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Seit rund einer Dekade forschen die Universität Ulm und Boehringer
Ingelheim gemeinsam im BIU BioCenter zu den molekularbiologischen
Grundlagen häufiger Krankheitsbilder. Nun ist der erfolgreiche
Forschungsverbund in die nächste Förderphase eingetreten - BIU 2.0. Anfang
April sind die neuen gemeinsamen Forschungsprojekte gestartet. Durch diese
Kooperation der universitären Grundlagenforschung mit der Pharmaindustrie
sollen wissenschaftliche Ergebnisse zeitnah in die Entwicklung neuer
Therapien einfließen.

Bereits seit 2011 verbindet das BIU BioCenter universitäre
Grundlagenforschung mit der Entwicklungskompetenz eines führenden
Pharmaunternehmens. Jetzt haben die starken regionalen Partner,
Universität Ulm und Boehringer Ingelheim, die nächste Förderphase mit
jährlich 800 000 Euro vertraglich abgesichert – BIU 2.0. Auch in den
kommenden Jahren wird im Forschungsverbund insbesondere zu
molekularbiologischen Grundlagen häufiger Krankheitsbilder geforscht.
Immer mit den Zielen, die Diagnostik zu verbessern und neue
Therapieansätze zu entwickeln.

Bei seiner Gründung in 2011 war das Boehringer Ingelheim Ulm University
BioCenter (BIU) als Public-Private-Partnership-Verbund zwischen einer
Universität und einem Pharmaunternehmen deutschlandweit einmalig. Und noch
immer setzt das BioCenter Maßstäbe: Der Zusammenschluss führender Köpfe
aus der universitären Grundlagenforschung und aus der Industrie hat die
Güte eines Sonderforschungsbereichs. Weiterhin fördert das Verbundprojekt
die Innovationskraft des bereits starken Biotechnologie- und
Pharmastandorts Ulm-Biberach.
„Im Verbund BIU 2.0 werden wissenschaftliche Fragestellungen bearbeitet,
die für die Universität Ulm wie auch für Boehringer Ingelheim relevant
sind. Durch diese Zusammenarbeit können Ergebnisse aus der universitären
Forschung zeitnah in die Entwicklung neuer Therapien einfließen“, betont
Professor Klaus-Michael Debatin, Sprecher des Forschungsverbunds und
Vizepräsident für Kooperationen der Universität Ulm.

„Die Kooperation ermöglicht es uns, wertvolle Synergien zwischen der
Grundlagenforschung, der pharmazeutischen Forschung und ihrer klinischen
Anwendung zu schaffen. Ich freue mich, dass wir auch in Zukunft unsere
regionale Expertise nutzen werden, um translationale Forschung
voranzutreiben und neue Therapiemöglichkeiten für Patienten auf den Weg zu
bringen.“, ergänzt der stellvertretende Vorstandssprecher Dr. Dirk
Stenkamp, Leiter Forschungsstandort Deutschland bei Boehringer Ingelheim
am Standort Biberach.

Seit der ersten Förderphase in 2011 steht die Forschung zu häufigen
neuropsychiatrischen und kardiometabolischen Krankheitsbildern sowie zu
Lungenerkrankungen im Zentrum des BioCenters. 2016 kam das
Querschnittsthema Immunmodulation hinzu: Durch eine Beeinflussung der
Immunreaktion lassen sich beispielsweise bei chronischen Darmerkrankungen,
Allergien, Rheuma oder bestimmten Krebsarten Behandlungserfolge erzielen.
In der nun besiegelten zweiten Förderphase, BIU 2.0, wird das
Forschungsspektrum um den Bereich „Research Beyond Borders“ (Forschung
jenseits der Grenzen) ergänzt. Dieser Bereich ist der „Innovations-Radar“
von Boehringer Ingelheim, der die Möglichkeiten neuer wissenschaftlicher
Erkenntnisse auslotet. Die Projekte der zweiten Förderphase sind bereits
Anfang April gestartet.

Erfolgreiche Forschung im BioCenter

In der ersten Förderphase waren BIU-Forschende hocherfolgreich. Neben
zahlreichen Fachpublikationen hat der Verbund vielversprechende
Forschungsergebnisse hervorgebracht. Auf dem Gebiet Neuropsychiatrie ist
es beispielsweise gelungen, Biomarker im Liquor zu identifizieren, die
eventuell eine präzisere Diagnose von Depression ermöglichen.
Im Bereich der kardiometabolischen Erkrankungen suchen die Forscher
gemeinsam nach Therapien gegen Adipositas und damit verbundenen
Folgeerkrankungen. Dazu setzen die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler auf das sogenannte „Browning“ von Fettzellen. Dafür werden
Faktoren gesucht, die Vorläuferzellen im Fettgewebe dazu bringen,
vornehmlich „nützliche“ braune statt „schädliche“ weiße Fettzellen zu
bilden. Braunes Fettgewebe ist dafür bekannt, dass es Energie verbraucht
und in Form von Wärme abgibt, wodurch es zu einer positiven Beeinflussung
des Stoffwechsels kommt.

Ein weiteres BIU-Projekt hat zu einem tieferen Verständnis der embryonalen
Entwicklung der Bauchspeicheldrüse im Kontext von Diabeteserkrankungen
geführt. Die Forscher haben ein „Diabetesgen“ entdeckt und
charakterisiert. Dadurch konnten sie zeigen, dass bestimmte genetische
Programme die Entwicklung von Diabetes beschleunigen, aber auch für die
Wahl der besten Therapie entscheidend sein können. Diese Erkenntnisse
tragen eines Tages womöglich zur Entwicklung neuartiger und
personalisierter Therapien bei. In dem Zusammenhang haben die Forscher
außerdem ein Modellsystem der Bauchspeicheldrüse für Erkrankungen wie
Pankreaskrebs und Diabetes etabliert, das Tierexperimente ersetzen soll.

Die Nachwuchsförderung des Forschungsverbunds läuft größtenteils über die
internationale Graduiertenschule für Molekulare Medizin, die im Zuge der
Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder an der Universität Ulm
etabliert wurde. „BIU-Doktorandinnen und -Doktoranden werden an der
Universität und bei Boehringer Ingelheim betreut. Sie haben die
Möglichkeit, an beiden Standorten zu forschen und bereits während der
Promotion Industriekontakte zu knüpfen“, erklärt Professor Thomas Wirth,
Dekan der Medizinischen Fakultät.

Zum Hintergrund

Der Public-Private-Partnership-Verbund BIU BioCenter wurde 2011 von der
Universität Ulm und Boehringer Ingelheim ins Leben gerufen.
Auftragsforschung wird im BioCenter nicht betrieben: Alle Projekte
durchlaufen ein qualitätsgeleitetes Auswahlverfahren mit externen
Gutachtern und werden regelmäßig evaluiert.
Die erste Förderphase des BIU BioCenters war in zwei Perioden
untergliedert (2011-2016 und 2016-2019). In jeder Förderperiode hat
Boehringer Ingelheim 2,25 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und die
Medizinische Fakultät der Universität Ulm 750 000 Euro. Das Land Baden-
Württemberg hat sich im Zuge des Programms „Industry on Campus“ mit
jeweils 1,5 Millionen Euro an dem erfolgreichen Projekt beteiligt. Mit
Ende der ersten Förderphase ist diese Landesförderung plangemäß
ausgelaufen.
Ab Januar 2021 (zweite Förderphase) finanziert Boehringer Ingelheim den
Forschungsverbund mit jährlich 533 000 Euro und die Medizinische Fakultät
mit jährlich 267 000 Euro für zunächst weitere drei Jahre. Anschließend
wird eine Evaluation über die Fortführung des Verbunds entscheiden.