Pin It

Der globale Handel nimmt zum Jahresbeginn an Fahrt auf und könnte vor
einem längeren Aufschwung stehen. Dies beflügelt insbesondere den
europäischen und auch den deutschen Außenhandel. Der Kiel Trade Indicator
zeigt in seinem jüngsten Update deutlich positive Werte für den
Warenaustausch im Januar im Vergleich zum Vormonat Dezember (preis- und
saisonbereinigt). Auf den Weltmeeren sind spürbar weniger Container
unterwegs als zu den Hochzeiten von vor gut einem Jahr, wohl auch weil
Unternehmen auf Alternativen zum Seeweg ausgewichen sind. Infolgedessen
sinkt auch die Menge der im Stau befindlichen Güter spürbar auf Vor-
Krisenniveau.

Zum Jahresbeginn nimmt die Erholung des Welthandels Tempo auf. Das jüngste
Datenupdate des Kiel Trade Indicator signalisiert im Januar im Vergleich
zum Vormonat Dezember ein Plus von 2,1 Prozent (preis- und
saisonbereinigt).

Die Werte für Deutschlands Außenhandel zeigen infolgedessen sowohl für
Exporte (+2,1 Prozent) als auch Importe (+2,6 Prozent) klar nach oben. Die
EU profitiert noch stärker vom globalen Schwung mit einem kräftigen Plus
bei Exporten (+3,0 Prozent) und Importen (+3,2 Prozent).

Für die USA signalisieren die Werte des Kiel Trade Indicator im Januar im
Vergleich zum Dezember ein etwas gemischteres Bild mit einem Zuwachs bei
den Exporten (+3,6 Prozent) und einem Rückgang bei den Importen (-1,4
Prozent). Für China zeichnet sich eine Seitwärtsbewegung ab, wobei Exporte
(+1,9 Prozent) im grünen, Importe (-1,1 Prozent) im roten Bereich liegen.

Für Russland weisen die Indikatorwerte eine Zunahme des Seehandels und
damit der Exporte (+2,2 Prozent) und Importe (+1,1 Prozent) aus.

„Der Januar beschert dem deutschen und europäischen Außenhandel große
Sprünge und damit einen guten Start ins neue Jahr. Deutschland profitiert
offenbar von einer hohen Nachfrage nach deutschen Produkten im Ausland,
die sich auch im hohen Auftragsbestand der Industrie zeigt“, sagt Timo
Hoffmann, Projektverantwortlicher für den Kiel Trade Indicator. „Chinas
Handel dagegen hat noch Luft nach oben, die schwachen Importe deuten auf
eine gedämpfte Nachfrage im Inland hin.“

Weltweite Schiffsstaus auf Niveau vor Ausbruch der Krise

Ins positive Handelsbild passen die nachlassenden Staus auf den
Weltmeeren. Nur noch 8 Prozent aller weltweit verschifften Güter stecken
derzeit fest, zu den Hochzeiten der Lieferengpässe waren es fast 14
Prozent.

„Damit erreichen die Schiffsstaus erstmals seit Ausbruch der Corona-
Pandemie und seitdem das Containerschiffnetzwerk außer Takt geraten ist
wieder ein Niveau, das bereits vor der Pandemie erreicht wurde und das
nicht als Störung eingestuft werden muss“, so Hoffmann.

Weniger Güter werden auf Seeweg verschifft

Ursächlich für den Staurückgang dürfte vor allem auch sein, dass weltweit
weniger Güter über den Seeweg gehandelt werden. Die Menge an weltweit
verschifften Standard-Containern liegt im Januar nur bei gut 13 Millionen
Stück, vor gut einem Jahr waren es 14 Millionen Container pro Monat.

„Erklären lässt sich dies zum einen damit, dass Spediteure im Zuge von
Schiffsstaus und explodierten Frachtraten vermutlich alternative
Transportwege über Schiene oder Straße organisiert haben und diese nun
beibehalten. Zudem hat Chinas Nachfrageschwäche Folgen: Das
Frachtaufkommen im Roten Meer – der wichtigsten Seehandelsroute zwischen
Europa und China – liegt spürbar unterhalb der normalerweise üblichen
Menge vor Ausbruch der Corona-Krise. Verantwortlich für die Lücke ist
überwiegend weniger Fracht von Europa nach China“, so Hoffmann.

„Freie Frachtkapazitäten, ein Containerschiffnetzwerk auf dem Weg ins
Gleichgewicht und Aufholpotenzial in China – insgesamt lässt die
Entwicklung im Januar auf einen längeren Aufschwung im internationalen
Handel hoffen.“

Die nächsten Aktualisierungen des Kiel Trade Indicator erfolgen am 21.
Februar (ohne Medieninformation) und am 7. März (mit Medieninformation für
die Handelsdaten im Februar).

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle
75 Länder finden Sie auf www.ifw-kiel.de/tradeindicator.

Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von
75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im
Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die
EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer
Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in
Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter
Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die
Schiffsbewegungen in reale, saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber dem
Vormonat.

Die Auswertung erfolgt zweimal im Monat. Um den 20. (ohne Pressemeldung)
für den laufenden und den folgenden Monat und um den 5. (mit
Pressemeldung) für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst.
Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die
effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen.
Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch
für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen
Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich
umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang
einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen
statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt
mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich
die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöh