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COVID-19: Raumluft in Krankenhäusern und Pflegeheimen erfordert mehr Aufmerksamkeit

Empfehlungen gegen Ausbreitung von COVID-19 über Aerosole in Räumen - vorallem in Krankenhäusern und Pfelegeheimen  Beate Richter, TROPOS
Empfehlungen gegen Ausbreitung von COVID-19 über Aerosole in Räumen - vorallem in Krankenhäusern und Pfelegeheimen Beate Richter, TROPOS
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Empfehlungen gegen Ausbreitung von COVID-19 über Aerosole in Räumen - vorallem in Krankenhäusern und Pfelegeheimen  Beate Richter, TROPOS
Empfehlungen gegen Ausbreitung von COVID-19 über Aerosole in Räumen - vorallem in Krankenhäusern und Pfelegeheimen Beate Richter, TROPOS

Internationales Forscherteam legt Empfehlungen vor, wie die Ausbreitung
von COVID-19 über Aerosole in Räumen reduziert werden kann
Um die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in
Krankenhäusern und Pflegeheimen einzudämmen sind eine Vielzahl von
Maßnahmen notwendig. Besonders wichtig sei es, eine angemessene Strategie
zum Schutz des Gesundheitspersonals vor der Übertragung aus der Luft zu
entwickeln. Der Raumluft in solchen Einrichtungen und der Weiterbildung
des Personals sollte daher mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, empfehlen
Forschende des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) in
Leipzig, des CSIR-National Physical Laboratory in New Delhi, des Institute
of Atmospheric Science and Climate in Rom und von 2B Technologies,
Colorado. Aus Sicht der Aerosol-Fachleute sei es notwendig, verschiedene
Maßnahmen zu kombinieren, schreibt das Forscherteam im Fachjournal
International Journal of Environmental Research and Public Health in einem
redaktionellen Beitrag. Dazu zählen beispielsweise regelmäßiges Lüften,
das Kontrollieren des Frischluftverbrauchs per CO2-Monitor und die
Verwendung von Luftbefeuchtern, um die relative Luftfeuchtigkeit in
Innenräumen bei 40 bis 60 Prozent zu halten. Wenn nicht ausreichend
gelüftet werden kann, dann sei auch der Einsatz von mobilen Luftreinigern
angebracht.

Das Risiko der Ansteckung ist in Krankenhäusern und Pflegeheimen besonders
hoch, da sich Infizierte und Gesunde lange in einem Raum aufhalten können
und das Virus dabei über unsichtbare Aerosolpartikel in der Luft auch über
Entfernungen von mehreren Metern übertragen werden kann. Medienberichten
zufolge soll es bereits in fast einem Zehntel der 12.000 Alten- und
Pflegeheime in Deutschland COVID-19-Erkrankungen geben. Auch bei den
Neuinfektionen in Sachsen gelten Heime inzwischen als Hotspot für
Neuinfektionen.

Seit Ausbruch der Pandemie Anfang 2020 häufen sich Berichte zu
Übertragungen über Aerosol-Partikel in der Raumluft von Krankenhäusern und
Pflegeheimen. Dazu zählen wissenschaftliche Berichte aus Krankenhäusern in
China und den USA, aber auch aus einem Pflegeheim in den Niederlanden, wo
sich das Virus offensichtlich über das Lüftungssystem über
Aerosolpartikeln verbreiten konnte weil auf einer Station ungefilterte
Innenluft im Kreis zirkulierte. Als weiterer Beweis wurde SARS-CoV-2 auf
den Staubfiltern der Klimaanlage dort nachgewiesen. „Die Komplexität der
Aerosol-Übertragung von SARS-CoV-2, insbesondere in Innenräumen, ist noch
lange nicht gelöst und es besteht die Notwendigkeit, geeignete Richtlinien
zum Schutz des medizinischen Personals zu erstellen. Wir versuchen daher
mit dieser Publikation Empfehlungen zu geben für Maßnahmen, die nicht nur
zur Eindämmung der momentanen, sondern auch von zukünftigen Viruspandemien
beitragen könnten“, berichtet Prof. Alfred Wiedensohler vom TROPOS.

Die Ausbreitung des Virus über Aerosole ist nach Ansicht vieler Fachleute
ein wesentlicher Grund dafür, dass die Zahlen der Corona-Infektionen in
Europa im Herbst drastisch gestiegen sind. Die Menschen halten sich länger
innen auf und mit sinkenden Temperaturen werden viele Innenräume deutlich
seltener gelüftet. Die Konzentrationen an Viren in der Luft kann dabei
stark ansteigen, wenn sich Infizierte im Raum aufhalten. Einfache Mund-
Nasen-Masken können zwar den Ausstoß der Viren über die Atemwege deutlich
reduzieren, aber nicht völlig verhindern. Mit der Anzahl der Personen und
der Dauer des Aufenthalts im Raum kann daher das Risiko deutlich
ansteigen. Besonders betroffen sind davon Krankenhäuser und Pflegeheime,
weil dort zusätzliche Risikofaktoren hinzukommen: besonders empfindliche
Personen, sehr langer Aufenthalt in einem Raum und mitunter medizinische
Verfahren wie Intubation auf Intensivstationen, bei denen viel Aerosol
produziert wird.

Mit einer Reihe von Maßnahmen kann die Viren-Ausbreitung über die Raumluft
reduziert werden. Allerdings gibt es keine einzelne Maßnahme, die dies
vollständig leisten kann, sondern es kommt darauf an, die Innenraumluft zu
kontrollieren und verschiedene Maßnahmen zu kombinieren:
„Als Schutz gegen die Übertragung von SARS-CoV-2 über die Luft in
geschlossenen Räumen besonders bei kaltem und trockenem Wetter empfehlen
wir Luftbefeuchter, um die relative Luftfeuchtigkeit im Raum im Bereich
von 40 bis 60 Prozent zu halten und das Risiko einer Atemwegsinfektion zu
verringern. Im Bereich um etwa 50 Prozent relative Luftfeuchtigkeit sind
die menschlichen Schleimhäute am widerstandsfähigsten gegenüber
Infektionen und außerdem können die Viren in den Aerosolpartikeln weniger
lange überleben als bei trockenerer oder sehr feuchter Luft“, erklärt Dr.
Ajit Ahlawat vom TROPOS.
Sehr wichtig ist, dass ständig genug Frischluft über die Klimaanlage oder
durch Lüften zugeführt wird. Mit Messgeräten für Kohlendioxid (CO2) kann
dies kontrolliert werden. Erreicht die CO2-Konzentration in der Raumluft
einen Wert von 1000ppm, dann ist es höchste Zeit, zu lüften. Der hohe
CO2-Wert innen zeigt an, dass sich viel ausgeatmete Luft im Raum befindet.
Sollte sich im Raum eine infizierte Person befinden, dann würden auch
viele Viren mit den Aerosolen in der Luft schweben und könnten von einer
gesunden Person eingeatmet werden. Das Heizungs-, Lüftungs- und
Klimasystem (englisch: HVAC) sollte eine Mindesteffizienz von MERV-13
haben, um selbst sehr kleine Partikel aus der Luft zu filtern. (MERV steht
für Minimum Efficiency Reporting Value und ist eine Norm aus den USA, die
von der American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning
Engineers (ASHRAE) festgelegt wurde.)
Wenn es nicht möglich ist, den Raum ausreichend zu lüften, dann sollte
versucht werden, die Konzentration von Viren in der Raumluft durch
Luftreiniger zu reduzieren. Diese Luftreiniger sollten jedoch über so
genannte HEPA-Filter (High Efficiency Particle Absorbing) verfügen.
Luftreiniger können jedoch immer nur eine zusätzliche Maßnahme sein, da
sie die Zufuhr von Frischluft und damit Sauerstoff nicht ersetzen können.

Besonderen Schutz braucht das medizinische Personal bei Verfahren und
chirurgischen Eingriffen, bei denen potenziell infektiöse Aerosolpartikel
entstehen - wie z.B. Zahnbehandlungen oder Intubation auf
Intensivstationen. Dabei sollten ventilfreie Partikelfiltermasken, so
genannte Atemschutzmasken wie z.B. N95, getragen und darauf geachtet
werden, dass diese dicht auf der Haut aufliegen. „Vermeiden Sie die
Verwendung der Atemschutzmasken des Typs FFP2 und FFP3, die über ein
Ausatemventil oder eine Belüftung verfügen, da diese Arten von
Atemschutzmasken nicht ausreichen. Zur Risikominderung sollte auch
Schutzausrüstung wie eine Schutzbrille getragen werden“, rät Dr. Francesca
Costabile vom Institute of Atmospheric Science and Climate (ISAC) in Rom.
Darüber hinaus empfehlen die Forschenden, bei Patienten mit COVID-19,
aerosolerzeugende Verfahren und Behandlungen nach Möglichkeit zu
vermeiden, um das Infektionsrisiko für das medizinische Personal zu
verringern. Zu den aerosolerzeugenden Behandlungen gehören in der Regel
Medikamente, die über einen Zerstäuber verabreicht werden. Um das Risiko
einer Aerosolbildung von SARS-CoV-2 durch den Vernebelungsprozess zu
vermeiden, sollten inhalierende Medikamente nach Möglichkeit mit einem
Dosier-Inhalator und nicht mit einem Zerstäuber verabreicht werden.

Umsicht sei auch bei der Desinfektion der Räume angebracht: „Wir
empfehlen, die Desinfektion mit UV-C-Licht nicht zu oft anzuwenden. Obwohl
bekannt ist, dass das UV-C-Licht die SARS-CoV-2-Viren zerstört, erhöht es
letztlich die Ozonkonzentrationen in Innenräumen und kann sich so negativ
auf die Gesundheit auswirken, wenn die Raumluft nicht ausreichend
ausgetauscht wird“, betont Dr. Sumit Kumar Mishra vom CSIR - National
Physical Laboratory. Negative Folgen kann auch das Versprühen von
oxidierenden Chemikalien in der Luft wie z.B. Wasserstoffperoxid (H2O2)
haben. In Innenräumen führen dieses Chemikalien zu toxischen chemischen
Reaktionen, die weitere Luftschadstoffe erzeugen und das zentrale
Nervensystem und die Lungen der Menschen schädigen.

Die Weiterbildung des Personals von Krankenhäusern und Pflegeheimen sei
extrem wichtig, um die Virenausbreitung über die Raumluft zu verhindern,
betont das internationale Forschungsteam. Das medizinische Personal müsse
angemessen geschult werden, damit es die Empfehlungen befolgen kann. Es
sei wichtig, auf die Risiken durch die Übertragung von SARS-CoV-2 über die
Luft aufmerksam zu machen. Solche Empfehlungen könnten - wenn sie von den
Gesundheitsbehörden angemessen zur Verfügung gestellt und vom
medizinischen Personal umgesetzt werden - deutlich dazu beitragen, das
Risiko der Übertragung über die Luft in Krankenhäusern und Pflegeheimen zu
verringern, bis Impfungen großflächig wirken werden. Tilo Arnhold

Publikation:
Ahlawat, A.; Mishra, S.K.; Birks, J.W.; Costabile, F.; Wiedensohler, A.
Preventing Airborne Transmission of SARS-CoV-2 in Hospitals and Nursing
Homes. Int. J. Environ. Res. Public Health 2020, 17, 8553. DOI:
10.3390/ijerph17228553
https://doi.org/10.3390/ijerph17228553

Empfehlungen zur Reduzierung der Aerosol-Übertragung von SARS-CoV-2 in
Innenräumen für die Wintersaison auf der Grundlage wissenschaftlicher
Veröffentlichungen:
https://www.tropos.de/fileadmin/user_upload/Aktuelles/News/Bilder/Bilder_2020
/201209_Schutz_vor_COVID19_innen_-_Empfehlungen_Winter_-_de.pdf

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