Der menschliche Körper in Kunst und Literatur
Neue Vortrags- und Lesereihe des Exzellenzclusters „Religion und Politik“
der Uni Münster über ästhetische Konzeptionen des Körpers in Werken vom
Mittelalter bis heute
– Mit Lesung aus Werken des inhaftierten algerischen
Schriftstellers Boualem Sansal, der 2024 die Droste-Lesung am
Exzellenzcluster hielt – Start mit US-Kunsthistorikerin Taylor McCall am
6. Mai
Der menschliche Körper in Kunst und Literatur ist Thema einer neuen
Vortrags- und Lesereihe des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der
Uni Münster. „In Vorträgen, Lesungen und Gesprächen beleuchten wir, wie
Schriftsteller und Künstler den Körper im religiösen, politischen und
wissenschaftlichen Kontext ihrer Zeit ästhetisch konzipiert haben“,
kündigt Kunsthistorikerin Eva Krems die Reihe im Themenjahr „Körper und
Religion“ des Exzellenzclusters an. Unter dem Titel „Ästhetische
Konzeptionen des Körpers zwischen Religion und Politik“ werden
künstlerische Perspektiven auf den Körper vom Mittelalter über die Frühe
Neuzeit bis in die Moderne schlaglichtartig in den Blick genommen. Zum
Start am 6. Mai spricht die US-Kunsthistorikerin Taylor McCall über
„Planetarische Körper“ in Anatomie-Darstellungen des Mittelalters. Am 27.
Mai ist eine Lesung aus Werken des seit November 2024 inhaftierten
algerischen Schriftstellers Boualem Sansal geplant, der Anfang 2024 die
Droste-Hülshoff Lesung am Exzellenzcluster gehalten hatte.
Der Schriftsteller und Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels
Sansal setzt sich in seinen Romanen und Essays kritisch mit dem Islamismus
und totalitären Regimes auseinander, wie Romanistin Karin Westerwelle
erläutert. „In unserer Abendveranstaltung tragen der Schauspieler Carsten
Bender und Studierende ausgewählte Texte Sansals vor, die die Bedeutung
des menschlichen Körpers im Kontext politisch-religiöser Repression in den
Blick nehmen.“ Eva Krems und Karin Westerwelle veranstalten die Vortrags-
und Lesereihe gemeinsam mit Romanistin Pia Doering und Kunsthistoriker
Jens Niebaum. Die Veranstaltungen am 6. Mai, 20. Mai und 27. Mai sowie 24.
Juni und 8. Juli beginnen um 18.15 Uhr in Hörsaal JO 1, Johannisstraße 4,
48143 Münster (Anmeldung für eine Teilnahme per Zoom unter
veranstaltungenEXC@uni-muenste
„Vorstellungen vom menschlichen Körper sind nicht naturhaft gegeben, sie
sind vielmehr historische, soziale und kulturelle Konstrukte“, führt Eva
Krems aus. „Religiöse Rituale und Auffassungen, juristisch-politische
Vorschriften, medizinische Regeln und hygienische Anwendungen formen den
Körper durch Sprache, Bild und Macht.“ In Literatur und bildender Kunst
manifestiere sich am ausgestellten Körper ein oft konfliktbehaftetes, gar
durch Gewalt geprägtes Zusammenspiel von Individuum und Gesellschaft, „sei
es in Form von gemarterten und sakralisierten Körpern, von deformierten
oder auch von schönen, makellosen Körpern.“
„Nacktheit und Bekleidung“ bei Montaigne
Kunst- und Literaturschaffende beleuchten den Forscherinnen zufolge zu
allen Zeiten das Verhältnis von Körper und Geist und fragen, wie sich
innere Prozesse körperlich manifestieren und äußerlich abbilden lassen.
„Sie analysieren gesellschaftlich vorherrschende Körperbilder und stellen
durch die Exposition von Körperlichkeit im sprachlichen und bildlichen
Zeichen religiöse und politische Normen infrage.“ In ihrem Vortrag
sprechen Eva Krems und Jens Niebaum über Körper in der Kunst der Frühen
Neuzeit, die nicht stilisiert und symbolisch wie im Mittelalter
erscheinen, sondern anatomisch korrekt und in realistischen Proportionen.
Karin Westerwelle spricht über „Nacktheit und Bekleidung“ bei Michel de
Montaigne (1533–1592) und Pia Doering über ironische Körperdarstellungen
im präfaschistischen Italien bei Italo Svevo (1861–1928). (vvm/fbu)