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Knorpeldefekte durch Sport sind eine ernste Sache. Gerade im Fußball,
Handball, beim Skifahren und zum Teil auch in den Laufsportarten haben
Sportler damit zu kämpfen. Während die Diagnose beim Leistungssportler oft
das Ende der Karriere bedeuten kann, droht Freizeitsportlern bei nicht
korrekter Behandlung und Rehabilitation eine frühzeitige Arthrose und
Unbeweglichkeit.

Oft kommen Sportler um die 50 zum Arzt, weil sie im Alter zwischen 30 und
40 mehrfach Knorpeldefekte, zum Beispiel an Knie oder Sprunggelenk
erlitten haben. Was es Neues aus der Knorpelforschung gibt, welche
Relevanz Operationen und Therapien mit gezüchteten Knorpelzellen,
Kollagen- und Hyaluron-Matrices haben, darüber berichtet Univ.-Prof. Dr.
Stefan Nehrer, Dekan der Fakultät für Gesundheit und Medizin der Donau-
Universität Krems, auf dem 37. GOTS Kongress in Berlin.

Stefan Nehrer forscht und lehrt unter anderem intensiv auf dem Gebiet von
Knorpelschäden. Er sagt: „Derzeit wird am häufigsten das Verfahren der
einfachen Mikrofrakturierung angewandt.  Wir wollen davon jedoch
wegkommen, da es für Menschen, die wieder Sport treiben wollen, nicht
ausreicht. Schon nach 3-4 Jahren kommen sie mit großen Schmerzen und
müssen erneut operiert werden.“

Bei der Mikrofrakturierung wird die Oberfläche des Knochens angebohrt, der
unter dem beschädigten Knorpel liegt. Aus dem Knochengewebe tritt Blut
aus, das im Knorpeldefekt gerinnt. Die Stammzellen aus dem Knochenmark,
die sich in dem Blut befinden, können sich in Knorpelzellen umwandeln und
bilden in dem Defekt einen faserigen Ersatzknorpel. Dieser ist jedoch
weniger belastbar als der ursprüngliche Gelenkknorpel.

Bessere Ergebnisse erzielt die sogenannte Minced Cartilage. „Mit einem
Shaver wird rund um den Defekt Knorpelgewebe entnommen, dieses wird in
einem Sieb aufgefangen, zerrieben, mit Blutprodukten gemischt und wieder
in den Defekt gegeben. Das Ganze in einer Sitzung“, so Nehrer. Der
Vorteil: man braucht keine Zellen im Labor anzuzüchten. Der Nachteil: das
Verfahren ist eher für mittelgroße Knorpelschäden geeignet und es gibt
dazu noch keine aussagefähigen Studien.

Wenn der Defekt größer und zu wenig Knorpelgewebe zur Entnahme vorhanden
ist, müssen andere Therapien herangezogen werden.

Hier kommt unter anderem das AMIC-Verfahren zum Einsatz. Nehrer: „Bei der
Autologen Matrixinduzierten Chondrogenese wird nach der Mikrofrakturierung
ein Fließ mit einer Kollagen- oder Hyaluron-Matrix auf den Defekt gegeben.
Darin wird das Blut wie mit einem Schwamm aufgesogen. Die Heilungschancen
verbessern sich, da sich mehr Gewebe nachbilden kann.“ Wie Minced eignet
sich auch AMIC dann, wenn es schneller gehen soll und nicht so aufwendig
und teuer sein darf.

Die größte Chance, dass der Knorpel wieder normal und sehr belastbar wird,
ist jedoch immer noch die Anzüchtung von Knorpelzellen im Labor, die dann
als kleine Zellhaufen (Sphäroide) in den Defekt gegeben werden. Bei dieser
Art kann die Knorpelzelltransplantation arthroskopisch erfolgen. Diese
Knorpelzelltransplantationen zeigen in vielen randomisierten Studien die
besten Ergebnisse und sind auch langfristig wirksam.

Wichtig für den Erfolg ist jedoch im Anschluss eine lange, gute und
intensive Rehabilitation. Der finanzielle und administrative Aufwand der
Knorpelzelltransplantation wird gesundheitsökonomisch mit der Verhinderung
der Arthrose ausgeglichen.

Zur Rehabilitation bewegt nach der OP am Anfang eine Motorschiene das
Gelenk passiv. In den ersten vier Wochen wird langsam eine Belastung
aufgebaut. Nach 5-6 Wochen kann das Gelenk erst voll belastet und
stabilisierender Muskelaufbau forciert werden. Erst nach 12 Wochen kann
wieder leichter Sport (am besten Radfahren) betrieben werden.
Laufbelastungen erst nach 6 Monaten, während man mit Fußball oder Ski
alpin bis zu einem Jahr warten muss.

Prof. Nehrer: „Die Message hierbei ist: es ist nicht wichtig, was du im
nächsten Jahr machst, sondern in den nächsten 10-20 Jahren machen kannst,
also die langfristige Prognose zählt!“

Werden Therapien nicht rechtzeitig angegangen oder die Rehabilitation
vernachlässigt, drohen im schlimmsten Fall eine frühe Arthrose und ein
künstliches Gelenk. Doch das ist im frühen Alter oft mit Komplikationen
und Wechseloperationen verbunden. Deshalb ist der Gelenkerhalt beim
Sportler die oberste Prämisse!