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Piotr Anderszewski Foto Simon Fowler Warner
Piotr Anderszewski Foto Simon Fowler Warner

Besetzung und Programm: Piotr Anderszewski  Klavier

Johann Sebastian Bach (1685–1750)
Präludium und Fuge C-Dur BWV 870 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
 
Präludium und Fuge f-Moll BWV 881 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
 
Präludium und Fuge Es-Dur BWV 876 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
 
Präludium und Fuge dis-Moll BWV 877 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
 
Präludium und Fuge As-Dur BWV 886 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
 
Präludium und Fuge gis-Moll BWV 887 aus Das Wohltemperierte Klavier, Band 2
Ludwig van Beethoven (1770–1827)
33 Veränderungen über einen Walzer von Anton Diabelli op. 120

 

Rezension:

Präludien und Fugen aus Band 2 des Wohltemperierten Klaviers von J. S. Bach

Das Wohltemperierte Klavier (BWV 846–893) ist eine Sammlung von Präludien und Fugen für ein Tasteninstrument in zwei Teilen. Teil I stellte Bach 1722, Teil II 1740/42 fertig. Jeder Teil enthält 24 Satzpaare aus je einem Präludium und einer Fuge in allen Dur- und Molltonarten, chromatisch aufsteigend angeordnet von C-Dur bis h-Moll. Davon interpretierte Anderszewski ab Präludium und Fuge C-Dur bis Präludium und Fuge Gis-Moll, deren zwölf. Dieses Instrumentalwerk das vornehmlich der Ausbildung des musikalischen Nachwuchses diente, war für den Pianisten ideal, um sich für die ungleich schwierigeren Diabelli Variationen warm zu spielen, was er aber trotzdem mit gebotener Aufmerksamkeit und grossem Können tat.

Beethovens Diabelli-Variationen op. 120.

Sie sind ein Meilenstein im Repertoire und eine Herausforderung für jeden Pianisten gleichermaßen: die 33 Variationen von Beethoven über einen Walzer von Anton Diabelli. Bis heute bilden sie einen Zyklus, der an Kühnheit, Detailfülle, Ernst und Humor in der Musikgeschichte seinesgleichen sucht. Anders als vielleicht die Goldberg-Variationen sind sie nicht „nur“ eine Verdichtung aller früheren Musik, sondern auch eine Öffnung späterer Musik. „Altes und Neues stehen nebeneinander, vielmehr: beide werden innerhalb der Entwicklungsarchitektur zu einer höheren Einheit verschmolzen. Das Prinzip des ausgleichenden Gegensatzes herrscht allenthalben: Unerbittliche kontrapunktische Strenge steht neben zartem Tasten wie in einem Nocturne (Var. 29), entfesselte Virtuosität neben lyrischen Ruhepunkten; farbige Flächigkeit wechselt mit Abschnitten, in denen schroffe Akzente das Thema gleichsam »gegen den Strich kämmen«.

Beethoven verarbeitete den Walzer in sage und schreibe 33 Variationen, die uns tatsächlich verblüffen. Das geht in schnellen bis rasanten Tempi bis hin zu ruhigen und schweren Varianten. Die Tonlagen ändern sich, die Melodien werden mal von der rechten, mal von der linken Hand übernommen. Anderszewski arbeitet diese Unterschiede auf beeindruckende Weise heraus und fasziniert mit seiner Art, gefühlvoll die Töne ausklingen zu lassen. Auch vermochte er stets mit lebendiger, plastischer Artikulation präsent zu sein, nicht zuletzt in einer ungemein farbigen, modernen Kadenz.

Der Pianist schenkte den angespannten, gebannt lauschenden Konzertbesuchern einen Höhepunkt nach dem andern, bis alle 33 Variationen interpretiert waren und der Künstler entspannt die Schultern sinken liess, kurze fast ehrfürchtige Ruhe, gefolgt von tosendem Applaus.

Text: www.leonardwuest.ch Fotos: www.lucernefestival.ch

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