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Der Welthandel hat sich im März deutlich schwächer entwickelt als in den
Vormonaten, und das obwohl China im März den Abwärtstrend der Vormonate
stoppen und insbesondere Zuwächse der Importe verbuchen konnte. Dies geht
aus dem jüngsten Update des Kiel Trade Indicator hervor
(Vormonatsvergleich, preis- und saisonbereinigt). In den USA entwickeln
sich Exporte als auch Importe im März deutlich negativ. Die Indikatorwerte
für Europa fallen leicht negativ aus. Für Russland zeigt der Indikator ein
deutliches Importplus an.

Der Welthandel insgesamt verliert nach einem starken Jahresanfang an
Dynamik und dürfte laut jüngstem Update des Kiel Trade Indicator mit einem
Minus von 3,8 Prozent eine deutliche Abwärtsbewegung vollzogen haben
(preis- und saisonbereinigt).

Vor allem für die USA signalisiert der Indikator im März im Vergleich zum
Februar ein deutliches Minus der Importe (-4,7 Prozent) und der Exporte
(-4,0 Prozent). Die Entwicklung in Nordamerika beeinflusst auch maßgeblich
die Abschwächung des Welthandels.

„Nachdem die amerikanische Bevölkerung das in der Pandemie angesparte
Vermögen ausgegeben hat, scheinen die Menschen aufgrund der Inflation
wieder mehr zu sparen und somit weniger für Konsumprodukte aus Übersee
auszugeben. Die größten Containerhäfen der USA an den jeweiligen
Küstenregionen (Los Angeles/Long Beach, Houston und New York/New Jersey)
haben teilweise Monatsrückgänge von etwa 10 Prozent verbucht“, sagt
Vincent Stamer, Leiter Kiel Trade Indicator.

China konnte im März den Abwärtstrend der Vormonate stoppen: Es zeichnet
sich ein deutliches Plus der Importe (+5,5 Prozent) und eine positive
Tendenz der Exporte (+1,6 Prozent) ab.

Auch für Russland scheint sich ein Zuwachs des Außenhandels abzuzeichnen
mit einem Plus der Importe im Vergleich zum Vormonat von 7,4 Prozent und
der Exporte von 2,6 Prozent.

Die Indikatorwerte für Europa insgesamt und Deutschland sind leicht
negativ.

Nachdem die Frachtmenge im Roten Meer etwa ein Jahr zeitweise deutlich
unter den eigentlich zu erwartenden Mengen blieb, erreichte sie im März
wieder erwartete Größenordnungen. Dies könnte nach schwachen Wintermonaten
im Handel zwischen Europa und China nun eine Kehrtwende signalisieren.
Betrachtet man im Roten Meer nur die Fahrtrichtung von Asien nach Europa,
zeigt die Analyse, dass asiatische Exporte nach Europa zwar nicht über die
Erwartungen hinausgewachsen sind, diese jedoch zumeist getroffen haben.
Maßgeblich für den Rückgang der Frachtmenge im Roten Meer im vergangenen
Jahr waren also Warenflüsse aus Europa (und zu geringerem Teil aus
Nordamerika) nach Asien.

Als Resultat des schwächeren Handels zwischen Asien und Europa, sowie als
Ergebnis von neu ausgelieferten Containerschiffen, sind die kurzfristig
verhandelten Frachten (Spotraten) für Containertransporte auf das
Vorkrisenniveau zurückgefallen. Mit Frachtraten von 1.400 US-Dollar für
den Transport eines Containers von China nach beispielsweise Deutschland
liegen die Frachtraten bei zehn Prozent ihres Höchststandes aus dem Herbst
2021. Dieser Trend könnte auch europäische Importe aus Fernost in den
kommenden Monaten kostengünstiger werden lassen.

Auffällig ist gleichzeitig, dass Frachtraten von Europa nach Asien im
gesamten Zeitraum seit der Pandemie im Trend leicht gefallen sind. Dies
ist ebenfalls ein Indiz dafür, dass Warenexporte von Europa nach Asien
eine Schwächephase durchlebt haben.

Die nächsten Aktualisierungen des Kiel Trade Indicator erfolgen am 21.
April (ohne Medieninformation) und am 5. Mai (mit Medieninformation für
die Handelsdaten im April).

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle
75 Länder finden Sie auf https://www.ifw-kiel.de/de/themendossiers
/internationaler-handel/kiel-trade-indicator/


Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von
75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im
Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die
EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer
Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in
Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter
Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die
Schiffsbewegungen in preis- und saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber
dem Vormonat.


Die Auswertung erfolgt zweimal im Monat. Um den 20. (ohne Pressemeldung)
für den laufenden und den folgenden Monat und um den 5. (mit
Pressemeldung) für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst.
Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die
effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen.
Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch
für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen
Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich
umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang
einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen
statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt
mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich
die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.