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Richard Galliano – Paolo Fresu – Jan Lundgren im KKL LuzernGrundinformationen:

Der junge Galliano nahm Unterricht in Posaune, Harmonie und Kontrapunkt an der Musikakademie Nizza. Sein Vater war Akkordeonist und auch Richard lernte schon früh, dieses Instrument zu spielen. Um sein Repertoire zu vergrößern, fing er als 14-Jähriger an, systematisch und vielfältig Jazz zu hören und auf seinem Instrument nachzuspielen. Später riet ihm Astor Piazolla seinen „amerikanistischen“ Stil abzulegen und sich auf seine französische Herkunft zu besinnen: „Schaffe einen ‚Musette Neuve‘-Stil, wie ich den Tango Nuevo erfunden habe und er lud ihn sogleich ein, die erste Bandoneon Stimme in seinem „Sommernachtstraum“ zu besetzen.

Heute gilt Galliano als einer der ganz großen Jazz-Akkordeonisten. Neben seinen eigenen Gruppen arbeitete er unter anderen mit Juliette Gréco, Charles Aznavour, Ron Carter, Chet Baker, Enrico Rava, Martial Solal, Al Foster, Miroslav Vitouš, Trilok Gurtu, Jan Garbarek, Michel Petrucciani, Michel Portal, Jean Toots Thielemans, Biréli Lagrène und Wynton Marsalis.

Paolo Fresu -Richard Galliano - Jan LundgrenSein Repertoire setzt sich zusammen aus Eigenkompositionen (als seine „Standards“ bezeichnet er beispielsweise die Stücke Tango Pour Claude, Laurita, Sertao und Spleen), Interpretationen klassischer Komponisten (Johann Sebastian Bach, Antonio Vivaldi, Maurice Ravel, Peter Tschaikowski, Erik Satie), Tango-Kompositionen (überwiegend Astor Piazzolla), Kompositionen seiner Mitmusiker und – etwas seltener – aus Jazzstandards (You Must Believe In Spring, Ruby My Dear, Spain). Neben Akkordeon spielt er auf seinen Aufnahmen gelegentlich auch Accordina (eine Art Melodica oder Mundharmonika mit Knopftastatur), Posaune, Klavier, Synthesizer und Bandoneon.

Rezension:

Es kann schon mal vorkommen, dass man jemanden aus den Augen verliert.

Dass man aber auch jemanden aus den Ohren verlieren kann, wurde mir an diesem Konzert im Konzertsaal des KKL unmittelbar klar.

Richard GallianoDa Richard Galliano relativ selten in der Schweiz Konzerte gibt und wenn, dann eher in der Westschweiz, wusste ich nicht so genau, welche musikalischen Projekte er verfolgt und/oder realisiert, so war es für mich schon ein relativ drastischer Paradigmenwechsel, erwies sich doch dieses „Mare Nostrum“ als die grenzenlose Weite des musikalischen Ozeans in allen Facetten und Feinheiten und einer schier unglaublichen Intensität und nach aussen gestülpten Intimität der Protagonisten, nichts ähnelte auch nur im Geringsten an den Galliano, den ich von früher her noch im Kopf, respektive in meinem musikalischen Gedächtnis hatte. Auch überraschend für mich, dass sich Galliano sehr genau auf sein Notenblatt konzentrierte, kenn ich ihn doch eher als improvisierenden Performer. An den Ufern dieses „Mare“ bewegte sich einerseits der eher zurückhaltende nordländische Pianist Jan Lundgren, andererseits der manchmal angriffslustig extrovertierte sardische Trompeter und Flügelhornvirtuose Paolo Fresu, verbunden durch den ruhenden Pol Richard Galliano als Brückenbauer. Die Kompositionen stammen alle aus den Federn der drei an diesem Projekt beteiligten und waren deshalb auch sehr unterschiedlich wie z.B. Seagull, nach Motiven von Tschechows Möwe oder Para Jobim, eine Hommage an die brasilianische Bossa Nova Komponistenlegende  Antônio Carlos Jobim ( La Garota d`Ipanema, Corcovado, Desafinado etc.).

Paolo FresuEine Komposition nach der andern liebe- und respektvoll interpretiert. Die Zuhörer mehr und mehr angespannt, konzentriert und fasziniert liessen sich trotzdem entspannt  über diese musikalischen Wellen gleiten und tragen. Jedes Stück wurde bejubelt, den Musikern heftig applaudiert. Eine musikalische Perle nach der anderen wurde aneinandergereiht an dieser Kette der Unendlichkeit und Weitsicht.

 

 

 

 

Jan Lundgren Das beglückte Publikum feierte die Musiker frenetisch und verlangte mit nicht verebbendem Applaus nach Zugaben, die auch gewährt wurden,

zuerst mit einer Komposition von Claudio Monteverdi aus dem Jahr 1624,

das reichte aber dem Auditorium noch nicht und so gönnten uns  die Gefeierten  noch einen angedeuteten „Hummelflug“ von Rimski Korsakow und zum ultimativen Ende setzte Galliano noch ein paar Noten der „Marseillaise“, neckisch andeutend wer hier der Platzhirsch ist.

Eine Playlist des ganzen Konzertes finden Sie über unten eingefügten Link.

 

Trailer “Mare Nostrum” Paolo Fresu – Richard Galliano – Jan Lundgren

https://www.youtube.com/watch?v=1RLwZS5_gZ0

Die eher zurückhaltende Art des schwedischen Pianisten verohrschaulicht dieser Trailer: Jan Lundgren – History of Piano Jazz | Teaser 2013

www.youtube.com/watch?v=MIeMn_WDXhM

Playlist des Konzertes:

http://www.cede.ch/de/music/?branch=1&branch_sub=1&pid=368&view=detail&id=645671

Ein Konzert von: www.allblues.ch in Zusammenarbeit mit dem Jazz Club Luzern

Text: www.leonardwuest.ch

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