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(v.l.n.r.) Prof. Julia Hauer mit dem Kernteam der Transitionssprechstunde: Kinderonkologin Dr. Judith Lohse, Ulrike Grundmann, Leiterin des Psychosozialen Teams des Sonnenstrahl e. V. und Dr. Katharina Egger-Heidrich, Medizinische Klinik I.  Marc Eisele  Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
(v.l.n.r.) Prof. Julia Hauer mit dem Kernteam der Transitionssprechstunde: Kinderonkologin Dr. Judith Lohse, Ulrike Grundmann, Leiterin des Psychosozialen Teams des Sonnenstrahl e. V. und Dr. Katharina Egger-Heidrich, Medizinische Klinik I. Marc Eisele Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Carl
Gustav Carus Dresden hat mit Unterstützung des Sonnenstrahl e.V. Dresden
im November eine Transitionssprechstunde für onkologische Patienten im
Alter von 16 bis 25 Jahren ins Leben gerufen. Diese Sprechstunde vereint
die onkologische Expertise der Pädiatrie mit der der Erwachsenenmedizin
des Uniklinikums sowie mit den psychosozialen Angeboten des Sonnenstrahl
e.V. Ziel ist es, auch über den 18. Geburtstag hinaus eine ganzheitliche
ambulante Nachsorge der Krebspatienten auf höchstem Niveau
sicherzustellen.

Um das Angebot der Transitionssprechstunde für  jugendliche Krebspatienten
auf den Weg zu bringen, geht der Sonnenstrahl e.V. Dresden in Vorleistung,
in dem er eine Anschubfinanzierung für eine Pflegekraft gewährt und im
Rahmen der Sprechstunde den Part der psychosozialen Beratung übernimmt.

Für viele von Krebserkrankungen betroffene Jugendliche bedeutet der
Wechsel in die Erwachsenenmedizin einen massiven Bruch: Gemeinsam mit
ihrer Familie müssen sie sich häufig eigenständig einen oder mehrere
niedergelassene Spezialisten suchen und zu diesen ein ähnliches
Vertrauensverhältnis aufbauen, welches bei der Versorgung durch die
pädiatrische Onkologie selbstverständlich war. Daraus erwächst die Gefahr,
dass einzelne Elemente einer leitliniengerechten Nachsorge vernachlässigt
werden. Im Rahmen der neuen Transitionssprechstunde setzen sich die
Vertreter der unterschiedlichen Fachgebiete mit den Patienten und deren
Eltern zusammen, um einen möglichst optimalen Übergang in die
Erwachsenenmedizin sicherzustellen.

„An die stationären Krebstherapien für Kinder und Jugendliche schließt
sich in der Regel eine sehr langfristige Nachsorge von zehn und manchmal
auch mehr Jahren an“, sagt Prof. Julia Hauer, Leiterin der pädiatrischen
Onkologie am Dresdner Uniklinikum. „In unserer Ambulanz können wir die
Patienten jedoch in der Regel nur bis zum 18. Lebensjahr ganzheitlich
versorgen. Dies umfasst die Diagnostik ebenso wie die Konsultation
weiterer Fachgebiete wie beispielsweise die Orthopädie, Kinderchirurgie
oder die Neurologie. Dieses ganzheitliche, gemäß den Behandlungsleitlinien
gut strukturierte Behandlungskonzept sollte auch nach Erreichen des
Erwachsenenalters fortgesetzt werden. Bisher hatten viele Patienten und
ihre Familien Probleme, dies zu organisieren. Diese Lücke soll nun die
Transitionssprechstunde schließen.“

„Mit dem neuen Angebot einer über die bisher üblichen Altersgrenzen
hinausgehenden fachübergreifenden, ambulanten Nachsorge, belegt die
Hochschulmedizin erneut ihre führende Position in der Krebsmedizin“, sagt
Prof. Michael Albrecht, Medizinische Vorstand des Dresdner Uniklinikums:
„Die Transitionssprechstunde ist ein wichtiges Element, um die
Nachhaltigkeit in der Krebstherapie weiter zu verbessern. Das konstruktive
Miteinander unserer Klinken und die finanzielle wie personelle
Unterstützung durch den Sonnenstrahl e.V. bieten die besten
Voraussetzungen, dieses Pilotprojekt erfolgreich zu starten, um es dann in
die Regelversorgung zu überführen.“ „Wir freuen uns sehr, dass das
Uniklinikum die Transitionssprechstunde einrichtet und wir als Partner
dabei sein dürfen. Damit schließt sich eine Lücke im Bereich der
Nachsorge. Wie alle unsere Angebote werden wir auch dieses über Spenden
finanzieren und freuen uns über weitere Unterstützer“, sagt Andreas
Führlich, Vorsitzender des Sonnenstrahl e. V. Der Verein fördert die
Etablierung der Sprechstunde durch die anteilige Finanzierung einer
Pflegestelle sowie das ambulante psychosoziale Angebot.

Neues Angebot als Konsequenz verbesserter Therapieoptionen

Mit der neuen Sprechstunde erweitert der auf Krebstherapien spezialisierte
Bereich der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin sein Portfolio, um dem
medizinischen Fortschritt in der pädiatrischen Onkologie gerecht zu
werden: „Kinder und Jugendliche mit Krebserkrankungen profitieren von
immer besseren Therapieoptionen, was oft jedoch zu einer verlängerten
Behandlungsdauer führt. Dadurch erreichen immer mehr unserer Patienten
noch während der Therapie das Erwachsenenalter“, sagt Prof. Julia Hauer.
„Gleichzeitig leiden etwa 60 Prozent der Jugendlichen und jungen
Erwachsenen, die sich im Kindesalter einer intensiven Krebstherapie
unterziehen mussten, auch nach Abschluss der Behandlung an mittelschweren
bis schweren Nebenwirkungen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, auch
nach der initialen Therapie eine langfristig angelegte Betreuung in einem
strukturierten Behandlungskonzept anbieten zu können.“

Eine weitere Herausforderung für viele Patienten und deren Familien ist,
dass sie neben ihrer Krebserkrankung ganz besondere Bedürfnisse haben.
Dazu gehören die Wiedereingliederung in die Schule oder Ausbildung, aber
auch Fragen etwa zur Partnerschaft oder der Familiengründung. „Unsere
Patienten können sehr von einer gelungenen Transition – in diesem Falle
der Überführung von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin – profitieren.
Damit lassen sich nicht nur die langfristigen Risiken beziehungsweise
Folgen der massiven Krebstherapien minimieren, sondern auch die weitere
körperliche und seelische Entwicklung fördern“, betont Prof. Julia Hauer.
Das Kernteam der Transitionssprechstunde bilden die Kinderonkologin Dr.
Judith Lohse, Dr. Jan Moritz Middeke von der Medizinischen Klinik I des
Dresdner Uniklinikums, Ulrike Grundmann, Leiterin des Psychosozialen Teams
des Sonnenstrahl e. V., und Michaela Krake, die als Krankenschwester für
die organisatorischen Fragen der neuen Sprechstunde verantwortlich ist.

„Wenn junge Erwachsene selbständig werden, vernachlässigen sie die
Nachsorge teils völlig, weil sie kein Vertrauen zu neuen Ärzten finden und
sich unwohl fühlen. Deshalb gibt es einen großen Bedarf an einer
Transitionssprechstunde“, berichtet Ulrike Grundmann und beschreibt dies
an einem typischen Fall: „Die Familie war vollkommen überfordert, als ihr
Sohn volljährig wurde und die Versorgung durch die kinderonkologische
Ambulanz des Uniklinikums endete. Obwohl die Krebserkrankung seit vielen
Jahren geheilt war, beschäftigten Spätfolgen und soziale Themen die
Familie weiterhin. Die Unsicherheit den ‚richtigen‘ Arzt zu finden, löste
in der Mutter große Ängste aus und brachte ihr schlaflose Nächte.
Schließlich fand die Familie über Gespräche mit anderen Betroffenen den
passenden Arzt und wurde durch die Beratungsstelle des Sonnenstrahl e. V.
begleitet, um die Unsicherheiten und Ängste zu bewältigen. Eine
Transitionssprechstunde hätte dieser Familie viel Leid erspart und den
Übergang leichter gestaltet.“