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Der negative Ausblick von Mitte Juli bestätigt sich: Die Werte des Kiel
Trade Indicator für den Welthandel und auch für den Handel großer
Volkswirtschaften sind im Juli im Vergleich zum Juni durchweg negativ
(preis- und saisonbereinigt). Bereits die Schiffsbewegungen der ersten
Monatshälfte verhießen nichts Gutes, mit Vorliegen der Daten für den
kompletten Monat fällt die Vorhersage noch schlechter aus. Ursache dürften
vor allem die weltweit eingetrübten Konjunkturaussichten sein. Die
aktuellen, schlechten Nachrichten vom Seeverkehr – Niedrigwasser im
Panamakanal und die Havarie in der Nordsee – bleiben für das Gesamtbild
folgenlos.

Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator weist für den Welthandel
im Juli im Vergleich zum Vormonat Juni ein deutliches Minus von 1,6
Prozent aus (preis- und saisonbereinigt).

Für Deutschland liegen die Werte des Kiel Trade Indicator sowohl für
Exporte (-0,4 Prozent) als auch Importe (-1,2 Prozent) im roten Bereich.
Gleiches gilt in noch etwas stärkerem Maße für die EU-Exporte (-1, 6
Prozent) und -Importe (-1,5 Prozent).

„Die konjunkturelle Eintrübung hat Europa fest im Griff, in den
wirtschaftlich stärksten Ländern Deutschland und Frankreich war die
Stimmung in den Unternehmen in den letzten zehn Jahren nur im Pandemiejahr
2020 noch schlechter, das macht sich jetzt auch in den Handelszahlen
bemerkbar“, sagt Vincent Stamer, Leiter Kiel Trade Indicator.

„Die Einschränkungen im Panamakanal durch das Niedrigwasser sind dagegen
für Europa nahezu folgenlos, zu gering ist die Bedeutung der Handelsroute.
Durch die Havarie in der Nordsee waren überhaupt keine Einschränkungen für
den Seeverkehr zu beobachten.“

Bedeutung von China als Exportmarkt geht zurück

Den im Vergleich kräftigsten Rückgang verzeichnen die USA bei den Exporten
(-3,7 Prozent), auch die Importe (-0,8) sind negativ.

„Im Gegensatz zu Europa zeichnet sich für Nordamerika eine konjunkturelle
Bodenbildung im Stimmungsbild der Unternehmen ab, trotz ebenfalls
schlechter Handelszahlen im Juli ist der Ausblick für die USA daher
grundsätzlich besser“, so Stamer.

Bei Chinas Handel ist nach dem Aufwärtstrend der vergangenen Monate ein
Rücksetzer zu beobachten, Exporte (-1,6 Prozent) und Importe (-0,7
Prozent) liegen im roten Bereich. „China importiert inflationsbereinigt
spürbar weniger Waren aus der Welt als in der Boomphase 2021“, so Stamer.

Chinas Anteil an deutschen Exporten ist im ersten Halbjahr von 7 Prozent
im Vorjahr auf 6,2 Prozent in diesem Jahr gefallen. Die USA sind mit einem
Anteil von fast 10 Prozent das wichtigste einzelne Abnehmerland für
deutsche Exporte.

Rückläufige Aktivität auf den Weltmeeren

Ins Bild der schwachen Handelszahlen im Juli passt die leicht rückläufige
Aktivität auf den Weltmeeren. Die Menge an verschifften Standardcontainern
sank auf rund 13,7 Millionen und damit um 1 Prozent unter ihr Zwischenhoch
im Mai und nunmehr 4 Prozent unter ihr Allzeithoch im Frühjahr 2022.

Die Staus in der Containerschifffahrt gehen leicht zurück, und die Menge
an verschifften Waren im Roten Meer, der wichtigsten Seehandelsroute
zwischen Europa und Asien, sinkt um rund 50.000 Standardcontainer und
liegt damit rund 13 Prozent unter dem eigentlich zu erwartenden Wert.

Die nächsten Aktualisierungen des Kiel Trade Indicator erfolgen am 22.
August (ohne Medieninformation) und am 7. September (mit Medieninformation
für die Handelsdaten im August).

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle
75 Länder finden Sie auf https://www.ifw-kiel.de/de/themendossiers
/internationaler-handel/kiel-trade-indicator/
.

Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von
75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im
Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die
EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer
Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in
Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter
Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die
Schiffsbewegungen in preis- und saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber
dem Vormonat.

Die Auswertung erfolgt zweimal im Monat. Um den 20. (ohne Pressemeldung)
für den laufenden und den folgenden Monat und um den 5. (mit
Pressemeldung) für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst.
Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die
effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen.
Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch
für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen
Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich
umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang
einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen
statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt
mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich
die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.