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Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zu
Plattenepithelkarzinomen und Adenokarzinomen des Ösophagus aktualisiert.
Gegenüber der S3-Leitlinie von 2022 ergeben sich Änderungen in der
operativen Therapie, in der Nachsorge und besonders in der systemischen
Therapie. Die Leitlinie entstand unter Federführung der Deutschen
Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und
Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und unter Mitwirkung von 25
Fachgesellschaften und Organisationen.

Beim Ösophaguskarzinom werden zwei Gruppen unterschieden: Das
Plattenepithelkarzinom tritt in der Speiseröhre meist in Höhe des Hals-
und Brustbereichs auf. Adenokarzinome entstehen in der Regel im unteren
Speiseröhrenabschnitt, der in den Magen mündet. Der Tumor versursacht im
frühen Stadium kaum Beschwerden, deshalb wird er meist erst in einem
fortgeschritteneren Stadium diagnostiziert. Laut Prognosen des Robert
Koch-Instituts sind im Jahr 2020 1.800 Frauen und 6.100 Männer neu an
Speiseröhrenkrebs erkrankt. Das mittlere Erkrankungsalter bei Frauen
beträgt 71 Jahre, bei Männern 67 Jahre. Das Ösophaguskarzinom zählt zu den
Krebserkrankungen mit schlechter Prognose. Die relative 5-Jahres
Überlebensrate liegt bei 22 bis 24 Prozent.

Die Diagnostik und Therapie des Speiseröhrenkrebses sind sehr komplex. Die
Speiseröhre befindet sich nahe am Bronchialsystem und an der Lunge. Dies
erfordert hohe technische Anforderungen beim operativen Eingriff. In der
aktualisierten Leitlinie wurde deshalb präzisiert, dass Ösophagus-
Operationen von in dieser Operation erfahrenen Chirurg*innen durchgeführt
werden sollten.

Neue Empfehlungen für die palliative Therapie
„Das Ziel der systemischen Palliativtherapie ist neben der Verlängerung
des Überlebens auch der Erhalt der Lebensqualität. Kürzlich abgeschlossene
klinische Phase-III-Studien zeigen den Stellenwert von Immuntherapien in
der Systemtherapie von nicht kurativ behandelbarem Speiseröhrenkrebs,
sowohl beim Plattenepithelkarzinom als auch beim Adenokarzinom. Konkret
zeigen platinbasierte Chemotherapien in Kombination mit einem Checkpoint-
Inhibitor einen signifikanten Überlebensvorteil“, so Professor Dr.
Matthias Ebert von der Universitätsmedizin Mannheim. Er ist zusammen mit
Professor Dr. Rainer Porschen vom Kreiskrankenhaus Osterholz Koordinator
der S3-Leitlinie.

Zur Erstlinientherapie des fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren
Adenokarzinoms wurde deshalb eine neue evidenzbasierte Empfehlung
aufgenommen. Bei negativem HER2-Status (human epidermal growth factor
receptor 2) und Nachweis von PD-L1 (programmed cell death ligand 1) soll
nun eine platinbasierte Chemotherapie in Kombination mit einem Checkpoint-
Inhibitor durchgeführt werden. Analog dazu wird für Patient*innen mit
einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ
behandelbaren Plattenepithelkarzinom und Nachweis von PD-L1 eine
platinbasierte Chemotherapie in Kombination mit einem Checkpoint-Inhibitor
empfohlen. Bei einem PD-L1 TPS ≥ 1 Prozent kann alternativ die Kombination
zweier Checkpoint-Inhibitoren als alleinige Immuntherapie eingesetzt
werden.

„Es hat sich gezeigt, dass Immun-Checkpoint-Inhibitoren besonders bei
Tumoren
mit hochfrequenter Mikrosatelliten-Instabilität (MSI-high) oder mit einer
Mismatch-
Reparatur-Defizienz (dMMR) hochwirksam sind“, führt Ebert weiter aus. „Wir
empfehlen deshalb die Bestimmung dieser Parameter bei Patient*innen, die
unter einer Tumorprogression während einer Erstlinientherapie leiden oder
wenn danach ein Rezidiv auftritt. Diesen Betroffenen sollte nach dem
Versagen einer Erstlinientherapie eine Therapie mit einem Checkpoint-
Inhibitor angeboten
werden, sofern zuvor keine Immuntherapie eingesetzt wurde.“

Die S3-Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar https://www
.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/oesophaguskarzinom.

Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert.
Weitere Informationen unter: https://www.leitlinienprogramm-
onkologie.de/app/

Das Leitlinienprogramm Onkologie
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für
Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei
speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument
zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar.
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die
Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten
Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung
und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und
praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen.
Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 34 S3-Leitlinien, die zu einem
großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen.
Mehr unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/home

Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und
Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e.V.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und
Stoffwechselkrankheiten wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft
zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr
fast 7000 in Klinik und Forschung tätige Ärztinnen und Ärzte unter einem
Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und
Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv
den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die
Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und
Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle der
Patientinnen und Patienten. https://www.dgvs.de/