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Konventionelle Herzchirurgie präsentiert sich mit überragenden Langzeitdaten

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Eindrücke vom amerikanischen Herzchirurgenkongress in Los Angeles:

(Berlin, 30. Mai 2023) Im Mai dieses Jahres trafen sich Herzchirurginnen
und Herzchirurgen aus aller Welt in Los Angeles zum Kongress der
amerikanischen Herz- und Thoraxchirurgie (American Association for
Thoracic Surgery - AATS):

- Patienten profitieren von der Ross-Prozedur
- Bei angeborenen Anomalien der Aortenklappe zeigt herzchirurgische
Operation besseres Langzeitüberleben
- Minimalinvasive Operationstechniken sind sicher und mit einer
schnelleren Rehabilitation und Mobilisation assoziiert
- Herzchirurgische Bypass-Versorgung: auch für ältere Patienten besseres
Langzeitüberleben

Klassische Herzchirurgie, die in den meisten Fällen durch einen direkten
Zugang zum Herzen über eine Eröffnung des Brustbeins durchgeführt wird,
hat in den letzten Jahren „Konkurrenz“ bekommen. Grund dafür ist die
Entwicklung mehr und mehr sog. interventioneller Verfahren, die ebenfalls
in der Lage sind, Probleme an den Herzklappen oder den Herzkranzgefäßen zu
behandeln, aber ohne Eröffnung des Brustbeins, sondern mit Hilfe eines
Katheters, der über die Leiste oder den Arm zum Herzen vorgeführt wird.
Diese interventionellen Verfahren, die von spezialisierten Kardiologen
durchgeführt werden, haben erheblich an Beliebtheit bei Patienten und an
Anzahl der Anwendungen gewonnen. Allerdings sind die Langzeitergebnisse
dieser Interventionen oft nicht bekannt.

Beim diesjährigen Kongress der amerikanischen herzchirurgischen
Gesellschaft präsentierte die konventionelle Herzchirurgie herausragende
Langzeitergebnisse, was in den folgenden „Highlights“ des Kongresses zum
Ausdruck kommt:

Patienten profitieren von der Ross-Prozedur
Ein Gigant der internationalen Herzchirurgie, Sir Magdi Yacoub aus London,
präsentierte Daten von 108 Patienten, die eine Ross Operation erhielten.
Bei dieser komplexen Operation wird eine erkrankte Aortenklappe durch die
eigene Pulmonalklappe des Patienten ersetzt. Die dann fehlende
Pulmonalklappe wird wiederum durch eine konservierte menschliche
Spenderklappe ausgetauscht. Diese Operation ist prominent geworden durch
die Anwendung bei dem österreichisch-amerikanischen Schauspieler Arnold
Schwarzenegger Ende der 1990er Jahre und war über Jahre umstritten.
Die Studie von Sir Magdi Yacoub zeigt eine herausragende
Langzeithaltbarkeit und ein Überleben, welches sich nicht von dem der
altersangepassten Normalbevölkerung unterscheidet. Prof. Tirone David,
einer der renommiertesten Aortenklappenchirurgen der Welt, kommentierte
diesen Höhepunkt und unterstrich die besondere Bedeutung dieser Operation.
Er betonte allerdings im Kontext, dass eine besondere operative Expertise
nötig sei, um derart gute Ergebnisse erzielen zu können.
Aus Patientensicht sind diese Ergebnisse besonders wertvoll, da es sich
bei dieser Operation um eine biologische Lösung handele, von der vor allem
junge Patienten profitieren. Diese werden ansonsten meist mit einer
mechanischen Klappenprothese sinnvoll versorgt, bei der eine
Normalisierung der Lebenserwartung bisher nicht ganz erreicht werden
konnte, und bei der zudem die lebenslange Zugabe von Blutgerinnungshemmern
nötig ist.

Bei angeborenen Anomalien der Aortenklappe zeigt herzchirurgische
Operation besseres Langzeitüberleben
Eine zweite interessante Studie verglich den konventionellen,
chirurgischen Ersatz einer verengten Aortenklappe (AKE) mit den neuen
Transkatheterverfahren (TAVI) bei Patienten, die eine angeborene Anomalie
der Aortenklappe aufweisen (sog. biskuspide Aortenklappe), was oft zu
einer verfrühten Degeneration führt. Diese Patienten wurden in den
standardisierten Vergleichen (sog. randomisierte Studien) bisher
ausgeschlossen.

Die Autoren (Chen und Kollegen aus Los Angeles, USA) analysierten ein
großes amerikanisches Register und wendeten statistische Verfahren zur
Risikoangleichung an. In diesem Vergleich zeigte sich initial kein echter
Vorteil durch das Katheterverfahren und nach drei Jahren war bei der
klassischen Chirurgie die Sterblichkeit signifikant niedriger. Diese
Daten, die an Patienten mit recht niedrigem Operationsrisiko erhoben
wurden, bestätigen andere bisher veröffentlichte Registerstudien, die die
Langzeitergebnisse der neuen interventionellen Verfahren in Frage stellen
(derartige Daten gibt es aus Deutschland, Italien, Frankreich und Polen).

Minimalinvasive Operationstechniken sind sicher und mit einer schnelleren
Rehabilitation und Mobilisation assoziiert
Trotz dieser herausragenden Therapieerfolge der klassischen Herzchirurgie
bleibt die Sorge um die Eröffnung des Brustbeins bei Patienten und
konservativen Medizinern groß. Auch hier konnten auf dem Kongress
wesentliche neue Erkenntnisse präsentiert werden. Prof. Akowuah von den
South Tees Hospitals in England präsentierte die „Mini-Mitral Studie“, bei
den Rekonstruktionen der Mitralklappe entweder über ein eröffnetes
Brustbein oder über einen minimalinvasiven Zugang an der rechten Brust
durchgeführt wurden. Die Studie zeigte keine Unterschiede im Ergebnis nach
12 Wochen, konnte aber eine schnellere Mobilisierbarkeit und eine frühere
Entlassung der Patienten aus dem Krankenhaus belegen. Eine Eröffnung des
Brustbeins ist damit für eine erfolgreiche Reparatur einer Mitralklappe in
den Händen von Experten nicht mehr nötig.

Im gleichen Kontext faszinierte auch eine Präsentation von Prof.
Oleksander Babliak aus Kiew. Seine Gruppe versorgte über einen minimal-
invasiven Zugang an der linken Brust nicht nur das Herz mit koronaren
Bypässen, sondern rekonstruierte gleichzeitig eine erkrankte Mitralklappe.

Herzchirurgische Bypass-Versorgung: auch für ältere Patienten besseres
Langzeitüberleben
Schließlich wurde auch ein Vergleich zwischen der interventionellen
Behandlung der koronaren Herzerkrankung (Stentimplantation) mit der
klassischen Bypassoperation bei Patienten im Alter von über 80 Jahren
präsentiert. Die Autoren (Kirov und Kollegen aus Jena in Deutschland)
fassten alle verfügbaren Daten zu diesem Thema in einer Meta-Analyse
zusammen und demonstrierten auch bei diesen Patienten, die oft als zu alt
für eine Operation angesehen werden, eine signifikanten Überlebensvorteil
für die Bypassoperation gegenüber dem Stent. Dieser Vorteil hatte den
Preis einer etwas höheren operativen Sterblichkeit, war aber mit deutlich
weniger Herzinfarkten der bypassoperierten Patienten vergesellschaftet,
was von den Autoren als Ursache für den Effekt angesehen wird.

Privat-Doz. Dr. Färber (Universitätsklinikum Jena) präsentierte relevante
Daten aus einem der größten Register für minimalinvasive
Mitralklappenchirurgie (Mini-Mitral International Registry). An der Studie
waren 17 Herzzentren in Europa, Amerika, Ozeanien und Asien mit ca. 6.500
Patienten beteiligt. Prof. Oleksander Babliak aus Kiew präsentierte im
Kontext Daten, bei denen Herzpatienten über einen minimal-invasiven Zugang
an der linken Brust nicht mit Bypassgrafts versorgt wurden, sondern
gleichzeitig die erkrankte Mitralklappe rekonstruiert wurde.

All diese Arbeiten betonen die herausragenden Therapieerfolge mit
konventionellen herzchirurgischen Verfahren. Insofern kann Patienten, bei
denen sowohl interventionelle als auch herzchirurgische Verfahren in Frage
kommen, nur geraten werden, in jedem Falle auch die herzchirurgische
Meinung vor einer Behandlung einzuholen bzw. eine Konsens-Entscheidung vom
etablierten Herz-Team zu fordern, wie es auch die Leitlinien vorsehen und
vorgeben.

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