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Herzstiftung fördert Aufbau eines Patientenregisters zur Herzschwäche bei
Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH): Wertvolle Daten für mehr
Sicherheit und neue Therapieansätze. Gefahr durch Komplikationen: Wie EMAH
von regelmäßiger Nachsorge, Prävention und Gesundheitsförderung
profitieren

Weltweit leben rund 50 Millionen Erwachsene mit einem angeborenen
Herzfehler, mehr als 360.000 allein in Deutschland. Damit ist die Zahl der
erwachsenen Patienten – Ärzte verwenden auch die Abkürzung EMAH –
inzwischen größer als jene der Kinder mit einem angeborenen Herzfehler
(AHF). Während vor 100 Jahren noch 70 bis 80 Prozent der jungen Patienten,
die einen relevanten Herzfehler hatten, verstorben sind, erreichen heute
dank des medizinischen Fortschritts in den Industrienationen etwa 95
Prozent das Erwachsenenalter, viele von ihnen mit einer hohen
Lebensqualität. Um diese ermutigende Erfolgsgeschichte fortschreiben zu
können, arbeiten EMAH-Spezialisten mehrerer deutscher Herzzentren mit
Unterstützung der Deutschen Herzstiftung am Aufbau eines
Patientenregisters zur Herzschwäche (Herzinsuffizienz). Zudem bemühen sie
sich darum, mehr Betroffene für regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen zu
motivieren und ihnen zu vermitteln, wie sie von Prävention und der
Gesundheitsförderung profitieren können. Darüber informiert die
Herzstiftung derzeit auch im Rahmen ihrer traditionellen Herzwochen im
November, die unter dem Motto „Herzkrank? Schütze Dich vor dem
Herzstillstand!“ stehen. Einer der Hintergründe: Angeborene Herzfehler
sind eine mögliche Ursache für den plötzlichen Herztod, der in Deutschland
jedes Jahr etwa 65.000 Menschen aus dem Leben reißt. Die Prävention dieses
dramatischen Ereignisses ist Schwerpunkt der diesjährigen
Aufklärungskampagne mit Infos unter https://herzstiftung.de/herzwochen.
Auch EMAH sind von dieser Problematik betroffen. Ein derartiges Ereignis
ist in sehr vielen Fällen die Folge einer schwerwiegenden
Herzrhythmusstörung. Aber auch im Rahmen anderer Ereignisse kann bei EMAH
ein plötzlicher Herztod auftreten, beispielsweise bei Thromboembolien,
Herzinfarkten oder Einrissen der Aorta (Hauptschlagader).

Experten-Netzwerk aus mehreren deutschen Kliniken erstellen Datenbank
In das neue EMAH-Patientenregister „Pathfinder-AHF“ für EMAH mit einer
Fehlfunktion der Herzkammer und/oder Herzschwäche (Herzinsuffizienz), das
vor einem Jahr mithilfe einer Anschubfinanzierung der Deutschen
Herzstiftung in Höhe von 83.000 Euro ins Leben gerufen worden ist, sind
bereits die Daten von etwa 1500 Patienten mit sehr unterschiedlichen
Herzfehlern eingeflossen, die eine nicht normale Herzfunktion bis hin zur
Herzinsuffizienz oder eine entsprechende Präposition (Veranlagung) dafür
haben. Die Datenbank soll kontinuierlich wachsen und wertvolle
Erkenntnisse zu einer Vielzahl der zum Teil überaus komplexen Herzfehler
oder Herzfehler-Kombinationen liefern.
„Solche Register liefern valide Daten zum Langzeitverlauf – und damit
wertvolle Ansätze, um unsere Patientinnen und Patienten noch besser
behandeln zu können. Sie helfen uns unter anderem dabei,
Risikokonstellationen frühzeitig zu erkennen und die therapeutischen
Möglichkeiten besser zu bewerten“, erklärt Prof. Dr. Dr. Harald Kaemmerer,
Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung, und
langjähriger Leiter der Ambulanz im Internationalen EMAH-Zentrum der
Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie (Direktor: Prof.
Dr. Peter Ewert) am Deutschen Herzzentrum München. Der renommierte
Wissenschaftler wirbt um weitere finanzielle Unterstützung für einen
Ausbau des Patientenregisters: „Es ist einer der Schlüssel, die
Versorgungsqualität für unsere Patienten weiter zu verbessern.“

Herzstiftungs-Experte: Viele EMAH verpassen Möglichkeiten der Vor- und
Nachsorge
Ein weiterer Sicherheitsaspekt für EMAH sind regelmäßige Vor- und
Nachsorgeuntersuchungen. Die Notwendigkeit erklärt Prof. Kaemmerer seinen
Patienten oft anhand eines Alltags-Beispiels: „Wenn Sie Auto fahren,
müssen Sie alle zwei Jahre zum Tüv. Wenn Sie einen Herzfehler haben,
sollten sie ebenso von Zeit zu Zeit zum Gesundheits-Tüv gehen. Nicht
deshalb, weil man unbedingt einen Schaden finden will, sondern um
sicherzustellen, dass man ruhigen Gewissens weiter durchs Leben steuern
kann.“ Das große Problem: Sehr viele EMAH nutzen diese Chance nicht. Nach
Daten der Deutschen Herzstiftung, die im Herzbericht 2022 veröffentlicht
wurden, stellten sich nur rund 30.000 der mehr als 360.000 Betroffenen zu
Kontrolluntersuchungen in den Ambulanzen der spezialisierten deutschen
EMAH-Zentren vor.
Oft verabschieden sich die Patienten bereits beim Übergang von der Jugend
ins junge Erwachsenenalter aus dem flächendeckend in Deutschland
verfügbaren Nachsorgesystem („Transition“). Wenn Kinder mit einem
angeborenen Herzfehler volljährig werden, blenden sie ihre Erkrankung aus
– oftmals, weil sie keine Beschwerden haben. Sie wollen dann
uneingeschränkt Sport treiben, eine Familie gründen, sich einen Beruf
suchen, ohne dabei an ihren angeborenen Herzfehler zu denken. „Doch das
kann fatale Folgen haben“, warnt Prof. Kaemmerer. „Mitunter landen die
Patienten dann als Notfälle in den Kliniken, und wir Ärzte stehen vor dem
Dilemma, dass wir ihnen dann nicht mehr gut helfen können.“

350 EMAH-Spezialisten in Deutschland verfügen über wichtige
Zusatzausbildung
Auch deshalb rät die Deutsche Herzstiftung zu regelmäßigen
Nachsorgeuntersuchungen bei einem EMAH-Spezialisten. „Eine Untersuchung
beim Hausarzt oder bei einem Kardiologen, der auf erworbene
Herzerkrankungen fokussiert ist, reicht oftmals nicht aus. Beide
Disziplinen sind für die oft sehr komplexe Betreuung von EMAH nicht
ausreichend ausgebildet – insbesondere, wenn es sich um komplexe
Herzfehler handelt, deren Betreuung fachlich extrem herausfordernd und
sehr zeitaufwendig sein kann“, erläutert EMAH-Experte Kaemmerer. Dies kann
aber in Deutschland von spezialisierten EMAH-Zentren sowie auch von
niedergelassenen Kardiologen und Kinderkardiologen übernommen werden, die
eine Zusatzausbildung auf diesem Gebiet der Herzmedizin erworben haben.
Die Adressen dieser rund 350 Spezialisten in Kliniken und Praxen finden
sich auf der Website der Deutschen Herzstiftung (Stichwort „Dein
Herzlotse“) unter  https://herzstiftung.de/dein-herzlotse
Gerade nach einer erfolgreichen Behandlung im Kindesalter verlieren
Patienten mit einem angeborenen Herzfehler mitunter aus dem Blick, dass
sie trotzdem mit dieser chronischen Erkrankung und ihren Folgen umgehen
müssen. Experten sprechen von Rest- und von Folgezuständen. Restzustände
entstehen dann, wenn ein bestimmter angeborener Herzfehler nur in Teilen
behoben wurde. Ein Beispiel: So wird bei bestimmten Verengungen der
Hauptschlagader (Aortenisthmusstenose) die häufig ebenfalls fehlgebildete
Aortenklappe nicht mitbehandelt, weil sie (noch) keine Probleme verursacht
und den Eingriff nur komplizieren würde. Folgezustände sind demgegenüber
Einschränkungen, die durch einen Eingriff entstanden sind, etwa durch das
Einsetzen einer künstlichen Herzklappe oder einer Gefäßstütze (Stent).

EMAH-Patienten sind vor zusätzlichen Herzerkrankungen nicht gefeit
Rest- und Folgezustände erfordern eine lebenslange Kontrolle durch einen
EMAH-Spezialisten. Dieser kann seinen Patienten auch sehr individuell über
wichtige Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung beraten. „Bei
der EMAH-Nachsorge gilt es zu berücksichtigen, dass zusätzlich zu den
Problemen, die der angeborene Herzfehler mit sich bringt, auch
Komplikationen durch erworbene Herzerkrankungen entstehen können. Dazu
zählen beispielsweise die Koronare Herzkrankheit, erworbene Herzfehler und
Herzrhythmusstörungen“, erläutert Kaemmerer. Hinzu kommen auch andere
Organerkrankungen, zum Beispiel an Leber, Niere, Lunge, Nervensystem oder
Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder
Fettstoffwechselstörungen, die sich durch effektive Therapie heute gut
behandeln lassen. Voraussetzung sind allerdings in jedem Fall regelmäßige
Untersuchungen bei einem Spezialisten. Nicht selten ließen sich die
hieraus resultierenden Konsequenzen abmildern oder vermeiden, wenn
rechtzeitig entsprechende vorbeugende, gesundheitsfördernde Maßnahmen
ergriffen würden.

Service-Tipps
Über den plötzlichen Herztod bei EMAH berichten Prof. Kaemmerer und
Kollegen am Deutschen Herzzentrum München in dem Artikel „Gefahr schwer
einzuschätzen“ in dem Ratgeber „Herzkrank? Schütze Dich vor dem
Herzstillstand!“ (158 S.). Der Ratgeber kann kostenfrei per Tel. unter 069
955128-400 (E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) angefordert werden.

Das Interview „Riskante Lücke“ mit Prof. Kaemmerer in der HERZ heute-
Ausgabe 3/2023 „Leben mit angeborenem Herzfehler“ widmet sich der
aktuellen Versorgungslage von EMAH. Ein Exemplar dieser Ausgabe kann
kostenfrei per Tel. unter 069 955128-400 (E-Mail:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) angefordert werden.

Mit dem Online-Suchdienst „Dein Herzlotse“ bietet die Kinderherzstiftung
in der Deutschen Herzstiftung unter https://herzstiftung.de/dein-herzlotse
einen zuverlässigen und aktuellen Arzt- und Klinikfinder.
Informationen für EMAH bietet die Herzstiftung kostenfrei unter
https://herzstiftung.de/emah-ratgeber