Pin It

Die neue Freihandelszone in Afrika eröffnet für den Handel innerhalb des
Kontinents und auch für europäische und insbesondere deutsche Firmen neue
Chancen. Der EU biete sich eine Möglichkeit, ihren relativen
Bedeutungsverlust im Afrikahandel im Vergleich zu China auszubremsen.
Damit dies gelinge, sollten allerdings die EU und europäische Firmen
afrikanische Länder bei der Implementierung der Freihandelszone
unterstützen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des IfW Kiel.

Die im Mai 2019 gestartete African Continental Free Trade Area (AfCFTA)
sei in vielerlei Hinsicht ein historischer Meilenstein in Richtung
Handelsfreiheit und damit mehr Prosperität auf dem afrikanischen
Kontinent. Dass dabei Zölle innerhalb Afrikas wegfallen, sei weniger
bedeutend. Wichtiger sei der angestrebte Abbau anderer Handelshürden, so
die Autoren der Studie „Effects of the AfCFTA for German and European
Companies“ (Hinz, J., Chowdhry, S., Jacobs, A., Thiele, R., Oktober 2022).
Deren Abbau sei allerdings kein Selbstläufer, und die EU und hiesige
Firmen könnten ihr Know-how einbringen, um Handelshürden effizient und zum
Vorteil aller zu beseitigen.

„Unsere Simulationen zeigen, dass AfCFTA den chronisch geringen Handel
afrikanischer Länder untereinander verstärken kann. Wichtigster Hebel
dafür ist der Wegfall von bürokratischen Handelshürden und anderen
sogenannten nicht-tarifären Handelshemmnissen (Non-Tariff Barriers, NTBs),
weniger der Entfall von Zöllen“, sagt Julian Hinz (https://www.ifw-
kiel.de/de/experten/ifw/julian-hinz/), Handelsforscher und
verantwortlicher Autor der Studie. „Schon der Wegfall von 10 Prozent
dieser Handelshürden (NTBs) kann hohes innerafrikanisches und globales
Exportwachstum auslösen.“ Außerhalb Afrikas könnten deutsche Firmen wegen
der heute schon bestehenden besonderen Handelsbeziehungen substanziell
profitieren.

EU verliert im Afrika-Handel Gewicht, Asien legt zu

Die EU hat für die Ex- und Importe Afrikas in den vergangenen Jahren
deutlich an Bedeutung verloren, während Asien gewonnen hat: Zwischen 2000
und 2020 fiel der Anteil der EU an den Exporten Afrikas von knapp 50 auf
35 Prozent, der Anteil Asiens wuchs in der gleichen Zeit um fast 20
Prozentpunkte auf rund 30 Prozent. Was die Importe betrifft, überholte
Asien die EU bereits 2013 als Hauptimportregion des afrikanischen
Kontinents. Für die EU selbst bleibt Afrika mit 2 Prozent ihrer Exporte
ein kleiner Handelspartner. Deutschland ist innerhalb der EU der
zweitgrößte Exporteur und drittgrößte Importeur mit Blick auf AfCFTA-
Länder und hat eine Sonderstellung hinsichtlich der Produkte: Vor allem
Maschinen, Elektrogeräte, Fahrzeuge und Transportausrüstung werden ex- und
importiert. Das liegt insbesondere am deutschen Engagement in Südafrika.

Innerafrikanischer Handel hängt zurück

Auch der innerafrikanische Handel gewann an Bedeutung: 2020 blieben rund
25 Prozent der Exporte afrikanischer Länder innerhalb des Kontinents,
verglichen mit 12 Prozent im Jahr 2000. Doch trotz dieses Wachstums ist
der innerafrikanische Handel weit schwächer ausgeprägt als in stärker
integrierten Wirtschaftsräumen wie der EU.

Auf Basis von Simulationen mit dem internationalen Handelsmodell KITE
(https://www.ifw-kiel.de/de/institut/forschungszentren/handelspolitik
/kite-kiel-institute-trade-policy-evaluation/
) sind laut der Studie u.a.
diese mittel- bis langfristigen Effekte der AfCFTA zu erwarten:

Der alleinige Abbau von allen Zöllen zwischen den AfCFTA-Mitgliedern hat
einen geringen Einfluss auf den Handel und die nationalen Einkommen
beteiligter Länder.

Werden zusätzlich andere Handelshemmnisse (NTBs), wie zum Beispiel
Importquoten, innerhalb der AfCFTA um 10 Prozent verringert, könnten die
globalen Exporte der AFCFTA-Mitglieder um jährlich 17 Prozent höher liegen
als ohne diese Maßnahmen, die innerafrikanischen Exporte um knapp 23
Prozent. Die Länder könnten mit einem Zuwachs ihres Jahreseinkommens von
11 Prozent rechnen und einem Plus der Produktion (preisbereinigt) von 24
Prozent.

Wird der Abbau der NTBs auf Länder außerhalb der AfCFTA ausgeweitet,
verstärkt sich der positive Effekt noch: Die jährlichen globalen Exporte
der beteiligten Länder liegen dann um 22 Prozent höher, die Exporte in die
EU um knapp 30 Prozent. Das Einkommen läge um 18 Prozent höher und die
Produktion um 29 Prozent.

„AfCFTA kann einen signifikant positiven Effekt für die beteiligten
afrikanischen Länder haben. Voraussetzung ist, dass neben Zöllen auch
andere Handelshemmnisse wie Importquoten und Zollbürokratie wegfallen.
Wenn Letzteres auch gegenüber Dritten gilt, würden davon die AfCFTA-Länder
zusätzlich profitieren, aber auch etwa die EU-Staaten. Die EU und
Deutschland sollten sich deshalb darauf fokussieren, die AfCFTA-Staaten
dabei zu unterstützen, mit der Implementierung des Abkommens nicht-
tarifäre Handelshemmnisse abzubauen. Öffentliche Institutionen und Firmen
aus der EU können zum Beispiel dabei helfen, die Zollabfertigung und
-infrastruktur der AfCFTA-Länder zu modernisieren“, sagt Julian Hinz.
„Europäische und vor allem auch deutsche Exporteure in die AfCFTA-Länder
müssten nach unseren Simulationsergebnissen kaum befürchten, dass ihre
Exporte durch innerafrikanische Exporte verdrängt werden.“

Die Studie wurde mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriums
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) erstellt.

Studie jetzt lesen: „Effects of the AfCFTA for German and European
Companies“ (https://www.ifw-kiel.de/experts/ifw/julian-hinz/effects-of-
the-afcfta-for-german-and-european-companies-17702/
)