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Immunologie bei Kindern mit Rheuma: Weg von der reinen Symptombehandlung, hin zur personalisierten Medizin

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Rheumatische Erkrankungen treten nicht - wie oft angenommen - nur bei
Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen auf. Auch bei ihnen
greifen Zellen des Immunsystems fälschlicherweise körpereigenes Gewebe wie
Gelenke, Knochen, Bindegewebe, Gefäße oder innere Organe an. Das
Verständnis von Ursachen für Rheuma, auch möglicher zugrundeliegender
seltener Immundefekte, kann dabei helfen, durch "maßgeschneiderte"
Immunmodulationen, betroffenen Kindern die Chance auf ein beschwerdefreies
Leben zu bieten. Die Rolle von Immundefekten bei der Entstehung
rheumatischer Erkrankungen erläuterten Expert:innen bei der
Pressekonferenz anlässlich des Dt. Rheumatologiekongresses in Leipzig.

"Unter Immundefizienz wird eine Gruppe von verschiedenen angeborenen,
seltenen Krankheitsbildern verstanden, die meist aufgrund von Mutationen
einzelner Gene entstehen. Diese Krankheitsbilder werden in der Fachwelt
unter dem Namen „inborn errors of immunity (IEI)“ zusammengefasst ",
erklärt Dr. med. Maria Fasshauer, Oberärztin am Zentrum für Kinder- und
Jugendrheumatologie, Klinikum St. Georg Leipzig und Kongresspräsidentin
der GKJR. Immundefizienz kann nahezu alle Komponenten des Immunsystems
betreffen. Inzwischen sind fast 500 primäre Immundefekterkrankungen
bekannt. Weil diese Erkrankungen oft nur durch ein einziges defektes Gen
vererbt werden, könnten sie, so die Expertin, als „Experiment der Natur“
verstanden werden. Sie geben der Forschung Einblicke in immunologische
Signalwege und geben so in ein besseres Verständnis der Mechanismen des
Immunsystems.

Die meisten immunologischen Störungen bei Kindern zeichnen sich durch eine
übermäßig hohe Infektionsanfälligkeit aus. "Viele IEI gehen aber auch -
scheinbar paradoxerweise - mit Immundysregulation wie Autoimmunität oder
Autoinflammation, durch das eigene Immunsystem scheinbar grundlos
ausgelöste Entzündungen, einher. Sie können sogar Erstsymptom oder
Hauptmerkmal der IEI sein", erläutert Fasshauer.

In den letzten zehn Jahren wurde durch moderne genetische
Sequenzierungsmethoden eine zunehmende Anzahl an IEI identifiziert, die
sich auch in Form rheumatischer Erkrankungen manifestieren können. "Trotz
ihrer Seltenheit ermöglicht das Verständnis dieser angeborenen Störungen
im Immunsystem Ein-blicke in die Mechanismen der Immunregulation, die auch
bezüglich der Entstehung von Rheuma von Relevanz sind", sagt Dr.
Fasshauer. Entscheidend sei daher, insbesondere bei jungen Patient:innen
zu prüfen, ob zugrundeliegende Immundefekte erkennbar sind. Ist dies der
Fall, kann durch maßgeschneiderte Immunmodulation, zum Beispiel mit
bestimmten Biologika oder sogenannten "small molecule inhibitors", ganz
gezielt in den fehlerhaften Mechanismen dieser Krankheitsbilder
eingegriffen werden. Rheumatische Symptome, wie Entzündun-gen, können so
zum Teil ganz gezielt unterdrückt werden.

Das Verständnis der Verbindung von Immunologie und Rheumatologie
ermöglicht gezielte therapeutische Ansätze nicht nur in Bezug auf seltenen
Immundefekterkrankungen, sondern auch die häufiger vorkommenden,
multifaktoriellen, rheumatischen Erkrankungen. "Die Immunologie nimmt
einen immer größeren Raum in unserem Fach ein. Zurecht, denn sie hilft
uns, zu verstehen, welche Ursachen rheumatische Erkrankungen haben können.
In der Kinder- und Jugendrheumatologie begegnen wir besonders häufig
Immundefekten, da diese zumeist angeboren sind und sich daher früh im
Leben eines Menschen zeigen können", sagt Professor Dr. med. Baerwald,
Kongresspräsident der DGRh aus Leipzig. Umso wichtiger sei es,
ausreichende Versorgungsstrukturen auch für junge Patient:innen zu
schaffen.

Den Videomitschnitt der Pressekonferenz können Sie hier ansehen:
https://attendee.gotowebinar.com/recording/116349654469492056

Quellen:

1 Bousfiha  A. et al. The 2022 Update of IUIS Phenotypical Classification
for Human Inborn Errors of Immunity. J Clin Immunol. 2022;
42(7):1508-1520. doi: 10.1007/s10875-022-01352-z.

2 Abraham RS, Butte MJ. The new "wholly trinity" in the diagnosis and
management of inborn er-rors of immunity. J Allergy Clin Immunol Pract.
2021;9(2):613–625. doi: 10.1016/j.jaip.2020.11.044.

3 Thalhammer J. et al. Initial presenting manifestations in 16,486
patients with inborn errors of immunity include infections and
noninfectious manifestations. J Allergy Clin Immunol. 2021;
148(5):1332-1341.e5. doi: 10.1016/j.jaci.2021.04.015.

4 Farmand S. et al. AWMF Leitlinie: Diagnostik von primären Immundefekten;
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/112-001.html

5 Berner J. et al. Phosphomevalonate kinase deficiency expands the genetic
spectrum of systemic autoinflammatory diseases. J Allergy Clin Immunol.
2023; S0091-6749(23)00809-6. doi: 10.1016/j.jaci.2023.06.013.

6 Perez E. Future of Therapy for Inborn Errors of Immunity. Clin Rev
Allergy Immunol. 2022; 63(1): 75–89. doi: 10.1007/s12016-021-08916-8

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