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Der Mehrwertsteuersatz für die Gastronomiebranche ist während der Corona-
Pandemie temporär von 19 auf 7 Prozent gesenkt worden. Mit dieser
Subvention sind jährliche Steuerausfälle von gut drei Milliarden Euro
verbunden. Nach jetziger Rechtslage läuft diese Regelung Ende 2023 aus.
Eine ZEW-Analyse zeigt nun, dass die Rückkehr zur 19-Prozent-Besteuerung
ökonomisch sinnvoll und sozial gerecht ist, denn die Herausforderungen wie
Strukturwandel, Inflation oder Arbeitskräftemangel betreffen andere
Branchen ebenso stark.

„Mit dem Ende der Pandemie ist die ursprüngliche krisenbezogene Begründung
für die Sieben-Prozent-Besteuerung von Speisen in Restaurants weggefallen.
Die Erwartung, dass es bei einem Ende der Steuersubvention zu einem
Preissprung in vollem Umfang der Steuersatzdifferenz käme, ist nicht
plausibel. Schließlich hat die Branche trotz Steuerermäßigung erhebliche
Preissteigerungen durchgesetzt und die Preise für Strom und Gas sind
rückläufig“, erklärt Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-
Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche
Finanzwirtschaft“. „Im Ergebnis können die vorgebrachten Argumente für
eine Entfristung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie nicht überzeugen.
Die Post-Pandemie-Zeit mutet der Gastronomie wie anderen Branchen auch
einen weiteren Strukturwandel zu, der keine Rechtfertigung für eine
dauerhafte Subventionierung liefert“, ergänzt Katharina Nicolay,
Stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs
„Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“.

Strukturwandel: Gastronomie keine Ausnahme

Befürworter/innen einer Beibehaltung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes
argumentieren häufig, dass eine solche Hilfe angesichts des
Arbeitskräftemangels in dieser Branche nötig sei. „Die deutsche Wirtschaft
ist allerdings in der Breite und in allen Sektoren mit einem wachsenden
Arbeitskräftemangel konfrontiert. Die Subventionierung ausgewählter
Branchen ist für dieses umfassende Problem kein aussichtsreicher
Lösungsweg“, erklärt Friedrich Heinemann. „Es ist auch kaum
nachvollziehbar, warum etwa der Arbeitskräftemangel in der Gastronomie für
die deutsche Wirtschaft ein schwerwiegenderes Problem darstellen sollte
als im Handwerk oder im Einzelhandel. Arbeitskräftemangel muss durch
Maßnahmen wie Bildungspolitik, eine zielgenaue Migrationspolitik und
Arbeitsanreize im Steuer- und Transfersystem umfassend für alle Sektoren
adressiert werden.“

Wohlhabende Haushalte profitieren besonders

Eine verteilungspolitische Rechtfertigung zugunsten der ermäßigten
Mehrwertsteuer würde sich ergeben, wenn diese Subvention ärmere Haushalte
begünstigen würde. „Empirisch ist das Gegenteil der Fall, weil diese
Steuervergünstigung wohlhabende und kinderlose Haushalte stärker
begünstigt“, sagt Katharina Nicolay. „Lediglich für die gastronomischen
Dienstleistungen in Schulen und Kindergärten gilt eine Steuerermäßigung im
Hinblick auf die Entlastung ärmerer Haushalte als zielgenauer.“