Pin It

Kinder verletzen sich im Sport anders als Erwachsene. In den verschiedenen
Phasen des Heranwachsens sind Knochen, Muskeln, Sehnen anders belastbar.
Der Stoffwechsel ändert sich in dieser Zeit ständig. Welches die
häufigsten kindlichen Sportverletzungen sind, wie sie entstehen, wie sie
behandelt werden und wie vorgebeugt werden kann – darüber berichtet Prof.
Dr. med. Holger Schmitt, Chefarzt im Deutschen Gelenkzentrum Heidelberg
(ATOS Klinik Heidelberg) auf dem 37. GOTS Kongress im Mai in Berlin.

Die Belastung des kindlichen wachsenden Bewegungsapparates - je nach
Sportart - muss in den unterschiedlichen Wachstumsphasen unbedingt
berücksichtigt werden. „Denn der Knochen wächst und die Strukturen, zum
Beispiel Sehnen und Bänder, hinken hinterher“, so Prof. Schmitt. Das kann
zum Beispiel zu Sehnenproblemen mit Entzündungsreaktionen führen. In
diesem Fall muss die Belastung sofort wieder zurückgeschraubt werden.

Auch Haltungsschäden und Wirbelsäulenerkrankungen, wie zum Beispiel die
Skoliose, haben einen Einfluss darauf, welchen Sport Kinder und
Jugendliche ausüben können, welche Risiken sie haben, wann sie Sport
machen und wann besser nicht.

Schmitt: „Grundsätzlich gilt: Sport und Bewegung sind äußerst wichtig. Nur
bei Schmerz sollte man Kinder sofort pausieren lassen, bis Untersuchungen
die Ursache gefunden haben. Häufig liegt es an Rumpf- und Kraftproblemen,
dass nicht genug stabilisiert werden kann. Das lässt sich durch Pausen und
richtiges aufbauendes Training schnell beheben.“

Im Grundschulalter stehen bei Kindern knöcherne Verletzungen im
Vordergrund. Stürze beim Spielen verursachen meist Knochenbrüche an Hand-
oder Sprunggelenk. Ab ca. 14 Jahren gibt es eher Probleme an der Apophyse,
der Wachstumsfuge der Knochen, vor allem in den Lauf- und
Sprungsportarten. Hier kommt es am häufigsten zum sogenannten „Morbus
Schlatter“ im Kniegelenk. Die Entzündung von Knochen und Knorpel am
Schienbeinkopf wird oft durch Überbeanspruchung des Beins verursacht.
Schmerzen und Schwellung sind die Folge. Vier Wochen Sport-Pause können
schon hilfreich sein.

Sind die Wachstumsfugen geschlossen, bei Mädchen ab 14/15, bei Jungen ab
16/17 Jahren, treten Bänderverletzungen in den Vordergrund. Gerade Mädchen
in Stop and Go-Sportarten sind häufig von Kreuzbandverletzungen am Knie
betroffen.

Wenn Kinder mit Leistungssport beginnen, ist immer ein gründlicher Check
bei Kinderärzten UND Sportmedizinern zu empfehlen. Risiken müssen
abgeschätzt und ein dosierter Trainingsaufbau angegangen werden. Auch auf
dem Kongress geht es unter anderem um den chronischen Einfluss des
Leistungssports auf die Wachstumsfuge bei Kindern. Die Mediziner
besprechen wichtige Fälle aus der Kindersportorthopädie – wie zum Beispiel
den Fall eines Mädchens aus dem Eiskunstlauf, welches nach dem Verschluss
der Wachstumsfuge plötzlich ein krummes Bein bekam.

Wichtig ist den Experten der GOTS, dass Sport regelmäßig, altersgerecht
und mit durchdachtem Training ausgeübt wird. Schmitt: „Ich würde mir
wünschen, dass der Schulsport wieder mehr hochgefahren und nicht als
lästiges Anhängsel in der Ausbildung betrachtet wird. Denn besonders hier
können Kinder den richtigen Umgang mit dem Sport und die Prävention vor
Verletzungen erlernen.“