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Luzerner Theater Hamlet Tragödie von William ShakespeareProduktionsteam
Andreas Herrmann Inszenierung
Max Wehberg Bühne
Sabin Fleck Kostüme
David Hedinger Licht
Carolin Losch Dramaturgie

Besetzung

Christian Baus, Jörg Dathe, Hans-Caspar Gattiker, Jonas Gygax, Wiebke Kayser, Lilli Lorenz, Bettina Riebesel, David Michael Werner

 

Rezension:

vorne Wiebke Kayser, hinten Christian BausHamlet am Luzerner Theater oder wie eine Tragödie zur Komödie mutiert. Die interessante Einführung durch Dramaturgin Carolin Losch liess auf eine spannende gestrafft moderne Inszenierung schliessen, die bewusst auf langatmige Nebenhandlungen verzichten werde, um so auch die Aufführungsdauer von original ca. fünf auf ungefähr drei Stunden zu reduzieren, dem angepasst sei auch das recht karge Bühnenbild bei dem man vornehmlich mit Wind, Lichteffekten, Projektionen und viel Rauch arbeite. Rauch, der, wie Losch versicherte, gesundheitsmässig völlig ungefährlich sei und daher auch unbedenklich eingeatmet werden könne. Die Besetzung der Titelrolle durch eine weibliche Darstellerin sei auch nicht eine Novität des Luzerner Theaters, so hätte u.a. schon der bekannte Regisseur Peter Zadek (1926 – 2009) am Berliner Ensemble den Hamlet in einer gefeierten , vielbeachteten Inszenierung mit Angela Winkler (*1944) besetzt, ebenso sei dies von Wandertheatern im 17. Jahrhundert des Öfteren praktiziert worden.

Saxo GrammaticusShakespeares Hamlet beruht wahrscheinlich auf der in den Gesta Danorum berichteten Sage von Amletus, verfasst vom dänischen Geschichtsschreiber und Geistlichen Saxo Grammaticus (*um 1140, † um 1220), der seinerseits wohl auf altnordische Heldensagen zurückgegriffen haben dürfte. Ein seinerzeit durchaus übliches Vorgehen, dass man neue Stücke aus alten Erzählungen oder Vorlagen konzipierte, Heldengeschichten, Dramen, Familienepen adaptierte und in die jeweils aktuelle geopolitische Epoche versetzte. So studierte Hamlet ja in Wittenberg, der eigentlichen Hochburg der Reformation des Martin Luther, ja des Umbruches jener Zeit überhaupt und wäre sicher fähig gewesen, in Nachfolge seines Vaters zu treten und als König zu walten.

Die Aufführung begann eigentlich „normal“ indem Horatio, Hamlets engster Vertrauter die aktuelle Situation schilderte, also quasi eine Einführung ins Geschehen machte.

Die Schauspieler wie immer tadellos,  engagiert und wenn Hamlet (Wiebke Kayser) agierte, wünschte man sich nichts anderes herbei als eine ganz traditionelle Umsetzung des Stoffes. Dann aber kam es erstens anders und zweitens als gedacht.

 

Wiebke Kayser, Lilli LorenzDa in Hamlet ja schon eine „Untergeschichte“, also ein Stück im Stück (Die Mausefalle) integriert ist, war das Einfügen einer weiteren Handlung, ziemlich wirr dargeboten von den Laiendarstellern,total daneben. Ein misslungener Versuch, um jeden Preis originell zu inszenieren, eine Persiflage des unbestritten zur Weltliteratur gehörenden Werkes des englischen Dramatikers, oder es wird bisweilen, wie Alfred Tennyson sagte, als das "größte aller literarischen Werke" angesehen. Höhepunkt der Geschmacklosigkeit dann Hamlets berühmte Feststellung: Schwein oder nicht Schwein. Das ist hier die Frage! Passend wohl eher in eine der unzähligen schwachsinnigen RTL Comedy Shows!

Da ist  beim Versuch einer so gewagten Umschreibung, bzw. Umdeutung das Scheitern vorprogrammiert. Zeitgemässe Adaption war zwar in gewissen Passagen angedeutet und zu erahnen, aber leider eben nicht mehr. Wenn schon, dann hätte  das Ganze noch radikaler daherkommen müssen. Hamlet als Greenpeace Aktivist, Delegierter des IKRK, die Kombination aus Beiden, was weiss ich. Wahrscheinlich wär es einfacher und sinnvoller gewesen, grad mal einen eigenen „Hamlet“ zu schreiben, als das Original so abzuschandeln.

Wiebke Kayser Das Premierenpublikum nahm das Geschehen trotzdem erstaunlich gelassen hin und applaudierte kräftig. Mein Fazit mit Hamlets Worten: Der Rest ist Schweigen.

Text: leonardwuest.ch

Fotos: www.luzernertheater.ch

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