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Für ihre exzellenten Arbeiten in der Krebsmedizin und -forschung erhalten
Prof. Dr. Michaela Frye, Prof. Dr. Lena Maier-Hein, beide Deutsches
Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg, und Prof. Dr. Claus Rödel,
Universitätsklinikum Frankfurt, den Deutschen Krebspreis 2024. Der Preis
der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebsstiftung zählt zu
den höchsten Auszeichnungen in der Onkologie und wird jährlich in den
Sparten „Experimentelle Forschung“, „Translationale Forschung“ und
„Klinische Forschung“ vergeben. Im Rahmen des diesjährigen Deutschen
Krebspreises erhält Prof. Dr. Stephanie Stock von der Uniklinik Köln den
Sonderpreis „Versorgungsforschung“, der erstmalig vergeben wird.

Neuartige therapeutische Strategien auf Basis von RNA-Modifikationen

In der Kategorie „Experimentelle Forschung“ erhält Michaela Frye, Leiterin
der Abteilung „Regulatorische Mechanismen der Genexpression“ am DKFZ, den
Deutschen Krebspreis für ihre wegweisenden Forschungsarbeiten über
chemische RNA-Modifikationen, die zur Entwicklung von Krebs,
Metastasierung und Therapieresistenz beitragen. Die Arbeitsgruppe von Frye
ist führend in diesem Forschungsgebiet. Frye wies beispielsweise erstmalig
nach, dass Mutationen in RNA-modifizierenden Enzymen Erkrankungen
verursachen können. Sie entdeckte dabei neue biologische Mechanismen, die
entscheidend zur Tumorentwicklung und zur Chemotherapie-Resistenz
beitragen. Unter anderem zeigte das Team um Frye, dass spezifische RNA-
Modifikationen in Mitochondrien – Zellorganellen, die auch als Kraftwerke
der Zelle bezeichnet werden – an der Metastasenbildung maßgeblich
beteiligt sind. Aggressive, metastatische Krebszellen nutzen
Mitochondrien, um ihren Energiestoffwechsel dynamisch an neue zelluläre
Umgebungen anzupassen. Mitochondriale RNA-Modifikationen fördern die
Ausbreitung von Krebszellen, indem sie die Proteinsynthese antreiben und
dabei die metabolische Flexibilität von aggressiven, invasiven und
metastasierenden Kopf-Hals-Karzinomen erhöhen. Inhibitoren mitochondrialer
RNA-Modifikationen könnten daher ein neues Behandlungskonzept gegen
Metastasenbildung darstellen.

Neue Methoden der KI-gestützten Bildgebung in der onkologischen Chirurgie
etabliert

Die diesjährige Krebspreisträgerin für „Translationale Forschung“, Lena
Maier-Hein, hat Pionierarbeit zur Methodenentwicklung der KI-basierten
Bildgebung bei onkologischen Operationen geleistet. Die
Diplominformatikerin leitet am DKFZ die Abteilung „Intelligente
Medizinische Systeme“ und ist geschäftsführendes Direktoriumsmitglied des
Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg. Maier-Hein
ist als Professorin sowohl an der Medizinischen Fakultät als auch an der
Fakultät für Mathematik und Informatik der Universität Heidelberg tätig.
Ihre Forschung trägt maßgeblich dazu bei, dass die onkologische Chirurgie
nicht nur von exzellenter individueller Expertise des Operateurs abhängt,
sondern dass zunehmend auch die KI nutzenbringend zum Einsatz kommt. Die
von Maier-Hein entwickelten KI-basierten Methoden eröffnen eine völlig
neue Art der intra-operativen Bildgebung, die in Echtzeit sowohl Struktur
als auch Funktion von Gewebe darstellt. Der Einsatz von KI könnte so
Abläufe während der Operation optimieren und die Behandlungsqualität für
Krebspatient*innen verbessern. Zudem haben ihre Arbeiten zur klinisch
relevanten Validierung von KI-Algorithmen neue Maßstäbe in der
translationalen medizinischen Bildverarbeitungsforschung gesetzt.

Therapieoptimierung des Rektumkarzinoms durch Vielzahl von Studien

Die Auszeichnung mit dem Deutschen Krebspreis in der Kategorie „Klinische
Forschung“ erhält Claus Rödel, Direktor der Klinik für Strahlentherapie
und Onkologie am Universitätsklinikum Frankfurt sowie Professor an der
Goethe-Universität und Direktoriums-Mitglied des Universitären Centrums
für Tumorerkrankungen (UCT) Frankfurt. Er ist ein international
renommierter Experte für die multimodale Behandlung des Rektumkarzinoms
und langjähriger Sprecher der German Rectal Cancer Study Group (GRCSG). In
Kooperation mit der Assoziation Chirurgische Onkologie sowie den
Arbeitsgemeinschaften Internistische Onkologie und Radiologische Onkologie
der Deutschen Krebsgesellschaft hat die GRCSG in den vergangenen 25 Jahren
eine Vielzahl prospektiver, randomisierter Studien zur Therapieoptimierung
des Rektumkarzinoms durchgeführt. Diese fanden weltweit Beachtung und
führten teilweise zur Etablierung neuer Standardtherapien, wie
beispielsweise die neoadjuvante Radiochemotherapie vor Operation oder die
Entwicklung der sogenannten „totalen neoadjuvanten Therapie“. Nach diesen
neoadjuvanten Behandlungskonzepten kann unter bestimmten Voraussetzungen
eine Operation vermieden und ein Organerhalt ermöglicht werden. Dies hat
die Behandlungsoptionen bei Patient*innen mit Rektumkarzinom entscheidend
erweitert.

Sonderpreis für „Versorgungsforschung“: verbesserte Versorgung von Frauen
mit erblicher Belastung für Brust- und Eierstockkrebs

Erstmalig wird im Rahmen des Deutschen Krebspreises ein Sonderpreis für
„Versorgungsforschung“ vergeben. Dieser geht an Stephanie Stock für ihre
Pionierarbeit zur Stärkung der Patient*innenzentrierung sowie zur
Kompetenzsteigerung der Pflegefachkräfte in der onkologischen Versorgung.
Die Professorin für angewandte Gesundheitsökonomie und patientenzentrierte
Versorgung und Kommissarische Leiterin des Instituts für
Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie an der Uniklinik Köln
konnte mit ihrer Forschung die Versorgung von Frauen mit einer erblichen
Belastung für Brust- und Eierstockkrebs erheblich verbessern. Frauen mit
einer nachgewiesenen BRCA1/2-Mutation haben ein erhöhtes Risiko, an Brust-
oder Eierstockkrebs zu erkranken. Sie haben mehrere Optionen zur
Prävention, hierzu zählt etwa eine intensivierte risikoadaptierte
Früherkennung oder auch eine Mastektomie, eine vollständige oder teilweise
Entfernung der Brust. Mit ihrer Arbeit fördert Stock die
Gesundheitskompetenz der Betroffenen sowie die partizipative
Entscheidungsfindung. Unter ihrer Leitung wurde das erste evidenzbasierte
Entscheidungscoaching für Frauen mit einer BRCA1/2-Mutation entwickelt,
das in Deutschland vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur
Implementierung in die Regelversorgung empfohlen wurde.

Der Deutsche Krebspreis
Der Deutsche Krebspreis wird seit 1986 jährlich zu gleichen Teilen für
hervorragende Arbeiten im deutschsprachigen Raum verliehen:
- in der experimentellen onkologischen Grundlagenforschung
(experimenteller Teil),
- in der translationalen Forschung (Transfer experimenteller
Forschungsergebnisse in den klinischen Bereich),
- in der Tumordiagnostik und -behandlung (klinischer Teil).

Jede Kategorie ist mit 7.500 Euro dotiert. Stifter des Deutschen
Krebspreises sind die Deutsche Krebsgesellschaft und die Deutsche
Krebsstiftung. Mehr auf https://www.deutscher-krebspreis.de

Wissen aus erster Hand – die Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) – eine Nachfolgeorganisation
des 1900 gegründeten „Comité für Krebssammelforschung“ – ist die größte
wissenschaftlich-onkologische Fachgesellschaft im deutschsprachigen Raum.
Die über 8.300 Einzelmitglieder in 25 Arbeitsgemeinschaften, die 16
Landeskrebsgesellschaften und 36 Fördermitglieder sind in der Erforschung
und Behandlung von Krebserkrankungen tätig. Die DKG engagiert sich für
eine Krebsversorgung auf Basis von evidenzbasierter Medizin,
Interdisziplinarität und konsequenten Qualitätsstandards, ist
Mitinitiatorin des Nationalen Krebsplans und Partnerin der „Nationalen
Dekade gegen Krebs“.
https://www.krebsgesellschaft.de/