize zur Senkung von Emissionen erhalten. Unsere
Forschung zeigt, wie sehr Haushalte, die Diesel fahren, längere Wege mit
dem privaten Auto oder Dienstwagen zur Arbeit pendeln oder innerdeutsche
Flüge nutzen, aktuell durch Subventionen für den Ausstoß einer Tonne CO2
belohnt werden“, erklärt Ariadne-Experte Patrick Plötz vom Fraunhofer-
Institut für System- und Innovationsforschung ISI.

+++ Preissignale vergleichbar machen: Subventionshöhen in negative
CO2-Preise umgerechnet +++

Um die Bedeutung von Subventionen im Verkehr für die deutsche Klimapolitik
herauszustellen und einzuordnen, haben Ariadne-Fachleute sie mit dem
CO2-Preis, einem tragenden Instrument der Klimapolitik, vergleichbar
gemacht. Die Forschenden betrachten vier Subventionen mit Einfluss auf die
nationalen CO2-Emissionen des deutschen Verkehrssektors: das
Dieselprivileg (Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoff), die
Pendlerpauschale (Entfernungspauschale), das Dienstwagenprivileg
(Pauschale Besteuerung des geldwerten Vorteils privat genutzter
Dienstwagen) und die Kerosinsteuerbefreiung (Energiesteuerbefreiung für
Kraftstoffe im inländischen Flugverkehr).

„Wir haben zum ersten Mal vier wesentliche Subventionen aus dem
Verkehrsbereich in negative CO2-Preise umgerechnet. Die Umrechnung
ermöglicht einen Vergleich mit dem tatsächlichen CO2-Preis für den
Verkehr“, erläutert Ariadne-Fachmann Nicolas Koch vom Mercator Institute
for Global Commons and Climate Change MCC.

Die Berechnungen der Forschenden zeigen: Subventionen wie das Diesel- oder
Dienstwagenprivileg entsprechen negativen CO2-Preisen von minus 70 Euro
bis zu minus 690 Euro pro Tonne CO2 – und überkompensieren damit den
aktuell geltenden CO2-Preis von 45 Euro pro Tonne zum Teil beträchtlich.
Pauschal umgerechnet in Euro pro Liter Benzin entsprechen die Subventionen
Kostenersparnissen von 0,18 bis 1,70 Euro pro Liter. Die Höhe der
Subventionen im Verkehr übersteigt also deutlich die des aktuellen
CO2-Preises von 45 Euro pro Tonne CO2 oder ca. 0,11 Euro pro Liter Benzin.
“Diese sich widersprechenden Preissignale schwächen die Wirkungsweise der
CO2-Bepreisung und konterkarieren so Klimaschutzbemühungen. Wenn sich der
CO2-Preis als eins der Leitinstrumente der Klimapolitik durchsetzen soll,
dann müssen verzerrende Subventionen im Verkehr soweit möglich abgebaut
oder klimafreundlich umgebaut werden“, so Koch.

+++ Einkommensstarke Haushalte profitieren überproportional von
Subventionen +++

Die Verteilungswirkung unterscheiden sich dem Autorenteam zufolge für die
vier betrachteten Subventionen. „Von den von uns untersuchten Subventionen
profitieren hauptsächlich wohlhabende Haushalte“, erläutert Ariadne-
Experte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
„Die Wirkungen des Dieselprivilegs sind vor allem bei mittleren und
höheren Einkommensgruppen spürbar, bei denen ein Drittel aller Haushalte
einen Diesel fährt. Auch die Pendlerpauschale entlastet vor allem mittlere
und höhere Einkommensgruppen.“ Das Dienstwagenprivileg begünstige vor
allem Haushalte mit hohem Einkommen, denn nur wenige Erwerbstätige mit
geringen oder mittleren Einkommen würden einen Dienstwagen besitzen. Die
Entlastungswirkung der Kerosinsteuerbefreiung sei als gering
einzuschätzen, so die Forschenden.

Mögliche Reformoptionen wären die schrittweise Abschaffung des
Dieselsteuerprivilegs, was schon kurzfristig zu spürbaren
Emissionsminderungen führen könnte. Eine Umgestaltung des
Dienstwagenprivilegs gestaffelt nach CO2-Emissionen der Fahrzeuge könne
den Hochlauf der E-Mobilität unterstützen. Eine Reform der
Pendlerpauschale sollte klimafreundliche Mobilitätsvarianten zum Auto
attraktiver machen.