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Das Publikum wartet auf das Luzerner Sinfonieorchester, das diesmal auf der Bühne sein wird Foto Marinella Polli

 

I Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn

I Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn

Giulietta Elizabeth Bailey
Roméo Solenn’ Lavanant Linke
Tebaldo Daniel Jenz
Lorenzo Vladyslav Tlushch
Opernchor Luzerner Theater
Luzerner Sinfonieorchester

Eine glanzvolle semi-konzertante Aufführung von Vincenzo Bellinis tragedia lirica in zwei Akten ‚I Capuleti e i Montecchi’ (1830 in Venedig uraufgeführt) ist seit letztem Sonntag am Luzerner Theater zu geniessen.

Eine leider selten aufgeführte Oper 

Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn
Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn

Da der Komponist die Partitur – wie es bei ihm fast jedesmal der Fall war – unter grossem Zeitdruck liefern musste, bediente er sich einiger Nummern aus seiner früheren Oper ‚Zaira’. Bellini ist und war ja für seine intensiven, reichen Melodien bekannt, und für diese wollte er auch bekannt bleiben. Die Änderungen, die er vornahm, waren in den Jahren vielleicht deswegen viele. Man weiss übrigens auch, wie sogar Wagner von seiner Fähigkeit fasziniert war, Musik und psychologische Texte zu verbinden. Das Endresultat ist was wir heute hören können, und man kann kaum verstehen, dass ein Belcanto-Juwel wie diese Oper nach der erfolgreichen Uraufführung fast in Vergessenheit geriet. Glücklicherweise, obwohl es immer noch nicht leicht ist, ‚‘I Capuleti e i Montecchi’ auf der Bühne zu erleben, scheint diese Bellinis Oper in der letzten Zeit eine wahrhaftige Renaissance zu erleben.

Das Duo Vincenzo Bellini und Felice Romani

Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn
Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn

Das Libretto schrieb Felice Romani, der wie erwähnt nicht direkt auf Shakespeare zurückgriff, sondern auf den Textbuch der Nicola Vaccais Oper ‚Giulietta e Romeo’, den er einige Jahre zuvor verfasst hatte. Die Geschichte von Romeo und Julia, bestimmt die berühmteste Liebesgeschichte aller Zeiten, fängt bei Bellini erst an, als die Katastrophe nicht mehr zu verhindern ist.

Die neue Luzerner Produktion

Dottor Lorenzo, Romeo, Giulietta und Capelio (v. l. n. r)
Dottor Lorenzo, Romeo, Giulietta und Capelio (v. l. n. r)

Am Dirigentenpult ist Jonathan Bloxham, der das Luzerner Sinfonieorchester (diesmal auf der Bühne) durch die teils stürmische teils wunderbar melancholische Partitur mit Begeisterung leitet. Maestro und Orchester bringen das Seelendrama wirklich intensiv aber mit sauberem Klang zu Gehör; einfach herzbewegend die Hörner und die Klarinette. Ohne zu sprechen von dem Cello und von der filigranen Begleitung der Arien durch die Harfe.

 

 

 

Sängerisch alle grossartig

Elizabeth Bailey als Giulietta
Elizabeth Bailey als Giulietta

Makellos auch die Leistung vom Gesangsensemble sowie vom Opernchor Luzerner Theater unter der Leitung von Manuel Bethe. Alles wird wirkungsvoll und wunderschön vermittelt. In der Rolle der Giulietta kann man Elizabeth Bailey nur bewundern; auch für die Akustik des Luzerner Hauses singt sie perfekt und mit einer sehr sauberen Intonation, einer tadellosen Gesangskunst und einer ebenmässigen Linienführung. Als Romeo kann man die Mezzosopranistin Solenn’ Lavanant Linke erleben und man kann nur staunen, wie sie mit stimmlicher Agilität und bewundernswerter Klangfarbe, so einen grossartigen, mal stürmischen und dramatischen, mal romantischen Romeo singt. Rührend schon in der AuftrittsarieAscolta, se Romeo t’uccise un figlio’, herzzerreissend  in   ‚Deh! tu bell’anima’. Die Stimmen der beiden Sängerinnen verschmelzen sich buchstäblich in den Duetten: Bellini schuf ja hier einen fantastischen Kontrast, dies auch zur vor allem mit Männerstimmen besetzten Oper. Gut und mit einer schön timbrierten Stimme Daniel Jens als Tebaldo. Sehr gut und mit tadelloser, klarer Diktion Christian Tschelebiew als gnadenloser Vater Capellio, so wie auch Vladyslav Tluschch als Dottor Lorenzo und Giuliettas Vertrauter. Stimmgewaltig, sehr präsent, und mit ihren stark geschminkten Gesichtern manchmal irgendwie auch unheimlich und grotesk die Männer des Chors.

Eine eloquente Semi-Inszenierung

Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn
Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn

Für diese sogenannte semi-konzertante Aufführung hat Christine Cyris eine Art Auftrittschoreographie, oder eben eine Semi-Inszenierung kreiert, die auch ohne Bühnenbild eloquent genug ist. Die Fehde zwischen den beiden Familien, den Capuleti und den Montecchi, die Rivalität zwischen Tebaldo und Romeo, die grosse Liebe zwischen den Protagonisten, also alle Gefühle und Empfindungen bis zum tragischen Schicksal werden beeindruckend und durch eine perfekte Führung der dramatis Personae dargestellt. Optisch interessant, nicht zuletzt wegen Ivo Schniders Light Design, sind auch Ulrike Schneiderers Kostüme: schwarz und dunkelgrau für die Männer, weiss und sehr romantisch für Giulietta.

Eine umjubelte Première

Dank dieser neuen Luzerner Produktion von Bellinis ‚I Capuleti e i Montecchi’ darf das zahlreiche Publikum in den Genuss von wunderbaren musikalischen Kostbarkeiten kommen. Der entsprechend lange und begeisterte Applaus am Ende der Première am letzten  Sonntag war daher keine Überraschung. (Bis Februar 2024)

Text: https://marinellapolli.ch/

Fotos: arinella Polli und Ingo Hoehn   https://www.luzernertheater.ch

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I Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn

Der Opernchor Luzerner Theater unter der Leitung von Manuel Bethe Foto Marinella Polli

I Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn

I Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn

I Capuletti Montecchi Szenenfoto von Ingo Hoehn

Die Ausführenden am Ende der Vorstellung Foto Marinella Polli

Maestro Jonathan Bloxham und das Luzerner Sinfonieorchester am Ende der Vorstellung Foto Marinella Polli