Pin It

Der weltweite Handel legt im September eine Verschnaufpause ein. Im
Vergleich zum überraschend starken August zeigen die Werte des Kiel Trade
Indicator eine Seitwärtsbewegung an (preis- und saisonbereinigt). Recht
deutlich fällt die Gegenbewegung für Deutschland aus, wo Importe und
Exporte im roten Bereich liegen. Insgesamt zeigt sich das
Containerschiffnetzwerk stabil: Die Menge an verschifften Gütern ist hoch,
Stillstand geht zurück und die Frachtraten sinken deutlich.

Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator weist für den Welthandel
im September im Vergleich zum Vormonat August mit einem Plus von 0,2
Prozent auf eine Seitwärtsbewegung hin (preis- und saisonbereinigt).

Für Deutschland liegen die Septemberwerte sowohl für Exporte (-1,8
Prozent) als auch Importe (-1,9 Prozent) recht eindeutig im roten Bereich.

Auch für die EU ist der Exportwert (-1,2 Prozent) negativ, die Importe
(-0,2 Prozent) dürften ungefähr auf Vormonatsniveau liegen.

In den USA hingegen, deren Konjunktur im dritten Quartal positiver
verlaufen dürfte als jene der EU, liegen Exporte (+0,4 Prozent) und
Importe (+0,2 Prozent) im September leicht im positiven Bereich bzw.
laufen seitwärts. Chinas Exporte (+0,5 Prozent) dürften gegenüber August
leicht steigen, Importe (-0,8 Prozent) leicht sinken.

„Nachdem die Handelswerte des Kiel Trade Indicator für den August
überraschend positiv ausgefallen waren, deuten sie für den Septemberhandel
nun wieder tendenziell seitwärts. Besonders ausgeprägt ist die
Gegenbewegung nach unten in Deutschland“, sagt Vincent Stamer, Leiter Kiel
Trade Indicator.

Frachtraten sinken deutlich

Positive Nachrichten für deutsche Exporteure kommen durch stark
verbilligte Frachtraten, die mittlerweile unter den Durchschnitt der Jahre
vor der Corona-Pandemie gefallen sind. Insbesondere auf der
transatlantischen Verbindung zu Häfen der Vereinigten Staaten sind die
Kosten pro Container binnen eines Jahres von über 8.000 US-Dollar auf nun
etwas über 1.000 US-Dollar gesunken. Während der Pandemie waren die
Transportkosten regelrecht explodiert.

„Für deutsche Exporteure ist es nun wieder deutlich günstiger, Waren zu
verschiffen. Davon dürfte auch die von hohen Energiekosten getroffene
Chemieindustrie profitieren, wo Transportkosten typischerweise einen
großen Teil des Handelswertes ausmachen“, so Stamer.

Mehr Güter auf See unterwegs, Staus gehen zurück

Insgesamt zeigt der Welthandel nach einem schwachen Jahresverlauf aber
auch Zeichen der Widerstandsfähigkeit. Die geschätzte Menge an global
verschifften Standardcontainern stieg im September sprunghaft an und
übertraf die Marke von 14 Millionen deutlich. Dies ist auch auf die
positive Entwicklung des vergangenen Monats zurückzuführen, denn im August
verschiffte Ladung dürfte auf vielen Strecken auch im September noch
unterwegs sein.

Außerdem verläuft die konjunkturelle Entwicklung der asiatischen
Schwellenländer inklusive Chinas vergleichsweise dynamisch. Dort ist die
Nutzung von Containerschiffen das Transportmittel erster Wahl.

Die Staus in der Containerschifffahrt gehen zurück, nur noch gut 7 Prozent
aller weltweit verschifften Waren stecken derzeit fest, ein im
historischen Vergleich unauffälliger Wert.

Die nächste Aktualisierung des Kiel Trade Indicator erfolgt am 7. November
(mit Medieninformation für die Handelsdaten im Oktober).

Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle
75 Länder finden Sie auf www.ifw-kiel.de/tradeindicator (https://www.ifw-
kiel.de/de/themendossiers/internationaler-handel/kiel-trade-indicator/).

Über den Kiel Trade Indicator

Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von
75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im
Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die
EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer
Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in
Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter
Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die
Schiffsbewegungen in preis- und saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber
dem Vormonat.

Die Auswertung erfolgt einmal im Monat um den 5. und liefert aktualisierte
Handelszahlen für den vergangenen und den laufenden Monat.

An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst.
Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die
effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen.
Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch
für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.

Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen
Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich
umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang
einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen
statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt
mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich
die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.